Mit einem in weiten Teilen ziemlich giftigen 150-seitigen Cocktail unter dem Titel "Eine Agrarpolitik mit Zukunft" ist die sogenannte Denkfabrik heute morgen an die Öffentlichkeit getreten. Darin wird der Landwirtschaft unterstellt, dass sie der Gesellschaft jährlich Kosten von 20 Mrd Fr. verursacht und mit einem 10-Punkte-Plan ein Sparpotenzial von 14 Mrd Fr. lokalisiert. Weitere Details dazu in diesem Artikel und in der Studie von Avenir Suisse.

Nun gibt es grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn sich ein Wirtschafts-"Think Tank" mit der Agrarpolitik auseinandersetzt. Das tun ja im Moment fast alle zwischen Genf und Rorschach und im Grunde genommen sind wir der Institution dankbar, dass sie nicht auch noch eine eigene Initiative lanciert.

Oberflächlich statt profund

Item, das Problem der Studie ist, dass Avenir Suisse damit eine weitere Chance vergibt, als ernstzunehmende Stimme in der Agrarpolitik wahrgenommen zu werden. Zwar enthält das Papier durchaus interessante Ideen und gut recherchiertes Zahlenmaterial. Dass die Landwirte im Sandwich sind zwischen Grosskonzernen, die sich am System gesundstossen ist ein altbekanntes Problem. Auch dass das bäuerliche Bodenrecht frisches Blut in der Branche erschwert, ist ein Punkt, den es zu diskutieren gibt.

Von einer Denkfabrik würde man dann aber erwarten, dass sie sich profund mit derlei Fragen auseinandersetzt und mögliche Wege aufzeigt, wie hier Verbesserungen möglich wären. Leider verbleibt Avenir Suisse aber an der Oberfläche und polemisiert mit einem Amalgam aus wild zusammengewürfelten Zahlen und halbgaren Lösungsansätzen, die man der Branche um die Ohren schlägt, wie einem Schulbuben seinen missglückten Aufsatz.

Die Reaktion war vorauszusehen: Der Bauernverband geht verständlicherweise auf die Hinterbeine und schlägt vor, das "peinliche Pamphlet" umgehend im Papierkorb zu entsorgen. Dies wiederum gab den Avenir Suisse-Verantwortlichen an der Medienkonferenz Gelegenheit die SBV-Verantwortlichen als ewiggestrig hinzustellen.

Offensichtlich haben sie nicht begriffen, dass sie mit ihrem Vorgehen, das an eine Dampfwalze erinnert genau nichts bewirken werden, ausser ein paar Schlagzeilen, einen Reihenschluss in Landwirtschaftskreisen und eine Zementierung der herrschenden Zustände, also ziemlich das Gegenteil der angestrebten Wirkung.

Die Hunde bellen, die Karawane zieht vorüber

"Die Hunde bellen, die Karawane zieht vorüber": Dieses arabische Sprichwort fasst das Vorgehen von Avenir Suisse in Sachen Agrarpolitik treffend zusammen. Die Szenerie erinnert ein wenig an die Präsentation der Gesamtschau, wo der Bundesrat am Schluss kleinlaut Forfait geben, bzw. einen entschuldigenden Zusatzbericht nachliefern musste.

Vielleicht erkennt auch die Avenir Suisse dereinst noch, dass in der Agrarpolitik kleine Schritte, umsichtiges Wirken hinter den Kulissen und strategische Weitsicht mehr bringen als grossspurige Hochglanzberichte mit einer Halbwertszeit von geschätzten drei Tagen.

akr

#YT0#