AboMarina und Roger Staub mit ihren drei Kindern Elia, Leonie und Ylena. Der Anbau von Landmais ist für sie ein kleinerer Nebenbetreibszweig, der vor allem Freude macht. (Bild Gaby Züblin)MaisBei Roger und Marina Staub wächst Mais – in grün und lilaMontag, 29. März 2021 Im Jahr 2000 gründete Paolo Bassetti sein Unternehmen rund um landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen, unter anderem mit dem ehrgeizigen Ziel, den Anbau und die Verwertung von Mais für die Herstellung von Tessiner Polentagriess wiederzubeleben. Doch diese Geschichte beginnt bereits zwei Jahre zuvor, als Paolo Bassetti das Projekt «Mais per Polenta Ticinese» übernahm, das 1998 ins Leben gerufen wurde und auf den Versuchen der Eidgenössischen landwirtschaftlichen Forschungsanstalten in Cadenazzo basierte. Mit Unternehmergeist und etwas Risiko nahm Paolo Bassetti die Herausforderung an, die Tessiner Polenta wieder zu ihrem einstigen Ruhm zu verhelfen.

Vom bescheidenen Anfang zur vielfältigen Produktpalette

Die Anfänge waren bescheiden, aber ambitioniert: Die Produktion von Polentagriess aus hochwertigem Tessiner Mais wurde professionalisiert und der Vertrieb ausgeweitet. Dabei blieb das Unternehmen stets den traditionellen Werten rund um die Herstellung von Polentagriess treu – angefangen bei der sorgfältigen Ernte und manuellen Sortierung der Maiskolben bis hin zur Vollkornverarbeitung.

[IMG 2]

Daneben setzte sich Paolo Bassetti auch für die Wiedereinführung von Buchweizen und die Förderung von Kastanien ein. Diese Diversifizierung führte zur Erweiterung des Produktportfolios, das im Laufe der Zeit um Buchweizenmehl, Polentagriess mit der alten Tessiner Sorte «Rosso del Ticino» und Kastanienmehl ergänzt wurde. Heute ist das Unternehmen von Paolo Bassetti stolz darauf, ein breites Sortiment an Lebensmitteln anzubieten, insbesondere Mahlprodukte aus Mais und Kastanien sowie deren Nebenprodukten.

Rosso del Ticino

Die Maissorte «Rosso del Ticino» war beinahe in der Vergessenheit geraten, als die Stiftung Pro Specie Rara in den 1970er-Jahren Samen dieses einzigartigen Maises bei älteren Tessiner Bauern entdeckte, die ihn noch für ihre persönlichen Bedürfnisse anbauten. Aufgrund ihrer hervorragenden Qualitätseigenschaften wurde beschlossen, diese Sorte im Tessin für die Herstellung von Polentagriess wieder einzuführen.

Das Projekt zur Wiedereinführung des «Rosso del Ticino» begann im Jahr 2002 und Paolo Bassetti selbst war massgeblich an der erneuten Reinzucht der Sorte beteiligt. Zuerst lag der Fokus entsprechend auf der Produktion von Qualitätssaatgut – bereits 2004 wurde die rare Maissorte aber wieder in der Magadinoebene angebaut. Die Geschichte dieses Maises ist eng mit dem Tessiner Erbe verknüpft und so wird er mit grösstem Respekt vor der Tradition angebaut und verarbeitet. Die Vollkornvermahlung ist typisch für das Tessin und garantiert einen höheren Nährwert. Die Vermarktung ist fest in das Konzept natürlicher, lokaler und traditioneller Produkte eingebunden, was durch ein Garantielabel für lokale Produktion und Verarbeitung bestätigt wird.

[IMG 3]

Qualitätssicherung durch regionale Herkunft und sorgfältige Verarbeitung

Alle Rohstoffe, die in der Verarbeitungsanlage in Cadenazzo landen, werden im Tessin unter Einhaltung der Vorschriften der Integrierten Produktion oder der Bio-Suisse-Knospe angebaut. Diese Herangehensweise garantiert laut Paolo Bassetti nicht nur beste Qualität, sondern fördert damit regionale landwirtschaftliche Qualitätsprodukte und stellt gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Bedingungen für die Produzentinnen und Produzenten sicher. Pro Jahr werden gesamthaft rund 200 Tonnen gereinigter Mais verarbeitet. Den gelben, roten, schwarzen und weissen Mais liefern 15 Produzenten aus der Region.

Das Geheimnis hinter dem einzigartigen Geschmack und der Qualität des Tessiner Polentagriesses liegt in einem sorgfältigen Produktionsprozess, der Tradition und Innovation vereint. Der Mais für die Herstellung des Polentagriesses wird ausschliesslich auf der Magadinoebene angebaut. «Wir verwenden eine Hartmaissorte, die sich von den Maissorten für Futterzwecke deutlich unterscheidet», erklärt Paolo Bassetti. So weist das Korn der Hartmaissorte eine glasigere Beschaffenheit auf: Die Fruchtschale des Korns ist dicker und verleiht der Polenta nach der Verarbeitung Struktur.

Von der Ernte bis zur Mühle

«Der Ernteprozess ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität des Endprodukts», erläutert Paolo Bassetti weiter. Statt den Mais auf dem Feld zu dreschen, werden die ganzen Kolben geerntet. Im Verarbeitungszentrum in Cadenazzo durchlaufen die Kolben dann eine gründliche visuelle Qualitätskontrolle, bei der verschimmelte oder mangelhafte Kolben von Hand aussortiert werden und schliesslich in Trocknerzellen getrocknet werden. Erst nach dem Trocknen werden die Kolben gedroschen und weiter gesiebt, um missgebildete Körner oder andere Verunreinigungen zu entfernen.

Die Krönung dieses sorgfältigen Prozesses ist die Vermahlung des Maiskorns in einer kleinen Mühle. Diese Methode ermöglicht es, die verarbeitete Menge an die Nachfrage anzupassen und die Frische des Produktes zu gewährleisten. «Wir vermahlen das ganze Korn, so wie es die die Tessiner Tradition vorschreibt», erklärt Paolo Bassetti. «Dieser unvergleichliche Produktionsprozess verleiht dem Tessiner Polentagriess seinen einzigartigen Geschmack und seine hohe Qualität», sagt Paolo Bassetti abschliessend.

Tessiner Kastanienmehl

[IMG 4]Seit einiger Zeit wird im Tessin an der Wiederbelebung des Kastanienbaums und seiner Früchte gearbeitet. Nachdem die Kastanie im Tessin in der Vergangenheit nur noch in bescheidenem Umfang und in kleinen Mengen geerntet wurde, entschied sich Paolo Bassetti 2006 in Zusammenarbeit mit dem Verband der Kastanienanbauer dazu, eine systematische und organisierte Kastanienernte zu fördern. Der Anreiz hierbei war, eine beträchtliche Menge an Kastanienmehl auf den Markt zu bringen. Was folgte, war eine beeindruckende Welle der Begeisterung, die sich über das gesamte Tessin erstreckte. In nur wenigen Wochen wurden über 40 Tonnen frische Kastanien gesammelt, um sie für die weitere Verarbeitung vorzubereiten.

Bei der Verarbeitung durchlaufen die frischen Kastanien dann einen sorgfältigen Prozess, der ihre Qualität und Reinheit sicherstellt: Sie werden getrocknet, geschält und danach werden alle Früchte mit Mängeln oder Schimmel aussortiert. Erst nach diesen aufwändigen und anspruchsvollen Schritten gelangen die Kastanien in die Mühle, um zu feinem Mehl verarbeitet zu werden.