Obwohl ich vorsichtig bin, wenn es um Termine geht – wohlwissend, dass ich schon mehrere Anlässe im Kalender falsch angesiedelt und daher verpasst habe oder zu früh angetanzt bin – passiert es mir immer mal wieder. Eine meiner Schwächen, die ich nicht schlecht im Griff habe, die sich aber hie und da wieder einmal zu Wort meldet. Zu den peinlichen Angelegenheiten zähle ich die verpasste HV des Bäuerinnenvereins vor unzähligen Jahren.


Das Nonplusultra war bisher aber definitiv, dass ich einmal an einer falschen Beerdigung auftauchte. Zwar hatte ich mich gewundert, niemanden von der vermeintlichen Trauerfamilie erspäht zu haben, aber einmal erschienen, konnte ich schlecht einfach wieder verschwinden, so mir nichts dir nichts. Mein Irrtum manifestierte sich aber erst, als der Pfarrer den Namen des Verstorbenen erwähnte. Da wurde es etwas heikel – gefühlsmässig. Zuerst ärgerte ich mich. Dann tauchte die Betitelung «typisch» vor meinem inneren Auge auf. Doch dann hätte ich am liebsten lauthals über mich selbst gelacht. Da das dann doch eine gänzlich unpassende Gefühlsregung gewesen wäre, erhielt ich die Gelegenheit, mich in Gelassenheit und Selbstkontrolle zu üben. So sass ich also auf der Bank, konzentrierte mich auf die Predigt und liess die Zeit an mir vorbeiziehen. Ein Besuch in der Kirche könne nie schaden, belehrte ich mich, und entschädige für all jene Male, an denen ich nicht teilgenommen hatte.

Mit fortschreitendem Alter wird es immer schwieriger zu unterscheiden, ob gewisse Aussetzer wirklich meinen unzähligen Schwächen zuzuordnen sind. Oder ob es ist, weil ich wieder mal zu viel auf der «To-do-Liste» habe. Tatsache ist, gewisse Dinge geschehen immer dann, wenn nicht die Gegenwart im Mittelpunkt steht, sondern ich in Gedanken schon Stunden weiter vorn bin. Und richtig peinlich wird es, wenn ich mich über die Unfähigkeit anderer auslasse, um dann kurz darauf in denselben Graben zu treten.

Mittwochnachmittag: kurz ein kleiner Abstecher in den Supermarkt, weil ich trotz Einkaufsliste wieder mal etwas vergessen habe. Das kann ja mal passieren! Ich lenke mein Auto in die Tiefgarage, vor mir ein Paar in einem schicken Mercedes. Vor der Ticketausgabe stoppt die ältere Dame und    sitzt einfach da. Kurbelt das Fenster nicht herunter. Drückt nicht die Ticketausgabetaste. Parliert stattdessen mit ihrem Partner.

Nach einer Weile rutscht es mir heraus: «Fraueli, du muesch s Fenschter uftue, drocke, dött wos blinkt und denn s Ticket mitneh. Söss goht die Schranke nie uf!» Wie wenn sie es gehört hätte, tut sie genau das. Nun steht weder dem ihren, noch dem meinen Einkaufsvergnügen etwas im Wege. Schnurstraks kurve ich um die Gestelle, packe, was ich brauche, bezahle und bin auch schon wieder in meiner Kutsche. Arbeit steht als Nächstes auf dem Programm.

Wider besseres Wissens starte ich zuerst den Motor, schnalle mich dann an und während ich ausparke, schalte ich noch schnell das Licht ein. Das Auto, welches in die Parkgarage will, hat Vortritt, drum muss ich mich noch ein klein wenig gedulden, bis ich rausfahren kann. Ich warte. Und warte. Das Auto ist schon längst verschwunden, und es passiert einfach gar nichts. Mensch! Warum geht denn die Schranke nicht auf? Wie ein Echo höre ich eine mir bestens bekannte Stimme rufen: «Fraueli, du muesch s Fenschter abekurble!» Fehlte noch, dass das Radio just in dem Moment «Shame! Shame on you!» spielte.

Daniela Rutz