Kleine Kreise zieht Monika Mansour mit ihrem Löffel im Schaum ihres Latte Macchiato, nachdem sie die Nische im Café mit ihrer Jacke ausgelegt hat. Ein geheimnisvoller und doch auch vertrauter Duft – ein Mix aus Zimt und Milch – liegt in der Luft und verstärkt den Drang, mehr über diese Krimiautorin zu erfahren. Eine Frau, die zuerst Optikern werden wollte, sich dann aber entschloss, lieber selbst Bücher zu schreiben. Monika Mansour scheint eine vielseitige Person zu sein, die man nicht gleich einfangen kann. Ihre eigene Geschichte erzählt sie szenisch und lebendig. Von sich selbst spricht sie nahezu etwas beiläufig und distanziert. Als Zuhörerin hingegen sieht man sich eingeladen, selbst Teil der erzählten Geschichte zu werden.

Schauplatz Kuhweide

Folgt man den Erläuterungen über das ländliche Milieu, in dem Monika Mansour aufgewachsen ist, denkt man, dass dieses selbst aus einem ihrer Krimis stammt. Aufgewachsen ist Mansour als Bauernkind auf einem idyllisch gelegenen Milchbetrieb im Zürcher Oberland – umgeben von einem Wald, der mehrere Selbstmorde auf dem Gewissen hat. Nicht weit davon angesiedelt waren auch ein psychiatrisches Zentrum, eine Drogenentzugsklinik und ein Asylantenheim. Der Hof sei eine Insel inmitten von Ausgestossenen gewesen. «Nicht selten verirrten sich komische Figuren auf das Hofgebiet, manchmal war die Polizei oder Ambulanz vor Ort, um Ausreisser wieder einzufangen. Und einmal fielen sogar Schüsse.» Dass Mansour mit ihrem Hund nur haarscharf an einem Selbstmordopfer vorbeispaziert ist, erstaunt unter diesen Umständen nur noch wenig. Ein schöneres Erlebnis sei im Kontrast dazu die Begegnung mit Asylanten gewesen. Diese hätten ihrer Familie auch beim Kirschenlesen geholfen. Manchmal hätten sie auch nach einem Kalb zum Schlachten gefragt – diesem Anliegen konnte und durfte ihr Vater jedoch nicht nachkommen. Monika Mansour ist sich sicher: «Diese emotionalen Erlebnisse in meiner Kinder- und Jugendzeit haben mich beim Schreiben der Geschichten sehr inspiriert.»

Schwarz-weisse Füchse

Bei Monika Mansour waren es letztendlich aber die Füchse, die ihr am meisten Angst einjagten. Befallen von der Tollwut, welche zu dieser Zeit weit verbreitet war, habe sie beobachtet, wie diese den Vater auf dem Traktor regelrecht attackiert hätten. Auch sie selbst sei einem Angriff nur knapp entkommen. Die Tiere hätten sie auch nachts verfolgt: «Ihr Geheule nachtsüber sass einem tief in den Knochen. Meine Schwester hat von schwarz-weissen Füchsen geträumt.»  Ausser den Füchsen haben Tiere im Leben der Autorin eine positiv besetzte Rolle. Diese waren mitunter auch der Grund, weshalb sie sich auf ihrer beruflichen Suche entschloss, sich in Australien als Reitbegleiterin bei einem Viehtrieb anzumelden. Das Rüstzeug für den erforderlichen Umgang mit den Pferden und Rindern brachte sie aufgrund ihrer Erfahrungen auf dem elterlichen Hof mit. Spannend gewesen auf dieser abenteuerlichen Reise sei vor allem der Wechsel zwischen Momenten, die einerseits von Langeweile und andererseits von Action geprägt gewesen seien. Sie schwärmt: «Nach dem Rhythmus der Sonne zu leben, am Lagerfeuer zu sitzen und mit wenig auszukommen, das war schon eindrücklich!» Solche Erlebnisse waren es, die die Autorin dann als Cowgirl länger als geplant auf der Ranch hielten.

