Endspurt der Theaterproben mitten in der Osterzeit. Das war letztes Jahr, als wir das Stück «Fluech u Säge, ein berndeutsches 
Theater aus der Reformationszeit» aufführten. Was alles in kurzer Zeit noch aufeinander abgestimmt werden musste! Beleuchtung und Ton, Requisiten, Einsätze der Schauspieler, das Warten vor den Auftritten, Anprobe und Anpassen der Kostüme… Auf der Bühne und hinter der Bühne herrschte reges Treiben. Von der Premiere an war nur die Bühne sichtbar. Von der immensen Arbeit hinter der Bühne sollte der Zuschauer nichts merken. So war es letztes Jahr.


Was jedes Mal an Ostern von neuem aktuell wird, ist ein österliches Gleichnis. Auf der Bühne des Lebens spielt der Mensch seine Rolle – im 
Hintergrund, im Vordergrund, als Statist. Einmal wird er seine Rolle ausgespielt haben und tritt ab. Wohin? Verschwindet er einfach? Der christliche Glaube sagt: nein, er ist hinter die Bühne, ins unsichtbare Gottesreich, gegangen.


Dass er verschwinde, darauf hoffen die Gegner Jesu. Wenn er erst am Kreuz hängt, hat er ausgespielt. Doch sie täuschen sich, weil sie vergessen, dass es ein Leben hinter der Bühne gibt. Wir nennen es «ewiges Leben». Jesus tritt von der 
Bühne des irdischen Lebens ab. Aber er wird auch in Zukunft da sein. An Ostern wird das sichtbar für die, die mit ihm auf der Bühne gestanden sind. Wer mit ihm unterwegs war, sieht und hört ihn ganz deutlich aus den Kulissen. Doch wer ihn nur vom Zuschauerraum aus beobachtet hat, sieht und hört ihn nicht mehr. Und dennoch bleibt Jesus hinter der Bühne, zwischen den Kulissen, gegenwärtig.


Der Reformator Johannes Calvin bezeichnet die Schöpfung als «Théâtre de la gloire de Dieu – Theater der Herrlichkeit Gottes». Was bedeutet das? In der Schöpfung inszeniert Gott seine Herrlichkeit. Wer sind die Spieler? Zu den Hauptdarstellern in diesem Theater gehören die Bäuerinnen und Bauern. Sie gestalten das Schöpfungs-Theater mit. Sie prägen mit ihrer Arbeit die Landschaft, den 
Lebensraum von Mensch und Tier und Pflanze, sie malen am Bild, sie üben den Klang der Herrlichkeit, stehen direkt auf der Bühne, exponieren sich, sind der Kritik ausgesetzt. Im Zuschauerraum zu sitzen und von den Hauptdarstellern immer grössere Leistungen zu verlangen, ist dagegen ganz einfach, unrealistisch und unbarmherzig.


Wer führt in diesem TheaterRegie? Mr. Markt Zwang? Die Wachstums-AG? Frau Rendite Kurz? Wer gibt ihnen das Recht, ständig an den Hauptdarstellern herumzunörgeln? Wäre es sinnvoller, ja dringend nötig, endlich die Regie auszuwechseln und das «Theater der Herrlichkeit Gottes» weiterzugeben? An wem ist es, diesen Wechsel vorzunehmen? Am Ende an uns? Und wie wäre es mit Jesus Christus als Regisseur?


An Festtagen mit schön gedeckten Tischen, bei feinem Essen sind die Hauptdarsteller der Inszenierung die Gäste. Gewürdigt werden in der Regel auch die Kochkünste von Haus-Frauen und –Männern, von Köchen und Konditorinnen. Hinter der Bühne haben auch andere hart gearbeitet: Bäuerinnen und Bauern mit ihren Mitarbeitern. Was ist ihr Lob? Ihr Lohn? Ein Trinkgeld für ihre Arbeit?


Können wir geniessen, wenn andere verzweifeln? Der Genuss lässt sich um ein mehrfaches steigern, wenn alle, die auf der Bühne und die hinter der Bühne in den Genuss der Früchte ihrer Arbeit kommen.

Ostern: Entscheidendes 
geschieht auf der Bühne - Wichtiges, Sichtbares, Hör-

bares, Fassbares. Aber nur, weil Unsichtbares, Unfassbares, Unerhörtes hinter der Bühne geschieht. Ein Ostergleichnis, das Ostergeheimnis.

Ueli Tobler