Die Viehzuchtverbände stehen vor einem Problem: Vermehrt besamen die Züchter nicht rassentreu. Am meisten davon betroffen ist Swissherdbook. «Es sind vor allem die Swiss Fleckvieh-Tiere (SF), die vermehrt mit Red-Holstein-Stieren (Blutanteil mehr als 87,5%) besamt werden», sagt Matthias Schelling, Direktor von Swissherdbook.

Zwölf Franken gehen pro Tier verloren

Die Folge ist, dass die Nachkommen entsprechend Kreuzungstiere sind und im Herdebuch als C-Tiere (HB-C) registriert werden. Der Bund zahlt für solche C-Tiere keinen Herdebuchbeitrag. Dadurch gehen dem Verband zwölf Franken Einnahmen pro Tier verloren. Dieser Betrag sei nur noch den Tieren der Herdebuchstufe A vorbehalten. «Den Fehlbetrag wälzen wir zur Hälfte (sechs Franken) auf den Züchter ab», erklärt Matthias Schelling. Kein Unterschied hingegen besteht bei der Leistungsprüfung. C-Tiere, wie auch Tiere der Herdebuchstufe A, erhalten den gleichen Bundesbeitrag. Mit der AP 22+ stehen diese Gelder für die Leistungsprüfung nun aber auf der Kippe. Der Bund sieht vor, diese Gelder zu streichen, im Gegenzug aber die Herdebuchbeiträge zu erhöhen. Künftig sollen die Unterstützungsbeiträge für die lineare Beschreibung (LBE) wie auch die Milchleistungsprüfung in abgestufter Form aus dieser Kasse fliessen.

Es könnten künftig bis zu 65 Franken pro C-Tier fehlen

Diese Umverteilung der Gelder hätte für die C-Tiere gravierende Folgen, da für solche Tiere nicht mehr der vollumfängliche Herdebuchbeitrag ausbezahlt würde. «Wir sind jetzt daran, mit dem Bund eine Lösung zu suchen», hält Matthias Schelling fest. Er hofft, dass Swissherdbook dem Bundesamt aufzeigen könne, dass auch die C-Tiere einen wichtigen Beitrag an die Zuchtwertschätzung leisten und man diese nicht vom Fluss dieser Bundesgelder ausschliessen sollte. «Ob wir mit unserem Anliegen auf offene Ohren stossen werden, wird sich zeigen», so der Direktor. Wann und wie der Bund entscheidet, könne man derzeit nicht sagen. «Haben wir kein Gehör beim Bund, werden uns künftig für jedes einzelne C-Tier 45 bis 65 Franken fehlen», hält Schelling fest.

Bund fährt eine harte Linie

Dass der Bund diese harte Linie fahren will, hat damit zu tun, dass 2013 die neue Tierzuchtverordnung eingeführt wurde. So erhielten am 1. Januar 2014 alle SF-Tiere einen Swiss-Fleckvieh-Anteil von 100 Prozent und galten als rein. Die Rasse Swiss Fleckvieh war geboren und somit das Herdebuch geschlossen. Statt aber die Tiere ab diesem Datum rassentreu zu besamen, werden sie laufend mit Red-Holstein-Stieren gekreuzt.

Tiere eingeteilt in zwei Klassen

Aus solchen Anpaarungen entstehen nun die C-Tiere. Mit der Verordnung teilte der Bund die Tiere in zwei Klassen ein: Die Herdebuchstufe A (HB-A), die Tiere mit mindestens 87,5% Blutanteil umfasst, und die Herdebuchstufe C (HB-C) mit weniger als 87,5%. Dabei handelt es sich um Tiere, welche die Bedingungen für das Ausschütten des besagten Herdebuchbeitrags nicht erfüllen. «Es ist schade, dass vor allem die SF-Züchter die Chance nicht nutzen und ihre SF-Tiere nicht rassentreu besamen», hält Matthias Schelling fest. Denn vielerorts sei die SF-Kuh die richtige Rasse auf den Betrieben.

Weniger zu kämpfen bei Red Holstein

Bei den Red Holstein habe man mit der Rassenuntreue weniger zu kämpfen. Der Grund liege darin, dass die Red-Holstein-Züchter eine viel grössere Palette an RH-Stieren haben, welche die verschiedenen Bedürfnisse abdecken würden. Und noch auf eines macht der Swissherdbook-Direktor aufmerksam: «Schon früher haben wir beobachtet, dass die erste Kreuzung meistens funktionierte, die Rückkreuzung dann aber verschiedene Varianten zum Vorschein brachte. Darum appelliere ich: Besamt eure Tiere ab sofort rassentreu.»

Anders bei Braunvieh Schweiz

Braunvieh Schweiz ist von den fehlenden Herdebuchbeiträgen für «nicht reine» Tiere wenig betroffen. Der Grund ist: Ein Nachkomme von einer Brown-Swiss-Mutter und einem Original-Braunvieh-Stier ist kein Kreuzungsprodukt. «Bei Brown Swiss und Original Braunvieh handelt es sich nachweislich um zwei Zuchtrichtungen des Braunviehs mit demselben Ursprung», hält Martin Rust, Vize-Direktor von Braunvieh Schweiz, fest.

Gebrauchskreuzungen mit Fleischrassen machen Sorgen

Bei Braunvieh Schweiz wurden in den letzten Jahren auch vermehrt Original-Braunvieh-Stiere auf Brown-Swiss-Kühe eingesetzt. Tiere mit mindestens 87,5% OB-Blut laufen unter der Bezeichnung «ROB», was für Rückpaarung Original Braunvieh steht. «Bei Braunvieh Schweiz sind rund 3500 ROB-Herdebuchtiere registriert», sagt Rust. Diese Tiere machen dem Verband aber kein Kopfzerbrechen, sondern etwas anderes beschäftigt ihn: «Uns macht vor allem der sehr hohe Anteil an Gebrauchskreuzungen mit Fleischrassen Sorgen», bedauert Rust. Denn: «Aus Sicht der Rasse würden wir uns ein grösseres Angebot an Zuchtremonten auf dem Markt wünschen», hält er fest.

Mehr zu ROB-Tieren: Brown Swiss und Original Braunvieh gibt keine Kreuzungstiere

Auch andere Rassen werden eingekreuzt

Natürlich werden auch bei ihrem Herdebuch vereinzelt Braunviehtiere mit Red Holstein oder Holstein gekreuzt. «Bei den Nachkommen aus diesen Paarungen handelt es sich um Herdebuchtiere der Stufe C. Solche Tiere unterstehen aber ebenfalls der Milchleistungsprüfung und erhalten Herdebuchdokumente», sagt Rust. Diese Tiere seien aber von der Exterieurbeurteilung ausgeschlossen und erhalten auch keine Zuchtwerte vom Verband.