Nach Mais, Weizen, Reis und Gerste ist Sorghum die fünftwichtigste Ackerkultur weltweit. Sein Hauptanbaugebiet liegt in den wärmeren Regionen wie Indien, Afrika, Nord- und Südamerika. Doch auch in Europa wird Sorghum erfolgreich kultiviert. Im vergangenen Jahr wurden in Gesamteuropa auf fast eine ­halbe Million Hektaren Sorghum angebaut, davon 190 00 ha Sorghum zur Silageverwertung ­(Silosorghum). In der EU ist Frankreich flächenmässig der bedeutendste Produzent. Die Fläche ist zunehmend, unter anderem auch, weil Sorghum mit wenig verfügbarem Wasser gute Erträge hervorbringt. In der Schweiz ist die Kultur noch wenig bekannt. 2019 bauten nur 197 Schweizer Betriebe auf 282 Hektaren Sorghum an, darin sind Silo- wie auch Körnersorghum inbegriffen, so das Bundesamt für Statistik.

Sorghum ist trockentoleranter als Mais

Aufgrund der sich ändernden klimatischen Bedingungen könnte Sorghum wegen seiner Eigenschaften aber an Bedeutung gewinnen, sagt Jürg ­Hiltbrunner von Agroscope. ­Aufgrund seiner geringen Energiedichte dürfte Sorghum dem Mais insbesondere auf intensiven Milch- und Fleischproduktionsbetrieben aber kaum den Rang ablaufen. 

Sorghum ist wie Mais eine ­C4-Pflanze und deshalb an trockenere Bedingungen angepasst. Es wird einerseits für die menschliche, aber auch für die tierische Ernährung angebaut. Man unterscheidet Körnersorghum, dessen Körner ausschliesslich geerntet werden, von Silosorghum. Letzterer wird aufgrund seines Massenwuchs als Ganzpflanze für Futterzwecke eingesetzt. Das Interesse an Sorghum als Futtermittel ist in der Schweiz aber noch verhältnismässig klein. Doch kann es in bestimmten Situationen eine interessante Alternative zu Mais sein, weiss Jürg Hiltbrunner: «Sorghum ist einerseits im Vergleich zu Mais toleranter gegenüber Trockenperioden. Andererseits wird es nicht oder nur wenig durch den Maiszünsler und gar nicht durch den Maiswurzelbohrer befallen.» Auch Wildschweinschäden in der Kultur oder im nachfolgenden Winterweizen kämen seltener vor. 

«Sorghum ist nur in trockenen Jahren dem Mais quantitativ überlegen.»

Jürg Hiltbrunner, Agroscope

Diese positive Erfahrung hat Stefan Zumsteg machen dürfen. Weil am östlichen Rand des Fricktals die leichten Böden von Zumsteg schon in normalen Jahren unter Trockenheit leiden, gab es mit dem empfindlich auf Wassermangel reagierenden Mais immer wieder Probleme. Sorghum hingegen benötigt weniger Wasser, weshalb der Landwirt aus Wil AG bereits seit fünf Jahren auf die trockentolerante Kultur setzt. Zumsteg baut das bis zu vier Meter hochwachsende Silosorghum für seine
13 schwarzen Angus-Mutterkühe auf zirka einer Hektare an. 

Energiegehalt nicht vergleichbar mit Mais

Silosorghum ist allerdings nur in trockenen Jahren dem Mais quantitativ überlegen. «Obwohl es dem Mais zu einem gewissen Grade ähnlich sieht und je nach Sorte und Saattermin vergleichbare oder auch höhere Erträge wie Silomais erzielen kann, ist Sorghum, als Silage konserviert, vom Energiegehalt aber nicht mit Mais vergleichbar. Dies aufgrund des geringeren Körneranteils», weiss Jürg Hiltbrunner. Silosorghum sollte deshalb nicht als 100-prozentiger Maisersatz betrachtet werden, vor allem nicht in Rationen mit einem hohen Maisanteil und dementsprechend grossen Tageszunahmen wie es bei der Mast oder bei hohen Milchleistungen der Fall ist.

