Auf der diesjährigen Sortenliste der Kartoffeln sind neu die zwei robusten Sorten Acoustic und Twinner zu finden. Sie versprechen einen guten Ertrag und können gleichzeitig mit Trockenheit, Hitze und Krautfäule umgehen.
Christian Roth, Landwirt in Diessenhofen TG baute letztes Jahr die Sorte Acoustic an. Er bestätigt die gute Krautfäuleresistenz und auch mit dem Ertrag war er zufrieden. Doch bei der Ernte zeigte sich die grosse Ernüchterung: Der ganze Posten war von Drahtwürmern zerlöchert: «Wir konnten die ganzen 45 Tonnen nur noch als Futterware brauchen», sagt der Landwirt, der erst kürzlich den Betrieb übernommen hat. Für ihn war es ein Verlust von mehreren zehntausend Franken.
Bekanntes Problem
War es die Sorte, die den Befall so in die Höhe schiessen liess? Das Augenfällige in diesem Fall ist, dass es auf der Parzelle laut dem Verpächter noch nie grössere Probleme mit Drahtwürmern gab. Und: Die auf der gleichen Parzelle angebauten Kartoffeln der Sorte Ditta hatten gemäss Christian Roth viel weniger Drahtwurmbefall als die Sorte Acoustic.
Das Problem ist bekannt, mehrere Produzenten berichten über Sortenunterschiede bei der Drahtwurmanfälligkeit. Auch Andreas Keiser, Professor für Ackerbau und Pflanzenzüchtung an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften bestätigt auf Anfrage der BauernZeitung, dass es immer wieder Beobachtungen von unterschiedlichem Befall von Sorten im gleichen Feld gebe. «Allerdings ist es sehr schwierig zu sagen, ob dies an einer unterschiedlichen Anfälligkeit der Sorten liegt oder an der sehr heterogenen Verteilung der Drahtwürmer im Boden. Verlässliche Versuchsresultate gibt es dazu nicht.»
Drahtwurmbefall ist schwer vorherzusagen
Wie hoch die Drahtwurm-Schäden an Kartoffeln sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. «Nach vielen Jahren mit Drahtwurmversuchen auf zahlreichen Parzellen habe ich die Erfahrung, dass es fast unmöglich ist, das Auftreten des Drahtwurms zuverlässig vorauszusagen. Innerhalb der gleichen Parzelle hatten wir in den verschiedenen Versuchen oft sehr grosse Unterschiede im Drahtwurmbefall innerhalb der gleichen Sorte», so Keiser.
Sortenunterschiede könnten laut ihm durch unterschiedliche Solaningehalte der Schalen oder eine unterschiedliche Schalendicke zurückzuführen sein, dies könne aber kaum so grosse Unterschiede im Befall erklären. Er vermutet eher einen unterschiedlichen Drahtwurmbesatz innerhalb des Feldes aufgrund von z. B. Unterschieden im Boden oder unterschiedlichen Vorkulturen als einen Sorteneinfluss.
Hohe Kosten für Bekämpfung
Auf der Sortenliste sind keine Angaben zur sortenspezifischen Drahtwurmanfälligkeit zu finden. Die Produzenten haben so oder so oft keine grosse Wahl, denn die Sorten werden meist von den Abnehmern bestimmt, so auch bei Christian Roth. Hier ist eine gute Zusammenarbeit Gold wert. Er hat seinen Ansprechpartner bei Rathgeb darauf angesprochen, dieser empfahl ihm für dieses Jahr Sorten, die aufgrund von Praxiserfahrungen weniger Probleme mit Drahtwürmern haben. Doch die Auswahl ist begrenzt, denn für die Verarbeiter gelten nicht nur anbautechnische Kriterien, sondern auch solche, die für die Weiterverarbeitung und die Vermarktung wichtig sind, z. B. ob sie fest- oder mehligkochend sind.
So wird Christian Roth dieses Jahr eine andere Sorte anbauen. Zusätzlich möchte er das dieses Jahr unter Notfall zugelassene biologische Pflanzenschutzmittel Attracap einsetzen. Der Nachteil des Produkts sind jedoch die hohen Kosten. Laut Roth kostet ihn der Einsatz etwa 600 Franken pro Hektare.
Notfallzulassung für Attracap
Aktuell ist laut Swisspatat im ÖLN kein Produkt zur direkten Bekämpfung der Drahtwurmlarven in der Kultur regulär zugelassen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLW) hat für 2023 das Pflanzenschutzmittel Attracap der Firma Omya gegen Drahtwürmer zugelassen, das sie anlockt und anschliessend mittels einem Pilz, Metarhizium brunneum, abtötet. Das Granulat darf gemäss Swisspatat nur mit einem geeigneten Streuer zur Pflanzung appliziert werden. Die Notfallzulassung gilt für eine eingeschränkte Anwendung auf 1000 Hektaren für eine Behandlung bis zum 31. Juli 2023.
Da das Produkt vorproduziert werden muss, ist eine Vorbestellung nötig. Bis wann genau diese für dieses Jahr eingegeben werden muss, ist laut Omya noch nicht klar. Letztes Jahr musste die Bestellung bis 10. März erfolgen, das Produkt war dann ab Anfang April erhältlich. Dies dürfte dieses Jahr im ähnlichen Zeitrahmen erfolgen.
In Zukunft trockener
Die meisten Bestellungen für Saatkartoffeln dieses Jahr sind aufgegeben, das Thema wird die Produzentinnen und Produzenten aber in Zukunft weiter beschäftigen. Denn trockene Böden können den Drahtwurmbefall erhöhen. Besonders bei langer Trockenheit suchen die Drahtwürmer die Feuchtigkeit der Knollen.