«Das Leben ist zu kurz, man muss es geniessen»: Nach diesem Lebensmotto gestaltet der gelernte Junglandwirt Raphael Amrein (31) zusammen mit seiner Partnerin Nicole Amrein (27) den Alltag auf dem gemeinsamen Landwirtschaftsbetrieb. Weshalb dann auch Ferien ein wichtiges Erholungselement im Leben des jungen Ehepaars sind. Zusammen leiten sie einen Mutterkuhbetrieb in Willisau LU und sind zusätzlich nebenerwerbstätig. 

Planung zahlt sich aus

Den Betrieb konnte Amrein aus seiner Verwandtschaft übernehmen. Auch heute noch wird das familiäre Umfeld in die Arbeit involviert. Dank ihnen können Amreins heute auch Ferien nehmen. Ohne gute Organisation und seriöse Planung ginge es jedoch gar nicht. «Wir planen unsere Ferien ein halbes Jahr im Voraus und mindestens zwei Monate im Voraus wird mein Vater benachrichtigt», erklärt Raphael Amrein. 

Bis zu zwei Wochen Abwesenheit sind vom Betrieb her möglich, alles darüber liege nicht drin: «Dann müssten wir schon einen Angestellten haben, der immer da ist.» Beide sind sich einig: Wenn man in die Ferien will, gibt es
immer einen Weg.    Die Recherche und Organisation für das Urlaubsziel übernimmt dann Nicole Amrein. Die Neugier ist bei dem jungen Paar noch gross, weshalb es gerne immer neue Destinationen entdecken will. Dafür braucht es mehr Aufwand als für Ferien in der Schweiz. 

Wenn Nicole Amrein von ihren Ferienvorbereitungen erzählt, dann wird ersichtlich, dass dies eine zeitaufwendige Arbeit ist. Den Aufwand nehmen beide gerne in Kauf, da sie die regelmässigen Ferien nutzen, um abzuschalten und neue Energie tanken zu können: «um den Moment zu geniessen und gedanklich nicht schon bei der nächsten Aufgabe auf dem Hof zu sein.» Ist denn Landwirtschaft ein Thema während ihrer Ferien? Raphael Amrein verneint diese Frage zuerst. «Aber schauen tun wir natürlich schon.» Und wenn sich spontan etwas ergebe, seien sie immer interessiert.

Wenn weg, dann richtig. So die Devise der Amreins, weshalb sie bewusst darauf schauen, nicht erreichbar zu sein: «Mit meinem Vater geht das, da ist das Vertrauen da und ich weiss wie er arbeitet», meint Raphael Amrein. 

Bei einem Betriebshelfer müssten sie dann schon erreichbar sein, wie sie einräumen, denn dieser müsste sich für komplexere Entscheidungen (etwa bei einer Notschlachtung) beim Betriebsleiter zuerst absichern. Aber auch das Vertrauen in einen selber darf nicht fehlen und das gelingt dem jungen Ehepaar: Sie trauen sich zu, vom Betrieb wegzugehen und loszulassen. Sie können sich entbehrlich machen. Dieses Vertrauen, dass alles gut organisiert und instruiert ist, ist wohl das Wesentlichste, um überhaupt entspannt in die Ferien gehen zu können. 

Anspruchsvollere Kunden

Im Gegensatz zur jungen Generation, die oft individuell reist, bevorzugen Landwirte über fünfzig organisierte Reisen mit täglichem Programm. Das Programm ist im Vergleich zu Individualreisen immer noch straff, aber es sei schon lockerer als früher, so Simon Gauch, Product Manager bei Agrar Reisen, die auch Reisen für die BauernZeitung organisiert. Den Grund dafür sieht er darin, dass die Landwirte reisegewohnter sind als früher. «Sie haben auch selber Ideen für Aktivitäten, früher waren die Leute ein bisschen verloren, wenn nichts organisiert war.» 

Die Organisation hingegen verläuft bei beiden Generationen gleich, einfach umgekehrt. Während die Amreins den Vater einspannen, organisieren die Teilnehmer der Gruppenreise die Jungen aus der Familie für die Ferienablösung. 

Sind kurze Reisen für die heutigen älteren Landwirte kein Problem, wählen sie für längere Reisen Fachreisen, die vom Reisebüro angeboten werden. Dies zeigt sich auch in der Dichte solcher Reiseanbieter. 

«Je öfters schon unabhängig gereist wurde, desto anspruchsvoller sind die Kunden» , stellt Gauch fest. Deshalb bieten die Reisebüros exotischere Destinationen. Das nächste exotische Ziel dieses Jahr wird Costa Rica sein, wo es auf Besuch zu einem Ananasproduzenten gehen wird. 

Inspiration durch Austausch

Die Begegnungen mit den Einheimischen vor Ort seien für viele Teilnehmer das Eindrücklichste. Auf dem Programm stehen deshalb auch immer mehrere Besuche auf landestypischen Betrieben. Wenn immer möglich werden Auswanderer besucht, zu denen die Teilnehmenden solcher Reisen leicht einen Zugang finden können. 

Nicht unwichtig ist auch der Austausch innerhalb der Gruppe. Durch den gleichen Hintergrund und die ähnlichen Lebensumstände ist der Kontakt zwischen den Reisenden schnell gegeben. Einmal etwas anderes sehen, weg von der alltäglichen Arbeit und Inspiration holen bei Menschen mit dem gleichen Beruf aber aus einem anderen Kulturkreis – das sind die häufigsten Gründe, warum diese Reisen gebucht werden. 

Erholung nicht vernachlässigen

Zu viele Ferien nehmen sich die Landwirte und Bauern offensichtlich nicht.  Selbständigerwerbende aus der Land- und Forstwirtschaft nahmen im letzten Jahr 1,8 Wochen Ferien. Das sind im Vergleich mit vier Wochen im Baugewerbe oder 5,9 Wochen im Gesundheits- und Sozialwesen klar die kleinste Anzahl an Ferien (siehe Grafik). 

Ueli Straub vom Bäuerlichen Sorgentelefon empfiehlt jedoch, sich genügend und regelmässige Erholung zu gönnen. Denn damit kann einer Überlastung – ein häufiger Grund für einen Anruf beim Sorgentelefon – vorgebeugt werden. Es sei enorm wichtig, sich Fenster zum Abschalten einzuplanen, um längerfristig den landwirtschaftlichen Alltag in guter Gesundheit bewältigen zu können (siehe Nachgefragt).

Nora Rutishauser