Die Kultur habe aber durchaus Potenzial, wenn sie dem Grundfutter beigefügt werde. Mutterkuhhalter wie Stefan Zumsteg haben damit gute Erfahrungen gemacht. «Ich mische Silosorghum mit Grassilage oder Heu. Meine Anguskühe verfetten dadurch nicht», sagt der Landwirt. In der Mutterkuhhaltung kann das Futter etwas weniger energieintensiv sein und der Anteil von Sorghum in der Ration höher ausfallen. Wenn aufgrund schwieriger Witterungsbedingungen einmal weniger Mais oder Gras vorhanden ist, kann Silosorghum aufgrund der Fasern strukturbildend sein. 

Sorghum kann als Zweitfrucht angebaut werden

Silosorghum kann u. a. nach der Getreideernte als Zwischen- bzw. Zweitfrucht angebaut ­werden. Bei der Aussaat sollten weitere Komponenten als Energielieferanten in der Saat aber nicht fehlen, so zum Beispiel Leguminosen für den erforderlichen Proteingehalt. Damit wäre das geerntete Futter bezüglich seiner Inhaltsstoffe etwas ausgewogener, so Hiltbrunner. Stefan Zumsteg baut Sorghum der Sorte Amiggo als Zweitkultur nach der zweiten Nutzung der Kunstwiese an. Für Mais wäre der Saatzeitpunkt bereits zu spät – das ist einer der Vorteile, die Zumsteg an Sorghum schätzt. 

 

Anbau von Silosorghum

Sorghum lässt sich gut in die Fruchtfolge integrieren, da es nach allen Kulturen, ausser Tabak, angebaut werden kann.

Saatbettvorbereitung: Relativ feines und gut abgesetztes Saatbett.

Aussaat: Ab Mitte Mai (Bodentemperatur mind.
12 bis 15°C) mit Drill- oder besser Einzelkornsaat und einer Saattiefe von 3 cm. Reihenabstand 35 bis 50 cm (ein breiterer Reihenabstand birgt weniger Ertrag).

Saatdichte: 25 bis 35 Körner pro m² je nach Sorte und Bodenart.

Boden: Optimal sind tiefgründige und lehmige Sandböden. Ungeeignet sind kalte, nasse und schwere Böden. 

Düngung: 110 kg N/ha ; 46 kg P/ha (oder 103 kg/ha P2O5); 195 kg K/ha (oder 235 kg /ha K2O). Stallmist, Gülle und Jauche werden gut verwertet.

Unkrautregulierung: Anspruchsvoll, da Sorghum eine langsame Jugendentwicklung aufweist. Eine flache, mechanische Bekämpfung zwischen den Reihen möglich, sollte aber nicht zu nahe an den Pflanzen erfolgen.
Zugelassen sind Garda Gold, Bandur (nur im Vorauflauf), Stomp Aqua, Arrat + Dash sowie Buctril.

Krankheiten und Schädlinge: In Europa bis jetzt wenig
problematisch.

Ernte: Mit dem Maishäcksler ab einer Höhe von 50 cm, je nach Reifegrad. 

Nebst dem einschnittigen Silosorghum gibt es auch Sorten, die mehrmals geschnitten werden können. In diesen Fällen sind aber die Rispen beim Schnitt oft noch nicht ausgebildet. Bei einer mehrschnittigen Sorte sind je nach Saattermin und Standort bis zu drei Schnitte möglich. Wobei die Schnitte nicht zu früh erfolgen sollten, da der Blausäuregehalt in jungen Pflanzen bis zirka einer Wuchshöhe von 80 cm – je nach Anteil des Futters in der Ration – kritisch für die Gesundheit der Tiere sein kann. Schon die Aufnahme von 1 bis 10 mg Blausäure pro Kilogramm Körpergewicht kann bei Wiederkäuern zu stark toxischen Wirkungen bis hin zum Tod führen. Mit zunehmender Reife der Sorghumpflanzen – ab der Milchreife der Körner – sinken die Blausäuregehalte aber, so dass sie in der Regel keine Gefahr mehr darstellen. 

