Im vergangenen September berichtete die Vetsuisse Fakultät der Universität Bern über mehrere Fohlen mit schweren Entzündungen der Bauchspeicheldrüse. Jegliche Behandlungsversuche waren vergebens und alle Fohlen sind verstorben oder mussten eingeschläfert werden. Aufgrund der Art der Erkrankung und der familiären Häufung wurde vermutet, dass es sich bei der Krankheit um einen erblichen Stoffwechseldefekt handelt (wir berichteten).
Alsacien als Genträger?
Wie genauere Untersuchungen nun zeigten, handelt es sich, laut der Universität Bern, um die Erbkrankheit Hypertriglyceridämie induzierte Pankreatitis (HIP). Diese sei bei den Freibergern auf einen Gendefekt zurückzuführen. Alle bisher bekannten HIP-Fohlen konnten laut der Universität auf den Hengst Alsacien zurückgeführt werden. Dieser war durch seinen modernen, eleganten Freibergertyp sehr beliebt. Die Hinweise würden daher stark darauf hindeuten, dass der Hengst Anlageträger für HIP war. Eine Überprüfung sei jedoch aufgrund des Fehlens von DNA-Proben nicht möglich.
Die Genvariante bewirke den völligen Funktionsverlust eines wichtigen Enzyms im Fettstoffwechsel. Zum Ausbruch der Krankheit komme es nur, wenn der Gendefekt sowohl von der Stute als auch vom Hengst an das Fohlen vererbt wird. Das Risiko für eine Vererbung liegt somit bei 25 %. Dem Jungtier fehle dann das entsprechende Enzym, sodass sich das mit der Muttermilch aufgenommene Fett im Blut anreichere. Dies führe zu einer akuten Entzündung der Bauspeicheldrüse und im Normalfall zum Tod des Jungtieres in den ersten Lebenswochen.
Vorsicht ist geboten
«Mit der Behauptung, Alsacien sei für die Verbreitung der HIP-Krankheit in der Freibergerrasse verantwortlich, sollte man mit äusserster Vorsicht umgehen», so Pauline Queloz, Geschäftsführerin des Schweizerischen Freibergerverbands auf Anfrage der BauernZeitung. Fünf erkrankte Fohlen in vier Jahren sei zudem eine geringe Anzahl, um die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Hengst Alsacien für die Ausbreitung der Krankheit verantwortlich sei. «Da das Gen rezessiv vererbt wird, sollte man nicht vorschnell einen bestimmten Hengst beschuldigen», so die Geschäftsführerin weiter.
Alsacien sei ein äusserst einflussreicher Hengst in der Zucht gewesen, da er erfolgreich interessantes Blut in die Rasse brachte. «Die Anzahl nachgewiesener Fälle erscheint daher im Verhältnis zur hohen Präsenz des Hengstes in sehr vielen Abstammungen relativ gering», erläutert Queloz. Zudem bestehe in jeder Generation eine 50-prozentige Chance, der Weitervererbung des Gens. «Es ist daher gut möglich, dass die Krankheit nicht so weit verbreitet ist und es gibt keinen Grund zur Sorge, dass alle Nachkommen Träger des Gens sind», sagt sie weiter.
Gentest vorhanden
Ab Februar kann nun laut Universität Bern mittels Gentests bestimmt werden, ob ein Tier Träger der Erbkrankheit ist oder nicht. «Mit diesem Wissen und den entsprechenden züchterischen Massnahmen kann die Zeugung von Fohlen vermieden werden, die unter der Krankheit leiden oder sterben würden», schreibt die Universität Bern.
Für den Test wird vom Tierarzt Blut entnommen. Zudem muss dieser die Identität des Tieres auf dem entsprechenden Untersuchungsantrag bestätigen. Die anschliessende genetische Untersuchung wird vom Institut für Genetik durchgeführt. Der Test kostet laut der Universität 80 Fr. (exkl. MWST) dazu kommen die Kosten für den Tierarzt. Liege bereits eine Probe aus einer früheren Untersuchung (CLF) am Institut für Genetik vor, müsse kein neues Blut eingesandt werden. Das Resultat werde den Pferdehaltern nach ein bis drei Monaten schriftlich oder per Mail mitgeteilt. «Im Hinblick auf die anstehende Decksaison werden wir im ersten Quartal 2025 versuchen, die Verfahren zu beschleunigen», so die Uni.
Stuten und Hengste testen
Das Institut für Genetik empfiehlt, sowohl Hengste als auch Stuten zu testen – vor allem dann, wenn die Tiere zur Zucht eingesetzt werden. Solange mindestens eines der beiden Elterntiere frei ist, können keine HIP-Fohlen geboren werden.
Plant nun auch der SFV zukünftig alle Hengstanwärter auf HIP zu testen? Für Pauline Queloz sei klar, dass sich der SFV-Vorstand zur Frage positionieren müsse. Bevor der Verband jedoch Entscheidungen treffe, sei es wichtig, zunächst die Übertragungsrisiken und Auswirkungen auf die Zucht gründlich zu analysieren. «Der Vorstand sollte sich daher die notwendige Zeit nehmen, um sorgfältig abzuwägen und Fehler zu vermeiden, mit dem Ziel, die Gesundheit und Zukunft der Freibergerpferdezucht bestmöglich zu sichern», erklärt die Geschäftsführerin. Und was empfiehlt der SFV seinen Züchterinnen und Züchtern für die nächste Decksaison? Der Verband habe die Information über die abgeschlossene Forschung und den neu entwickelten Test gerade erst erhalten. Man werde sich aber zeitnah an die Züchter wenden und eine Empfehlung abgeben. Die Dringlichkeit der Situation gelte es aufgrund der bisher geringen Anzahl an erkrankten Fohlen zu relativieren. «Es geht also darum, Geschwindigkeit nicht mit Übereilung zu verwechseln», so Queloz.
So erkennen Sie HIP-Fohlen
An HIP erkrankte Fohlen zeigen laut der Universität Bern unspezifische Symptome wie Fieber, Durchfall oder auch Apathie. Die Tiere haben zudem deutlich erhöhte Blutfettwerte und eine entzündete Bauchspeicheldrüse. Mit einer Ausnahme sind laut der Universität alle bisher bekannten, an HIP erkrankte Fohlen in den ersten Lebenswochen verstorben.