Sabine Bosshard deutet auf ein Meer blauer Blüten: «Jungfer im Grünen, verwandt mit Schwarzkümmel und eine typische Bauerngartenpflanze». Mit der Beraterin und Lehrerin am Plantahof könnte man stundenlang durch den Schulgarten in Landquart (Graubünden) wandeln und dabei viel Interessantes erfahren. Kräuter sind eines der Spezialgebiete von Bosshard, die hier seit drei Jahren tätig ist und im April in den Vorstand des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV) gewählt wurde.
Von Zürich nach Graubünden
Doch der Reihe nach: Aufgewachsen ist Sabine Bosshard in Elgg (Zürich) in einem nicht-bäuerlichen Haushalt. «Doch mich hat es schon als Kind zur Landwirtschaft hingezogen», erzählt sie. Sie habe sich am liebsten draussen in der Natur oder bei den Tieren in den Ställen aufgehalten. Beruflich ging es zunächst in eine andere Richtung. Nach einer Ausbildung als Hauswirtschaftslehrerin unterrichtete sie unter anderem in Winterthur, wo die Mutter zweier heute erwachsener Kinder jahrzehntelang lebte.
Nebenbei liess sich Bosshard zur Biolandexpertin ausbilden und erhielt vom Strickhof ein Stellenangebot als Hauswirtschaftslehrerin. «Ich packte diese seltene Chance», sagt sie. Nach einem halben Jahr wechselte sie intern zur Bäuerinnenschule, wo sie den Frauen ihre Leidenschaften fürs Kochen und Backen weitergeben konnte. Dazu gehörte auch das Wissen über Heilkräuter, dass sie sich an der Kräuterakademie in Salez festigte. Nach 14 Jahren verliess die Zürcherin 2021 den Strickhof und zog ins Bündnerland.
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Während einem Jahr war Bosshard im Hotel Medelina in Curaglia als Souschef in der Küche tätig und baute zusammen mit dem Küchenchef einen Hotelladen mit regionalen Produkten wie Sirup, Salz, Konfitüre oder Chutney auf. «Und ich genoss es, regelmässig für die Hotelgäste das Brot aus Sauerteig und Granalpinmehl zu backen», erzählt sie weiter. Eine Herausforderung sei dies gewesen, da das Mehl nicht standardisiert ist und die Brotqualität möglichst kontinuierlich sein sollte.
Keine fertigen Rezepte
Dann kam das Angebot für ihre jetzige Stelle als Beraterin Haushalt und Familie am Plantahof, an dem sie schon seit Jahren Kräuterkurse für Haus und Stall gab. Zu ihren Aufgaben gehört nebst der Beratung der Unterricht von Modulen wie Direktvermarktung und Agrotourismus, Reinigungstechnik und Textiles sowie Haushaltführung. «Wenn ich mit den angehenden Bäuerinnen das Thema Zeitmanagement angehe, kann ich dabei selbst immer wieder lernen», stellt Sabine Bosshard fest.
Sowohl Beratung wie auch Unterricht machen ihr Spass. Sie wolle keine fertigen Rezepte vermitteln, sondern lustvoll zum Denken anregen. Sie freue sich, wenn die Frauen ihre eigenen Stärken finden und beispielsweise neue Betriebszweige aufbauen. Dazu stellt sie den Bäuerinnen immer wieder dieselben Fragen: Was machen wir gern, was können wir gut, wozu eignet sich unsere Umgebung mit Boden und Klima?
Kontakte knüpfen
Zu Beginn ihrer Tätigkeit am Plantahof galt es, in Zusammenarbeit mit anderen Partnern des Kantons, den «Leitfaden Agrotourismus Graubünden» neu aufzulegen. Passend zu ihrer Haupttätigkeit ist auch das 20-prozentige Mandat für Graubünden Viva, einem Verein zur Förderung von Genuss, Kulinarik und Regionalität. Dazu geht sie hinaus in die Täler zu den Produzenten, knüpft Kontakte, entdeckt Innovationen und schiebt Projekte an. «Hier kann ich meine Leidenschaft fürs Kulinarische richtig ausleben», sagt die 57-Jährige lachend, die glücklich geschieden ist und mit ihrem Partner – einem pensionierten Landwirt – bald in Igis lebt.
Ein weiterer Mosaikstein in ihrer Laufbahn war kürzlich die Wahl in den Vorstand des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands: Als im letzten Jahr klar wurde, dass die Ostschweizer Vertretung im Gremium frei würde, haben sich die Bündner Bäuerinnen im kantonalen Vorstand um eine passende Kandidatur gekümmert. In Absprache mit ihrem Arbeitgeber, dem Plantahof, der sich bereit erklärt hat, Bosshard im Rahmen ihrer Anstellung mit diesem Amt zu betrauen, wurde dann die Bewerbung an den SBLV geschickt.
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Da sie schon seit vielen Jahren in der Bäuerinnenausbildung tätig sei, sei ihr der Verband vertraut, so das neue Vorstandsmitglied. Insbesondere auch die Themen wie Gleichberechtigung, soziale Absicherung und Gleichwertigkeit. Beim Engagement beim SBLV sei es ihr zudem ein Anliegen, dass nicht nur die Bäuerinnen im Zentrum stünden, sondern auch die Landfrauen.
Zweisprachige Sitzungen
«Eigentlich geht es ja auch nicht um die Abgrenzung in bäuerlich oder nicht bäuerlich», meint Bosshard. Die Bandbreite unter den Bäuerinnen, Landfrauen und überhaupt Frauen sei so gross – da könne man nur voneinander lernen.
Im SBLV-Vorstand hat Bosshard ein Mandat für die beiden Appenzell, Glarus, Graubünden und St. Gallen. Es sei wichtig, dass auch die Bergkantone vertreten seien, findet sie. Vor allem die Süd- und Teile der Ostschweiz gingen oft etwas verloren. An der Vorstandsarbeit beim Verband gefalle ihr zudem der Austausch mit den anderen Regionen. Die Sitzungen würden zweisprachig abgehalten und simultan übersetzt. «Dadurch reden alle etwas langsamer und es bleibt mehr Zeit, um das Gesagte zu präzisieren», so Bosshard. Sie freut sich auch darauf, bei der Revision der Höheren Bildung mit dabei zu sein. Und im Grunde genommen, sagt sie, seien ihre Themen beim SBLV dieselben wie bei ihren beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre, «nur noch vertiefter und vernetzter.»