Einsaat in Naturwiesen wird geprüft

Sorghum könnte aber auch gut einzelne Graskomponenten ersetzen oder in der Sommertrocknung  auftretende Unkrauthirsen verdrängen, wenn es beispielsweise in Naturwiesen eingesät wird. Die Sektion Tessin der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF) prüft in Zusammenarbeit mit der kantonalen landwirtschaftlichen Beratung TI und Agridea die Einsaat von Sorghum in bestehende Naturwiesen in der Magadinoebene. Laut Lucia Bernasconi von der Agridea könnte dies durchaus interessant für die Futtermittelherstellung sein. Da Sorghum aber keine mehrjährige Kultur ist, kann es nur als Ergänzung zur mehrjährigen Futtermittelproduktion in Betracht gezogen werden. Die Resultate des Versuchs sind noch nicht publik.

Sorghum ist durchaus silierfähig

Neben der Frischfütterung wird Silosorghum auch als Silage verwendet. «Bei der Ernte werden die erforderlichen TS-Gehalte jedoch nur teilweise erreicht, damit kein Gärsaft bei den Silagen anfällt», weiss Ueli Wyss, ebenfalls von der Agroscope. Sie können knapp über 30 Prozent liegen, was einer Maissilage etwa nahe kommt – bei Silomais wären dies etwa 32 bis 35 Prozent. Die TS-Gehalte hängen allerdings stark vom Aussaatdatum und der Länge der Feldperiode ab, sagt Wyss. «Je früher gesät wird, desto länger ist die Vegetationsperiode und je höher wird der TS-Gehalt.» Allerdings sollte Sorghum erst ab Mitte Mai gesät werden, da es keine tiefen Temperaturen verträgt. 

Aber nicht alle Sorghum-Sorten besitzen Silagequalität. ­Forschende der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein in Österreich fanden während drei Versuchsjahren heraus, dass nur die körnerreichen Sorten ab einer mittleren Kornreife den geforderten TS-Gehalt für eine gute Silagekonservierung erreichten und mit der Maissilage einigermassen in der Gärqualität mithalten können. Auch weisen sie dann eine höhere Pansenabbaubarkeit und Gesamtverdaulichkeit und somit einen höheren Energiegehalt auf. Findet die Silierung gegen Ende Milchreife der Körner statt, muss mit einer schlechteren Gärqualität, d. h. mit bis zu 12,4 Prozent Gärsaft gerechnet werden. Damit verbunden waren im Versuch deutliche Massen- und Qualitätsverluste, was für die Praxis nicht zu empfehlen ist. Mit zunehmender Reife war der Anfall von Gärsaft aber rückläufig – ab der Teigreife der Körner kamen die Silagequalitäten mehr oder weniger nahe an die gute Qualität der Maissilage heran.     

Vor dem Füttern wäre zudem eine ausreichend lange Lagerungsdauer von mindestens zwei Monaten sinnvoll. Bei sofortiger Fütterung steigen die Kornverluste an. Sorghumsilage wird im Gemisch mit Maissilage gerne gefressen. Ein Anteil von 25 Prozent Sorghumsilage im Grundfutter habe sich nicht nachteilig auf die Leistung der Tiere ausgewirkt, heisst es.

Versuche sind längst nicht beendet

Trotz diverser Versuche rund um Sorghum gibt es noch immer offene Fragen. «In den letzten Jahren konnte dank dem Engagement verschiedener Akteure und Landwirte bereits viel über die Sorten, den Anbau in der Schweiz und seine Herausforderungen gelernt werden», sagt Jürg Hiltbrunner. Doch Detailinformationen über die Verwertung und den Einsatz von Sorghum in der Futterration, insbesondere bei Silosorghum, fehlen noch. Agroscope wird in diesem Jahr wieder Versuche mit Silosorghum (ein- und mehrschnittigen Sorten) durchführen und auch Mais als Vergleichsverfahren integrieren. Die Versuche sollen u. a. Aufschluss über die Verdaulichkeit und Silierbarkeit von Sorghum geben.