Als mein Mann um vier Uhr auf der Alpe Formazzora in All’Acqua TI ankam, waren alle schon bereit. Martin und Kevin trieben die schlaftrunkenen Kühe zum Melkstand und Marco Combi, Marco Pedrinis und Antonio erwarteten sie im Graben des Melkstandes. Auch der kleine Lucio war wieder dabei. So ein toller, aufgestellter Bub!

Frühmorgendliche Milchkontrolle

Aber wieso eine Milchkontrolle und wozu dient sie? Eine solche Kontrolle wird auf Formazzora zwei Mal durchgeführt und dient zur Qualitäts- und Mengenkontrolle der Milch. Jede Kuh gibt nämlich unterschiedlich viel Milch, und damit man den Käseertrag jedes einzelnen Boggese (Alpgenossenschafter) ausrechnen kann, muss eben diese Mengenkontrolle sein. Und die geht so:

Kommt die Kuh in den Melkraum, wird ihr Euter zuerst mit einem Schaum und Papier geputzt, damit es sauber und keimfrei ist. Bevor die Melkmaschine angehängt wird, werden die ersten Spritzer Milch in einem mit schwarzen Boden versehenen Becher kontrolliert. Dann wird gemolken. Die meisten Kühe lieben diese Prozedur, fühlen sie sich doch danach leichter und freier. Das Gedränge der Vierbeiner vor dem Eingang gleicht einem Sommer-Markttag in Luino IT. An der Melkmaschine ist ein kleines Aggregat montiert, welches über die Literanzahl Auskunft gibt. Am Ende des Melkens übergibt Cristiano das dazugehörende Glas Tarci, der als Kontrolleur fungiert, damit dieser die Milch in die Proben-Fläschchen abfüllen kann. Diese werden dann, mit Name und Nummer der Kuh versehen, einem Labor gesendet. Während des Melkens machte sich Marco aus dem Staub und begann zu käsen. Der Duft von soeben gemolkener Milch, von frischem Käse und von zartem Ricotta , welcher Marco am Vortag produzierte, lag in der Luft. Buonissimo!

Melken macht hungrig! Und deshalb frühstückten noch alle zusammen. Cristiano und Lucio schielten die ganze Zeit gegen den grossen Kühlschrank. Wussten sie doch, dass darin ein grosses Paket Ricotta auf sie wartete. Marco produzierte diesen nämlich extra für die Helfer.

„Ich hab da noch die Schlangen für Regula“, sagte Marco und lächelte. Meine Schlangen! Es sind eigentlich nur die Überreste von einem in Form gebrachten Käselaib,  die von Marco abgeschnitten und normalerweise den Schweinen verfüttert werden. Auf Deutsch nennt man sie Käsespähne. Aber ich sage Ihnen, ich liebe Marco’s Schlangen und ein frischer, bunter Salat dazu! Ob ich wohl in einem früheren Leben ein Alp-Schweinchen war?

Regula Colombo