AboEin Drescher wirbelt bei der Ernte Staub auf: Als weitere Unterform der exogenen allergischen Alveolitis kennt man auch die «Drescherlunge», die durch Getreidestaub hervorgerufen wird. Oftmals berufsbedingte LungenkrankheitDiagnose Farmerlunge: Feuchtes Heu ist ein RisikoMontag, 6. November 2023 Seit diesem Sommer hat Josef Imfeld eine neue Lunge. Zuvor lebte der Landwirt seit vielen Jahren mit der Diagnose Farmerlunge. Die exogen-allergische Alveolitis ist eine Lungenerkrankung, die allergisch bedingt ist. Dabei reagiert das Immunsystem auf organische Stäube oder chemische Substanzen, die eigentlich ungefährlich sind (zum Beispiel Heu oder Stroh).

«Ich ha eifach nimmä megä»

«Wahrscheinlich war Staubbelastung in jungen Jahren der Auslöser», sagt der 58-Jährige aus Lungern OW. Vor dreissig Jahren hatte er im Winter ein-, zweimal eine Lungenentzündung. «Vielleicht habe ich es diese zu wenig gut ausheilen lassen, aber es ist, wie es ist – auf einem Bauernbetrieb muss man dranbleiben.»

«Ich habe mich gewehrt, solange es ging.»

Josef Imfeld hoffte, dass die Transplantation erst nötig würde, wenn der Sohn zu Hause wäre.

Irgendwann merkte Josef Imfeld, dass etwas nicht stimmt: «Ich ha eifach nimmä megä»: Also ging er zu einem Spezialisten. Seit mehr als zwanzig Jahren muss er regelmässig zur Kontrolle. Die letzten Jahre lebte der Bauer mit einem Sauerstoffrucksack. Das sei umständlich gewesen, aber man habe sich daran gewöhnt.

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Lange bis zur IV-Rente

«Wir mussten lange darum kämpfen, bis ich eine IV-Rente bekommen habe.» Natürlich war auch Umschulung ein Thema, aber es sei gar nicht so einfach gewesen, einen Beruf zu finden, in dem man keinem Staub ausgesetzt gewesen wäre. «Der Professor, der mich betreut hat, meinte dann, man müsse das machen, was einen glücklich macht.» Das war und blieb Landwirt.

«Ich habe nicht ‹geplangt›»

«Die Ärzte haben dann schon früh von Transplantation geredet. Ich habe mich gewehrt, solange es ging», erzählt Josef Imfeld. Aber dann wollten Herz und Lunge nicht mehr, und er wurde notfallmässig nach Zürich gebracht. «Sie haben mir gesagt, einen zweiten solchen Anfall würde ich nicht überleben.»

Das Warten auf eine neue Lunge begann: «Ich habe nicht darauf ‹geplangt›. Das Ärzteteam sagte mir, man solle versuchen, möglichst normal weiterzumachen und das Leben bestmöglich zu geniessen. Das habe ich gemacht», schildert Josef Imfeld in seiner ruhigen, bodenständigen Bergbauernart. «Du hast immer gehofft, dass das Organ erst kommt, wenn der Junior mit der Lehre fertig ist», ergänzt seine Frau Anita Imfeld. «Das hat dann einigermassen funktioniert.»

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Helle Aufregung

Vor einem Jahr wurde der älteste Sohn mit der Lehre zum Landwirt fertig. «Ende Mai dieses Jahres kam erst mal ein Telefon, aber diese Lunge hat dann nicht gepasst. Doch drei Wochen später hat es geklappt. Im ganzen Umfeld herrschte helle Aufregung!», erinnert sich Josef Imfeld.

Er war mit seinem Sohn auf der Alp. «Nachts um halb zwölf kam der Anruf. Zum Glück hatten wir beide Autos oben, ich bin runtergefahren, habe geduscht und mich bereit gemacht.» Angst vor der Operation im Universitätsspital Zürich hatte er nicht. «Respekt hatte ich, ja, man weiss, dass es ein Risiko-Eingriff ist, aber Angst ist nie ein guter Ratgeber.»

Zweieinhalb Tage im Koma

Nach der Transplantation lag Josef Imfeld zweieinhalb Tage im Koma. «Der erste Anlauf, mich aufzuwecken, funktionierte nicht. Aber das ist einfach meine Art», erzählt er mit einem Schmunzeln. «Danach ging es immer ‹obsi›, einfach in kleinen Schritten.» Er habe sich im Unispital und danach in der Lungen-Reha Barmelweid sehr wohl gefühlt – «und das Team mochte mich, sie sagten, ich sei ein sehr angenehmer Patient».

Viele Medikamente

Es war Josef Imfeld wichtig, sich eine gewisse Eigenständigkeit zu bewahren: «Ich habe so schnell wie möglich selbst wieder geduscht. Das ist wie Therapie oder Training. Und es ist doch für die Leute in der Pflege auch nicht angenehm, wenn sie einen waschen müssen.» Nach drei Wochen Reha durfte er nach Hause. «Drei Tage später habe ich gemerkt, dass etwas nicht gut ist.» Tatsächlich war eine Lungenentzündung am Entstehen. «Das Fieber kam zum Glück erst im Spital.»

