BAUERNZEITUNG: Kurz vor Weihnachten wurde die Mutterkuhhaltung kräftig durchgeschüttelt: Im Fleisch von zwei naturnah produzierenden Bauernhöfen wurde der Giftstoff Dioxin entdeckt. Hat sich Mutterkuh Schweiz vom ersten Schock erholt?
DANIEL FLÜCKIGER: Die Ursachen, weshalb bei zwei Betrieben der festgelegte Höchstwert überschritten worden ist, sind bisher nicht bekannt. Die Abklärungen laufen. Wir hoffen gerade auch für die betroffenen Bauernfamilien, dass wir bald mehr wissen. Die Sachlage deutet auf ein ortsbedingtes Problem hin; erhöhte Werte sind nicht auf Fehlverhalten von Landwirten zurückzuführen.

Diese Fälle tauchten im Rahmen einer Studie auf, die vom Bundesamt für Gesundheit durchgeführt wurde. War Mutterkuh Schweiz über diese Studie informiert worden?
FLÜCKIGER: Das BAG hat uns vor der Veröffentlichung der Resultate informiert.

Gerade naturnah produzierende Betriebe sind betroffen. Wie geht Mutterkuh Schweiz mit diesen Resultaten um?
FLÜCKIGER: Wir erwarten, dass die Ursachen für die Höchstwertüberschreitungen geklärt und die PCB-Quellen eliminiert werden. Das BAG und die kantonalen Behörden sind an der Arbeit.

Dioxin wurde früher in grossen Mengen als Industriechemikalie eingesetzt. Weiss man, woher das nun Problem bereitende Dioxin stammt?
FLÜCKIGER: Polychlorierte Biyphenyle (PCB) sind in der Vergangenheit aus Industrieprodukten und Verbrennungsprozessen in die Umwelt gelangt. Bis jetzt ist unbekannt, wie es zu den zu hohen Werten in zwei Fällen gekommen ist. Die Abklärungen sind komplex, aufwendig und beanspruchen Zeit.

Auf einem der Betriebe waren die Dioxinmengen so hoch, dass der Betrieb kein Fleisch mehr verkaufen kann. Ist der Betrieb immer noch gesperrt?
FLÜCKIGER: Fleisch von diesem Betrieb wird bis auf Weiteres erst nach vorgängiger Untersuchung für den Verkauf freigegeben. Fleisch, bei dem der Höchstwert überschritten wird, muss vernichtet werden. Für den Betrieb ist die Situation sicher schwierig. Welche Betriebe betroffen sind, dürfen die Behörden aus Datenschutzgründen nicht bekannt geben.

In der Studie wurden 60 Betriebe analysiert. Zwei waren betreffend Dioxin auffällig. Glauben Sie, dass es sich um Einzelfälle handelt?
FLÜCKIGER: Ja. Die grosse Mehrheit der Proben lag deutlich unter dem Höchstwert. Das kann man als positives Ergebnis des Monitorings sehen.

Was für Massnahmen plant Mutterkuh Schweiz?
FLÜCKIGER: Die zu hohen Werte in einzelnen Fällen müssen ernst genommen und konkret abgeklärt werden. Diese Untersuchungen werden vom BAG und den kantonalen Behörden geleitet. Andere Massnahmen drängen sich aus unserer Sicht nicht auf. Die naturnahe Haltung draussen auf der Weide, die den Bedürfnissen der Tiere entspricht, sollte nicht wegen einzelner auffälliger Werte eingeschränkt werden.

In welche Richtung laufen weitere Untersuchungen?
FLÜCKIGER: Die Untersuchungen werden von den Behörden geführt. Grundsätzlich sind sehr viele Möglichkeiten denkbar, wie die erhöhten PCB-Werte zustande gekommen sind – z.B. über alte Siloanstriche, Tränkebecken, Farbanstriche, Fugendichtungen, Deponien oder Abfallverbrennung. Es gibt auch Beispiele, wo die Belastung durch Hochwasser verbreitet worden ist.   

Interview jsc