Viele Basismitglieder im SBLV haben keinen bäuerlichen Hintergrund. Was bedeutet das für den Verband?

Anne Challandes: Ich sehe nur Vorteile. Es ist eine grosse Stärke des Verbands, dass er Produzentinnen und Konsumentinnen vereint und so einen wichtigen und wertvollen Austausch pflegt. Die Vielfalt bringt eine Diversität der Themen und Ansichten, ein breites Plateau an Personen, die sich einbringen, Zeit spenden und mitmachen. Zusammen können wir voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen. Wir können uns austauschen, Kontakte zwischen der Landwirtschaft und der Bevölkerung knüpfen, Informationen übermitteln und alle Facetten unseres Lebens und unseres Berufs zeigen.[IMG 2]

Wie beeinflussen die nicht-bäuerlichen Frauen den SBLV in seiner Rolle als Berufsverband der Bäuerinnen?

Sie bringen unter anderem Beispiele, wie wir die Situation der Bäuerin verbessern können. Sie zeigen uns, in welche Richtung die Erwartung der Bevölkerung geht, sei es bei der Ernährung oder der Bildung, bei der Entwicklung unseres Berufs, bei neuen Aktivitäten und Diversifikation auf den Betrieben.

Und die Nicht-Bäuerinnen, die zunehmend auch in den Vorständen von Kantonen und Bezirken sind?

Es öffnet die Diskussion. Die Herausforderung besteht darin, die gemeinsamen und verbindenden Elemente beizubehalten, die es ermöglichen, sich mit dem Verband zu identifizieren. Der SBLV behandelt auch viele Themen, die sowohl Bäuerinnen als auch Landfrauen betreffen, beispielsweise AHV oder BVG, mehr Frauen in die Politik. Gemeinsam sind wir stärker und haben mehr Einfluss für die Gesamtheit der Frauen vom Land.

Wie ist es für Sie als Rechtsanwältin, den SBLV zu führen?

Ich habe keine sogenannte bäuerliche Bildung und manchmal bedauere ich es. Ich habe trotzdem «sur le tas» viel gelernt und bin jetzt seit 27 Jahren in der Landwirtschaft als Bäuerin involviert (Anm. d. Red: Der Ehemann ist Landwirt, das Paar führt zusammen einen Betrieb im Kanton Neuenburg). Die Führung des SBLV ist spannend und bringt regelmässig neue Fragen und Herausforderungen. Für gewisse Fragen sind meine juristischen Kenntnisse und Denkweise nützlich, aber manchmal muss ich auch ausserhalb dieses Rahmens denken.

Besteht Handlungsbedarf wegen des Mitgliederrückgangs, da fallen ja auch Mitgliederbeiträge weg?

Seit einigen Jahren haben wir diese Situation in die Hände genommen, machen uns mit den Kantonalpräsidentinnen und Sektionen Gedanken zur Finanzplanung und Mitgliedergewinnung und haben mögliche Instrumente geprüft. Durch die Pandemie war die Umsetzung in den Regionen nicht einfach. Dieses Jahr arbeiten wir weiter daran.

Sehen Sie die Straffung der Strukturen als Möglichkeit, etwa die Auflösung von Bezirksverbänden?

AboWerbung für die Schweizer Landwirtschaft: Bea Schneider verteilt am Olma-Umzug Rüebli und Kuchen, eine von vielen Nicht-Bäuerinnen in Landfrauenorganisationen.Landfrauen«Gut, gibts die Landfrauen», findet SBLV-Mitglied und Nicht-Bäuerin Bea SchneiderMontag, 21. März 2022 Wir sind ein Dachverband, die Sektionen haben ihre eigenen Statuten und Entwicklung, Führung und Organisation. Nichtsdestotrotz hören wir unserer Basis zu und stehenihr zur Verfügung für den Austausch. Wenn es gefragt und möglich ist, bieten wir auch Unterstützung.

Wie geht der Verband mit Meinungsdifferenzen der Mitglieder zu Themen wie Frauenrechten um?

Global gibt es, denke ich, kaum Differenzen. Alle wollen Verbesserungen. Wir wollen einen gemeinsamen Weg, gute Lösungen und Instrumente finden. Unsere Präsidentinnenkonferenz ist zuständig für die Parolenfassung und bei Projekten und strategischen Themen gefragt. Dieses Gremium ist eine Stütze für unsere tägliche Arbeit und zusammen definieren wir die Richtung.

Wie sehen Sie die Rolle des SBLV in der heutigen Zeit?

Mit über 50'000 Mitgliedern sind wir ein sehr breites Netz. Wir sind in Kontakt oder Mitglied vieler Organisationen in verschiedenen Sektoren. Und wir sind über die Grenzen hinaus in einem regelmässigen Austausch mit Landfrauenverbänden. Unsere vielfältige Zusammenstellung bringt uns die Gelegenheit, mit verschiedenen Personen, Gruppen und Institutionen Brücken zu bauen oder Türen zu öffnen.