«Die Situation wird zunehmend zur Belastung», sagte Fritz Glauser, Präsident des Freiburger Bauernverbands an der Medienkonferenz des Landkomitees für ein Ja zum Klimaschutzgesetz. Dass die Landwirtschaft den Klimawandel spüre, schlecke keine Geiss weg, fuhr Glauser fort und erinnerte an die massive Trockenheit und Helikopterflüge zur Versorgung der Alpen mit Wasser für die gesömmerten Tiere. Gleichzeitig erhalte man nicht von allen Seiten die nötige Unterstützung: «Wir müssen die Mehrkosten selbst tragen und auch die Arbeitsbedingungen werden schwieriger.» Das Klimaschutzgesetz erlaube es, die nötigen Massnahmen zur Anpassung zu treffen.
«Das Gesetz erlaubt die nötige Anpassung und Investitionen in neue Technologien – Solar und Biogas sind grosse Chancen für die Landwirtschaft.»
Fritz Glauser, Präsident des Freiburger Bauernverbands und des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands
Zukunftsfähige Betriebe übergeben
Von persönlichen Erfahrungen mit dem Klimawandel berichtete IP-Suisse-Vizepräsident Christian Schürch. «Ich habe selbst letztes Jahr wegen der Trockenheit 60 Prozent Mais und einen Teil des Getreides schon im Frühling verloren», berichtete er. Für IP-Suisse sei der Klimaschutz indes nichts Neues, in Kürze werde man das selbst gesteckte Ziel einer CO2-Reduktion um 10 Prozent erreichen – «ohne die Produktion zu drosseln», wie Schürch betonte. Es wäre sehr einfach, nichts mehr zu produzieren, um die Emissionen zu senken, «aber das wollen wir nicht». Hingegen sei es das Ziel, zukunftsfähige Betriebe an die nächste Generation zu übergeben. Die Bauern würden schon viel tun, was aber nicht ausreiche. «Wir müssen jetzt etwas tun. Das Klimaschutzgesetz bietet die Möglichkeit dazu und nimmt alle in die Pflicht», schloss der IPS-Vizepräsident.
«Es wäre einfach, zur Treibhausgas-Reduktion nichts mehr zu produzieren. Aber das wollen wir nicht.»
Christian Schürch, Vizepräsident von IP-Suisse
Das Landkomitee für ein Ja zum Klimaschutzgesetz
Wegen ihrer grossen Betroffenheit haben sich nun zahlreiche Organisationen und Persönlichkeiten aus der Landwirtschaft und Bergregionen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für die Vorlage auszusprechen. Darunter der Schweizer Bauernverband, IP-Suisse, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, der Bäuerinnen- und Landfrauenverband. Eine Auflistung der Mitglieder des Landkomitees finden Sie hier.
Der Mantelerlass hilft bei der Umsetzung
«Es ist im ureigensten Interesse der Schweizer Landwirtschaft und der ländlichen Bevölkerung, den Klimawandel in den Griff zu bekommen», brachte Mitte-Nationalrätin und Bäuerin Priska Wismer ihre Überzeugung zum Ausdruck. Das Klimaschutzgesetz sei nicht nur ein Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen, sondern es zeige auch den Weg auf: Mit dem Ersatz von Öl- und Gasheizungen sowie der Förderung von Innovationen, aber ohne Vorgaben, Steuern oder Verbote. «Wir setzen auf Investitionen, Innovation und Unterstützung», fasste Wismer zusammen.
«Das Klimaschutzgesetz ist umsetzbar.»
Priska Wismer, Mitte-Nationalrätin und Luzerner Bäuerin.
Auf die Frage, ob das Klimaschutzgesetz die Gefahr einer Strommangellage berge, brachte sie ein anderes politisches Geschäft aufs Tapet: Denn hier gehe es um den Ausbau der erneuerbaren Energien, für den im Mantelerlass zum Energiegesetz der Weg geebnet werde. Aktuell läuft dazu die Arbeit im Parlament. «Wir werden mehr Energie brauchen, auch ohne das Klimaschutzgesetz», ergänzte Priska Wismer. Das sei eine Herausforderung, aber auch eine Chance für die Landwirtschaft dank Solar- und Biogasanlagen. Das Klimaschutzgesetz hält sie für umsetzbar. «Schützen wir, was wir lieben, mit einem klaren Ja», schloss die Bäuerin. Es gehe zwar auch um Glaubwürdigkeit, doch aus ihrer Sicht gibt es von bäuerlicher Seite keinen Grund für ein Nein.
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Biogas, Schweine und Kartoffeln auf dem Wiggerhof
Auf dem Betrieb von Meinrad Pfister wird in drei Fermentern 15'000 Tonnen Biomasse (Gülle, Mist und trockene Substarte wie hygienisierte Lebensmittelanfälle oder Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie) pro Jahr verstromt. Die Anlage gehört zu den grössten in der Region und liefert Wärme und Strom für die Ställe und Wohnhäuser des Betriebs sowie rund 1'000 Haushalte. Übrige Abwärme von den Motoren wird genutzt, um Holz und Schafwolle zu trocknen. Ersteres dient als Schnitzel oder Scheiter andernorts zum Heizen, aus der getrockneten Wolle entstehen Pellets als Biodünger.
Die Gärgülle aus der Anlage nutzen benachbarte Betriebe, die selbst auch ihre Rohgülle auf den Wiggerhof pumpen. Ausserdem gelangt ein grosser Teil davon in die grossen Ackerbaugebiete der Schweiz, etwa im Kanton Bern.
Der Hauptbetriebszweig des Wiggerhofs ist die Schweinehaltung mit 100 Muttersauen, 500 Mastschweinen, 650 Ferkeln und einem Eber. Der Ackerbau ist auf 10 Hektaren auf Kartoffeln spezialisiert, wobei zur Erhaltung der Fruchtfolge Flächen mit den Nachbarn abgetauscht werden
Weniger abhängig vom Ausland
Beim Thema Strommangellage hakte Gastgeber Meinrad Pfister ein. Auf seinem Wiggerhof in Altishofen LU, wo sich das Landkomitee traf, steht eine grosse Biogasanlage mit einer jährlichen Leistung von 4'700'000 kWh Strom. Der Landwirt setzt sich unter anderem für das Klimaschutzgesetz ein, weil er sich damit einen Abbau der hohen bürokratischen Hürden für den Bau von Biogasanlagen erhofft. «Die Motorenbauer wollen keine Dieselantriebe mehr bauen», hielt Pfister fest. Damit sei die Dekarbonisierung bereits im Gange und es gehe in Richtung Stromnutzung, z. B. beim Verkehr. Gleichzeitig stellt er eine grosse technische Entwicklung im Bereich der Produktion erneuerbarer Energien fest und ist überzeugt, dass es in Zukunft weitere Fortschritte geben wird. Nicht zuletzt gehe es auch darum, weniger abhängig vom Ausland zu sein.
«Die Dekarbonisierung ist im Gange, dieser Entscheid ist unabhängig von der Abstimmung schon gefallen».
Meinrad Pfister, Landwirt mit grosser Biogasanlage und in der Solarbranche tätig
Pfister ist sich bewusst, dass es auch innerhalb der Landwirtschaft Gegner des Klimaschutzgesetzes gibt, insbesondere in den Reihen der SVP. «Die Landwirtschaft ist heterogen und vielseitig», gab er zu bedenken, da gingen eben auch die Meinungen auseinander. «Aber hier geht es um die Sache und nicht um Parteipolitik.»