Eines steht fest: Wenn die Grenzen dereinst weiter geöffnet werden, bezahlen die Bauern die Zeche. Wie eine heute veröffentlichte Studie der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) aufzeigt, kommt der Primärsektor ungeachtet des Szenarios am Härtesten an die Kasse. Am ärgsten wären die Auswirkungen im Falle eines Beitritts der Schweiz zum TTIP, dem transatlantischen Freihandelsabkommen, das die EU und die USA derzeit auszuhandeln versuchen.

Die von Migros, Nestlé und Economiesuisse und Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS) in Auftrag gegebene Studie beziffert den Ertragsverlust der Landwirtschaft für diesen Fall auf 587 Millionen Fr. jährlich. Grosse Nutzniesser wären demgegenüber die Konsumenten mit Einsparungen von 2,2 Mrd Fr. jährlich, wie IGAS-Geschäftsführer Jürg Niklaus am Montag an einem Mediengespräch ausführte.

Hoher Druck auf Getreide und Fleisch

Auch wenn die Schweiz dem TTIP nicht beitreten, sondern nur ein Freihandelsabkommen mit den USA aushandeln würde, wäre für die Schweizer Landwirtschaft ein jährliches Minus von 81 Mio Fr. zu verzeichnen. Trotzdem sieht die IGAS keine Existenzbedrohung, unabhängig vom Szenario. «Schliesst sich die Schweiz dem TTIP an, steigen zwar die Importe, insbesondere von Getreide und Fleisch aus der EU», so die Medienmitteilung zur Studie, «im Gegenzug bieten sich der Schweiz neue Exportchancen, vor allem für Milchprodukte».

Folglich setze die skizzierte Marktöffnung die Milchwirtschaft deutlich weniger unter Druck als etwa die Schweineproduktion und den Ackerbau. Dank der besseren Exportmöglichkeiten im Rahmen des TTIP sinke die Produktion im Gesamtsektor aber nur moderat, prognostizieren die Autoren, zu denen auch BauernZeitung-Redaktor Hansjürg Jäger gehört, voller Optimismus.

Migros und Economiesuisse lavieren

Den Bauern empfehlen die Autoren im Dienste der besseren Konkurrenzfähigkeit eine konsequente Umsetzung der Qualitätsstrategie. Damit könnten sie verhindern, in die sogenannte Rohstoff-Falle zu geraten. Damit ist die Produktion von namenlosen und von derjenigen der billiger produzierenden ausländischen Konkurrenz nicht unterscheidbaren Produkten gemeint. Zudem müsse die vertikale Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Verarbeitung, Handel und Konsumenten verbessert werden, empfehlen die Autoren.

Als «Zückerli» für die Freihandels-gebeutelte Landwirtschaft stellten sie den Bauern «entsprechende Begleitmassnahmen» in Aussicht. Auf die konkrete Frage eines Agrarjournalisten, ob sie bereit seien eine entsprechende Erhöhung des Direktzahlungsbudgets zu unterstützen, wollten aber sowohl Economiesuisse-Vertreter Stefan Vannoni wie auch Jürg Maurer von der Migros keine verbindlichen Aussagen machen.

Adrian Krebs

Anmerkung

Details zur Studie: «Auswirkungen einer breiten Marktöffnung auf die schweizerische Land- und Ernährungswirtschaft», 202 Seiten, Herausgegeben von HAFL und jch-consult, Autoren: Jacques Chavaz (jch-consult), Martin Pidoux (HAFL), Hansjürg Jäger (HAFL/BauZ). Die Studie kann hier heruntergeladen werden.