Uns erreichte kürzlich eine Frage, ob die Milch einer mit Schöllkraut-Urtinktur behandelten Kuh zur Käseherstellung verwendet werden darf. Kurz zum Hintergrund: Die Kuh litt an Euterwarzen und sollte äusserlich mit der erwähnten Tinktur behandelt werden.

Die Drogerie Fehr im bernischen Biglen, welche die Urtinktur anbietet, konnte das Anliegen der Bäuerin allerdings nicht klären. «Das Schöllkraut enthält zum Teil giftige Inhaltsstoffe, weshalb wir keine genaue Aussage treffen können, ob die Milch während der Behandlung verwendet werden darf. Normalerweise werden gegen Warzen bei Tieren homöopathische Mittel wie Sprays oder Globuli eingesetzt, die innerlich und äusserlich angewendet werden und keine Probleme bei der Milchabgabe darstellen», so die Drogerie zur BauernZeitung. Die Schöllkraut-Urtinktur komme sonst nur in der Humanmedizin zum Einsatz, weshalb die Drogerie uns empfahl, beim Tierarzt nähere Auskunft einzuholen. Was wir schliesslich auch taten.

Bei Nutztieren ist die Urtinktur nicht erlaubt

In der Humanmedizin wird Schöllkraut (Chelidonium majus) normalerweise gegen Krämpfe im Bereich der Gallenwege und des Magen-Darm-Traktes angewendet. Aufgrund ihrer schwach schmerzlindernden, zellteilungshemmenden sowie antiviralen Wirkung kommt die Heilpflanze in der Volksmedizin auch oft gegen Warzen zum Einsatz. Beim Nutzvieh wurde das Schöllkraut früher auch eingesetzt, z. B. bei Verdauungsstörungen oder Appetitlosigkeit. Heute kommt es nicht mehr zur Anwendung: «Schöllkraut ist kein von der Swissmedic für Nutztiere zugelassenes Mittel bzw. Medikament und darf deshalb nicht eingesetzt werden», erklärt Melanie Schaub, Tierärztin des Rindergesundheitsdienstes der Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern. Denn gemäss Vetpharm-Verzeichnis zählt das Schöllkraut zu den stark giftigen Pflanzen. Demzufolge ist auch die Weiterverarbeitung der Milch nicht erlaubt. Dies bestätigt Konrad Boss von der Suisselab: «Ich würde die Milch sicher nicht abliefern, so lange behandelt wird», rät er.

Ursachen für Warzen

Die klassischen Warzen werden durch Infektionen mit Papillomaviren verursacht. Durch kleinste Risse in der Haut können diese in die obere Hautschicht eindringen und sich in deren Zellkernen vermehren. Die abgestorbenen Hautzellen verhornen und bilden Warzen. Auch ein geschwächtes Immunsystem kann das Infektionsrisiko erhöhen, z. B. wenn das Tier unter Stress steht, anderweitig erkrankt oder der Keimdruck erhöht ist. «Vor allem junge Rinder bis zum zweiten Lebensjahrsind betroffen, weil sie mit den Viren noch keinen Kontakt hatten», begründet Melanie Schaub. Ältere sind dagegen meist schon immun.

Vorbeugende Massnahmen

Damit es erst überhaupt nicht zu einem Befall mit Warzen kommt, werden folgende präventive Massnahmen empfohlen:

- Tiere beim Zukauf aufWarzen kontrollieren, damit eine   Übertragung auf eigene verhindert wird.

- Stalleinrichtungen, Striegel/Bürsten sollten gut gereinigt und desinfiziert werden, um eine Übertragung auf andere Tiere zu verhindern.

- Fliegen-, Ekto- und Endo-parasiten bekämpfen,um offene Wunden zuvermeiden.

- Unterstützung des Immunsystems (Spurenelemente, Mineralstoffgaben).

Warzen nicht selbstständig entfernen

Warzen verschwinden in der Regel innerhalb von ein bis zwölf Monaten. Befinden sich die harmlosen Geschwülste an den Zitzen, können sie beim Melken stören und für die Kuh unangenehm werden. Von einem selbstständigen Entfernen durch Abbinden oder Abklemmen wird abgeraten. «Da das Entfernen schmerzhaft ist, sollte es nur unter Schmerzausschaltung vorgenommen werden», so die Vetsuisse-Tierärztin. Ausserdem besteht die Gefahr, dass Vernarbungen zurückbleiben und diese die Melkbarkeit beeinträchtigen. Das Blut aus den Warzen ist stark infektiös, eine Virusverbreitung an andere Tiere muss verhindert werden. «Für das weitere Vorgehen empfehle ich daher die Bestandstierärztin bzw. den Bestandstierarzt zu konsultieren», rät Melanie Schaub. Dies gelte auch für Mittel zur Behandlung von Warzen.

Was hilft gegen Euterwarzen?

Grundsätzlich darf das giftige Schöllkraut in einer Urtinktur (konzentrierte, flüssige Form) zur Behandlung von Warzen nicht eingesetzt werden. «Wird die Pflanze aber als spagyrische Essenz verwendet, wird ihre gesamte Heilkraft in eine gut verträgliche, sehr wirksame und bewährte Form gebracht, in welcher die potenziell toxischen Alkaloide stark verringert werden», erklärt Regula Scherrer von der Drogerie Heiniger in Reigoldswil BL.

Spagyrische Mittel
In der Drogerie Heiniger werden die spagyrischen Mittel individuell angepasst. «Wir gehen mit dem Tierhalter vorgängig einige Fragen zum Tier und der Symptomatik durch», so Regula Scherrer. Dann werden Mischungen speziell auf das Tier angepasst und zusammengestellt. Gegen Warzen wird Schöllkraut grundsätzlich in spagyrischer Form empfohlen. «Zusätzlich kombinieren wir es mit Thuja, was das Ausleiten von Krankheitserregern begünstigt. Wenn das Tier eine schwache Abwehr hat, geben wir der Mischung noch Echinacea hinzu», setzt sie fort. Auch Propolis, Kapuzinerkresse und Schwalbenwurzel stärken das Immunsystem.

Die Mischung wird anfänglich sechsmal täglich ins Maul und auf die Warzen gesprayt. Später reicht eine dreimalige Behandlung pro Tag. «Bis man aber einen optischen Effekt bemerkt, kann es vier bis sechs Wochen dauern. Denn die Hautveränderung muss erst abgestossen werden», begründet Scherrer. Die Kuh darf während der Behandlung normal gemolken und die Milch abgegeben werden.

Stallspezifischer Impfstoff
Auch gibt es einen stallspezifischen Impfstoff. Dieser wird aus Warzenmaterial bereits erkrankter Tiere aus dem eigenen Stall hergestellt und mindestens zweimal zur Therapie verabreicht, so Melanie Schaub, Tierärztin des Rindergesundheitsdienstes. Alle betroffenen Altersgruppen und Kälber sollten damit geimpft werden. Weil Warzen in der Regel gut abheilen, wird die Impfung nur bei einem starken Befall empfohlen. ke