Vor kurzem musste Josef Imfeld sich einer Bronchoskopie (Lungenspiegelung) unterziehen. «Jeder Eingriff ist halt ein Eingriff, zuvor war ich fitter», meint der Obwaldner. Zuvor habe er jeden Tag Kontrollgänge auf der Alp zum Jungvieh machen können.

«Die vielen Medikamente, etwa gegen die Abstossung, merke ich natürlich schon.» Sie schlagen ihm auf den Magen, auf die Verdauung, oder er zittert. Mit seiner Krankheit hat er aber nie gross gehadert: «Jeder ist für sein Schicksal geboren.» Auch zu Hause ist es ihm wichtig, selbstständig zu bleiben: «Ich habe keine Spitex. Ich bestelle die Medikamente und mische die Inhalationen selbst. Das wollten sie mir in Zürich erst nicht anvertrauen, aber man kann doch nicht immer von allen abhängig sein.»

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«Gesunder Menschenverstand»

Josef Imfeld hat gelernt, mit Einschränkungen zu leben: «Grosse Menschenmassen habe ich schon früher gemieden, weil es wegen des Sauerstoffrucksacks nicht angenehm war. Aber an Viehschauen gehe ich trotzdem noch gern.» Man müsse halt einfach gesunden Menschenverstand walten lassen. «Natürlich habe ich vieles nicht mehr machen können, was man gerne gemacht hätte.» Aber er hat es immer geschätzt, als Landwirt selbstständig zu sein und dort arbeiten zu können, wo andere Ferien machen.

Etwas mehr Mühe macht ihm, dass er nicht mehr alles essen darf: «Keine Reste mehr, alles muss frisch sein. Wenig Fleisch, keine Salami, kein Weichkäse oder Raclette im ersten Jahr.» Anita Imfeld fügt an: «Er ist auch schon vom Tisch weggelaufen, wenn der Sohn etwas aus dem Schrank geholt hat, was er mag.»

Andere Rollenteilung

Für die Familie gehörte die Lungenkrankheit zur Normalität. Die Kinder – zwei Söhne (20 und 14 Jahre) und eine Tochter (18) – sind damit aufgewachsen. «Natürlich musste ich Dinge lernen, die ich sonst vielleicht nicht gemacht hätte, zum Beispiel alle Arbeiten im Stall. Und ich konnte nicht auswärts arbeiten gehen, weil es mich zu Hause gebraucht hat», sagt die Bäuerin.

Ausserdem fährt sie Metrac, während viele anderen Berufskolleginnen in der Region eher mit der Motorsense zugange sind. «Da habe ich schon gemerkt, dass die Rollenverteilung bei uns etwas anders ist als auf anderen Betrieben.»

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Riesige Unterstützung

Von jeher konnten sie auf ein gutes Umfeld zählen, so hat zum Beispiel Josef Imfelds Bruder jahrelang viele Arbeiten übernommen. «Und vor zwei Jahren, als es mir schlecht ging, haben die Bauern aus der Umgebung für mich extra einen Chat eingerichtet, wo sich melden konnte, wer Zeit hatte, uns zu helfen», so Josef Imfeld.

«Braunvieh – aus Überzeugung und mit Horn!»

Diskussionen über Kuhrassen gibt es bei Imfelds nicht – die Wahl ist klar.

Alp hat grosse Tradition

Die Familie hält auf ihrem 10-Hektaren-Betrieb in der Bergzone II rund dreissig Stück Vieh, davon sechzehn Milchkühe. «Braunvieh – aus Überzeugung und mit Horn!» Anfang Mai geht das Jungvieh und ein Teil der Milchkühe auf die Alp. Das sei wichtig, um den Betrieb zu entlasten, sagt Josef Imfeld. Die Milch geht zur ZMP. «Wir kreuzen in den letzten Jahren Richtung Original Braunvieh zurück. Unserem Sohn ist das wichtig.» Seit seinem Lehrabschluss ist dieser auf dem Betrieb angestellt.

Weil es Josef Imfeld gesundheitlich nicht gut ging und er erst abwarten wollte, ob eins der Kinder Interesse am Betrieb haben würde, «habe ich nicht so viel investiert». Die Anbindeställe seien alt und der Betrieb klein. «Da gibt es sicher noch Arbeit.»

So gut es geht

Für die Zukunft hat Josef Imfeld einen klaren Wunsch: «Ich will meinen Sohn unterstützen, so gut es geht.» Dass er nicht mehr voll könne, sei schon klar. Sein eigener Vater starb, als er 16 Jahre alt war. Mit 23 übernahm er dann den Betrieb: «Aber verantwortlich war ich eigentlich vom ersten Tag an. Das hätte ich meinem Sohn nicht gewünscht, aber nun ist es halt doch so gekommen.»