Eine Türe geht zu, aber eine andere öffnet sich. Das habe ich in den vergangenen Jahren mehrfach erlebt und auch mitgetragen», sagt Marianne Iseli. Ihr Ehemann Fritz, der Bauer und Betriebsleiter, erlitt auf seiner ausserbetrieblichen Tätigkeit einen Unfall. Die Diagnose lautete damals «inkompletter Paraplegiker» – und dies veränderte im Leben der Familie und auf dem Hof viel.

Marianne Iseli (Jahrgang 1966) erinnert sich noch genau an den 7. November 2017. Es war ein ganz gewöhnlicher Schultag, sie unterrichtete im Textilen-Werken ihre Klasse im Häkeln. «Ich hatte sofort ein komisches Gefühl, als mich eine Kollegin holte und sagte, die Kantonspolizei sei am Telefon», sagt Marianne Iseli. Die Nachricht war, ihr Mann sei in die Tiefe gestürzt und auf einen Betonboden gefallen.

Wie weiter?

Von da an lastete eine grosse Bürde auf den Schultern von Marianne Iseli. Die Fragen stellten sich schnell: Wie geht es weiter? Wer macht die Stallarbeit? Wer organisiert was und wer bezahlt? «Zum Glück waren wir da schon gut versichert. Bei der Krankenkasse war eine Taggeldversicherung abgeschlossen und den LBF-Beitrag haben wir immer bezahlt», sagt Marianne Iseli.

So wurde der Stall dem Betriebshelfer der Landwirtschaftlichen Betriebs- und Familienhilfe (LBF) anvertraut. Dies nicht für einige Tage, sondern für Monate. Marianne Iseli war froh, wusste sie die Tiere in guten Händen und konnte sich um die anderen Dinge kümmern. Grosse Unterstützung und Hilfe kam ebenso von den Fachleuten im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil. Es gab Eingliederungsgespräche und eventuelle Umschulungen wurden geprüft.

Grossartige Hilfe erfahren

Zuerst wurde Fritz Iseli im Inselspital Bern behandelt, seine Frau fuhr fast täglich den Weg von Wyssachen nach Bern. Danach bekam er für die Reha einen Platz in Nottwil. Diese dauert sechs Monate.

In dieser Zeit durften Marianne und Fritz Iseli, sowie ihre Kinder Andrea und Florian, viel grossartige Hilfe erfahren: von den nächsten Angehörigen, von Verwandten, Freunden, Nachbarn, der Dorfbevölkerung und der Musikgesellschaft Wyssachen. Seit vielen Jahren spielt die ganze Familie Iseli in diesem Verein und die Musik war auch während der ganzen «Unfall-Zeit» ein Hobby, das gute Momente schenkte. «Die riesige Anteilnahme tat uns allen gut und ich staunte oftmals, wie gross die Hilfsbereitschaft war», erinnert sich Marianne Iseli. Da wurde die kaputte Heizung ganz schnell geflickt, ein Korb voll Holz, um den Ofen zu heizen, stand vor der Türe, oder ein Kuchen zum Kaffee wurde gebacken.

Möglichst glücklich sein

Marianne und Fritz Iseli war immer wichtig, dass ihre beiden Kinder Andrea und Florian trotz des Unfalls möglichst normal weiterleben konnten. Sie sollten nicht dauernd mit den grossen Problemen konfrontiert werden. Andrea Iseli war im 1. Lehrjahr als medizinische Praxisassistentin EFZ und Florian Iseli stand vor dem Schulabschluss mit Konfirmation und Lehrbeginn als Zimmermann EFZ. «Sie hatten und haben beide tolle Freunde und ein gutes Umfeld», durfte Marianne Iseli feststellen. So nutzten unter anderem die Familienmitglieder, Gotte und Götti oder Cousinen ihre Möglichkeiten. Die beiden wurden immer wieder zum Essen und Übernachten eingeladen. Dadurch durften Andrea und Florian Iseli glücklich und fröhlich sein. Sie verlernten das Lachen nicht, auch wenn es traurige Momente gab.

«Während der ganzen Zeit war Fritz wohl eher der Optimist und ich eher pessimistisch. Manchmal hat mich mein Mann getröstet, wenn ich das Gefühl hatte, es geht nicht mehr», erinnert sich Marianne Iseli. Fritz Iseli war euphorisch, wenn er seine Zehen bewegen konnte, und seine Frau dachte dabei, «so kannst du auf dem Hof nicht Bauer sein», durfte aber die Hoffnung nicht zerstören. Fritz Iseli kämpfte um seinen Hof und war sicher, es geht weiter. Sein grosses Ziel war, nach der Reha an Krücken und nicht im Rollstuhl nach Hause zu gehen. Dies gelang, aber es gab noch viele Hürden zu bewältigen.

Gelungene Umstrukturierung

Noch während der Reha von Fritz Iseli wurde bei der Besichtigung von Haus und Hof die Umstrukturierung des Betriebes beschlossen. Statt der Kälbermast gibt es Mutterkuhhaltung, unter anderem wurde ein Hoflader und ein Heukran angeschafft. «Schon als kleiner Bub meinte Florian, ‹so wie Päpu will ich den Hof in Zukunft nicht führen›», sagt Marianne Iseli mit einem feinen Lächeln. Durch die Umstrukturierung wurde dem jungen, aktiven Zimmermann, der aktuell den Abschluss der Zweitausbildung zum Landwirt macht, eine Tür geöffnet. Er kann als Zimmermann arbeiten und wird dazu den Allenwindlihof in Wyssachen weiterführen.

Sehr intensiv und lehrreich

«Für mich war die ganze Zeit sehr intensiv, aber auch lehrreich und ich habe mich oft gefragt, wie es weitergeht», erinnert sich Marianne Iseli und ergänzt: «Wir waren froh, dass wir gute Versicherungen hatten, so waren einige Sorgen weniger.»

Aber sie machten auch einen Vorsorgeauftrag für die minderjährigen Kinder. Denn sind die erziehungsberechtigen Personen nicht mehr handlungsfähig, kommt in einem solchen Fall automatisch die KESB. Auch stand die Frage im Raum, ob Marianne Iseli ihren Beruf aufgeben solle, um Fritz zu pflegen. Dank ihres Umfeldes blieben das sichere Standbein und ihre Selbstständigkeit erhalten.

Hilfe finden
Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) bietet auf der Plattform «Hilfe & Unterstützung» Tipps und Informationen. Übersichtlich sind Fachpersonen, kantonale, nationale und überregionale Anlaufstellen, Familienhilfen und Haushaltsservices sowie diverse Beratungen zu finden. Unter dem Kanton Bern steht dort auch der LBF, der der Familie Iseli wertvolle Hilfe leistete. Die Webseite www.meine-situation.ch informiert zum Thema soziale Sicherheit und bietet die Möglichkeit, mit der Checkliste den Stand der eigenen Situation abzuklären.

Weitere Informationen: www.meine-situation.ch