Zutaten eines guten Krimis

Als sie wieder Schweizer Boden unter den Füssen hatte, stand Monika Mansour mit erworbenem Wirtepatent in der Tasche noch eine Weile hinter einer Whisky-Bar. Sie weiss jedoch mittlerweile nicht nur, wie man süffige Cocktails mixt, sondern auch, welche Zutaten einen guten Krimi ausmachen. Ein Dürrenmatt sei sie nicht gerade, aber ihre Krimis lebten thematisch schon auch von ländlichen Intrigen und menschlichen Abgründen. «Vor allem in meinem Krimi ‹Himmel und Hölle› habe ich Landthemen und eigene Erlebnisse verarbeitet und einem SVP-Politiker sowie einem Besamer Bühne geboten.» In ihrem Werk «Luzerner Totentanz» lässt sie Mobbingopfer sagenumwoben im Hexen- kostüm tanzen – auch hier sind Vorurteile, Engstirnigkeit, Intoleranz, Rachsucht Thema. In ihren Krimis finden sich jedoch nicht nur historische, herkömmliche Elemente. Die mit Traditionen, Dogmen und Vorurteilen bestückte Krimisuppe wird mit exotischen Gewürzen versehen und so neu aufgekocht und aufgemischt. «Ich bin mit einem Marokkaner verheiratet – das Fremdländische begleitet mich in meinem Alltag.» Und so kommt es, dass in ihren Krimis ein türkischstämmiger, etwas naiver Bursche die Rolle des Ermittlers einnimmt und auch chinesische Menschenhändler und russische Oligarchen beim Geschehen mitmischen. Mansour merkt hier an, dass solche globalen Probleme in unserer scheinbar idyllischen, ländlichen Alltagswelt durchaus präsent seien, wir diese aber oft nicht wahrnähmen. Mit ihren Werken will sie dies ändern. Die Arbeit als Autorin fände sie deshalb so spannend, da sie sich mit verschiedenen Themen auseinandersetzten und auch diverse Genres abdecken könne. Abwechslung sei für sie sehr wichtig – etwas, das ihren vielseitigen Interessen sehr entgegenkommt.

Die Kunst des Schreibens

Immer mehr drückt beim Gespräch die Krimiautorin durch: Jemand, der einen etwas im Dunkeln zappeln lässt und der es versteht, Stück für Stück des Geheimnisses zu lüften. Eine Person, die aber auch offen erzählt, welche alltäglichen Zugänge sie zu den Themen und Personen ihrer Bücher hat. Das Schreiben habe sie seit ihrer Kindheit in sich. Trotzdem habe auch sie am Anfang viel lernen müssen. Sie sei heute viel besser organisiert, gehe bei der Ideensuche und beim Schreiben taktisch klüger und geplanter vor. «Ich machte mir auch schon Notizen ins Kochbuch, als ich gerade einen guten Einfall hatte.» Im Olymp der Regionalkrimiautoren behauptet sich Mansour mittlerweile und bringt Beruf und Familie gut unter einen Hut. Hürden beim Schreiben nimmt sie sportlich und erklärt den Autorenolymp zu einem bezwingbaren Autorenhügelchen. Mit ihrem Sachbuch «Businessplan Mord» will sie Schreibfreudige dazu ermuntern, diesen Hügel mit Mut und Elan zu erklimmen.

Die nächste (Land-)Episode

Der Hof ihrer Eltern ist mittlerweile in anderen Händen, ihre Geschichten leben in den Händen der Krimi-Leser weiter. «Ich lebe noch auf dem Land und die Natur ist mir nach wie vor sehr wichtig – diese inspiriert mich bei der Ideenfindung.» Das nächste Kapitel mit Land-Naturbezug hat Monika Mansour in ihrem Kopf bereits aufgeschlagen – so viel verrät sie noch zum Schluss. Man ist beim Zuhören nahe daran, einer Sogwirkung zu verfallen, die man auch vom Lesen von Mansours Krimis kennt: Je mehr man über sie weiss, desto mehr spannende Geschichten will man von ihr hören und lesen. Doch dieser Moment am Schluss soll der Autorin selbst gehören. Ihr Kaffee ist mittlerweile kalt geworden: «Das stört mich nicht, ich mag kalten Kaffee», was einen zunächst überrascht – ihre Geschichten dürften im Gegensatz zum kalten Kaffee auch in Zukunft umso heisser gebrüht sein.

Carmen Portmann