Der Vorstand von Bio Grischun zeigt sich ernüchtert – auch noch eine Woche nach der Bio-Suisse-Delegiertenversammlung. Ihr Antrag, dass man mindestens 10 % Knospe-Raufutter importieren könnte, wurde an der DV bachab geschickt. Abgeschmettert unter anderem durch Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli, der sagte, dass 100 % Schweizer Knospe-Futter eine Botschaft sei, die von den Konsumenten verstanden werde.

Zu strenge Regelung

Abo Kuriose Kampfwahl: Präsident Urs Brändli (l.), Herausforderin Maria Thöni. Biodiversitäts-Initiative Bio Suisse schaut auf die Kundschaft und sagt Ja zur Biodiversitäts-Initiative Samstag, 20. April 2024 Christian Bosshard, Vizepräsident Bio Grischun, schüttelt den Kopf. 100 % Schweizer-Knospe-Futter für Wiederkäuer sei gegenüber anderen Tiergattungen unverhältnismässig streng. Wenn man bei den Biohühnern und -schweinen ebenso die 100 %-Regelung einführen würde, würde die Produktion in diesem Bereich massiv sinken. Die Schweizer Knospe würde Marktanteile verlieren, welche durch Import-EU-Bio kompensiert werden müssten.   «Eigentlich hätten nur Delegierte, die sich zu 100 % aus Schweizer Knospe-Produkten ernähren, ein Recht darauf, das auch den Tieren zu verordnen», sagt Bosshard. «Wenn es jedes Jahr Ausnahmegenehmigungen braucht, weil es im Inland durch Wetterextreme und Sommertrockenheit zu wenig Knospe-Futter hat, werden die Konsumenten das auch nicht verstehen», ergänzt Fadri Riatsch, der als Delegierter an der DV teilnahm.

Riatsch bewirtschaftet in Vnà im Engadin einen Milchviehbetrieb in der Bergzone IV mit dreissig OB-Kühen, Aufzucht und Alpwirtschaft auf 1630 m ü. M. «Wir in der Schweiz sind ein kleines Land, und zig Regionen grenzen an ein Nachbarland», sagt er und fährt fort: «Das Engadin und die Bündner Südtäler grenzen an Österreich und Italien. [IMG 2] Da würde es auch ökologisch mehr Sinn machen, Biofutter von unseren dortigen Biokollegen zu importieren statt über die Pässe aus dem Unterland.» Dazu kommt, dass auch nur ein 5 %-Anteil Kraftfutter aus Schweizer Knospe-Betrieben zugelassen sei. Viele Betriebe würden als Ergänzungsfutter Luzerne einsetzen. «Aber es hat in der Schweiz gar nicht genug Luzerne in Knospe-Qualität», sagt Fadri, der in der Bergzone III auch gar keine Luzerne anbauen könnte.

Berglandwirtschaft verliert

Fadri Riatsch befürchtet, dass sich einige seiner Bündner Biokollegen von Bio abwenden, wie das in den vergangenen zwei Jahren auch schon der Fall war. Er erzählt das Beispiel der Bioalp Ftan, wo einige Alpbestösser aufgrund der Fütterungsrichtlinie auf ÖLN umstellten, mit der Konsequenz, dass die ganze Alp nicht mehr Bio ist.