Mit der Unterzeichnung einer Selbstverpflichtung gibt sich der Kirchenkreis 3 der Stadt Zürich den Auftrag, eine tierfreundliche Kirche zu werden. Damit noch mehr Kirchgemeinden das Tierwohl auf ihre Agenda setzen, dafür engagiert sich der Arbeitskreis Kirche und Tiere. Akut unterstützte unter anderem auch die Hornkuh-Initiative. Die BauernZeitung hat sich mit dem Präsidenten und der Geschäftsführerin über das Engagement des Vereins unterhalten.

 

Arbeitskreis Kirche und Tiere

Der Arbeitskreis Kirche und Tiere (Akut) sieht sich als Schnittstelle zwischen Kirche und Tierschutz und möchte aus kirchlichen Kreisen heraus in der Kirche ein Verständnis für Tiere als Mitgeschöpfe schaffen.

Für den respektvollen Umgang mit Tieren hat der gemeinnützige Verein folgende fünf Grundsätze formuliert, welche die Kirchgemeinden auf der Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung umsetzen können:

  • Die mitgeschöpfliche Würde von Tieren achten.
  • Tierfreundlich beschaffen und konsumieren.
  • Lebensräume für Tiere schaffen und schützen.
  • Tieren im kirchlichen Leben und Denken Raum geben.
  • Unterstützen von Organisationen mit tierethischem Fokus.
  • Bis jetzt hat eine Handvoll Kirchgemeinden die Selbstverpflichtung unterzeichnet. 

Weitere Informationen:

BauernZeitung: Was ist Ihr persönlicher Bezug zu Tieren, und haben Sie sogar einen zur Landwirtschaft?
Eveline Schneider Kayasseh (esk): Ich wuchs in der Innerschweiz auf. Meine Grosseltern hatten einen Bauernhof, der seit Generationen in der Familie ist. Heute wird er von einem Cousin bewirtschaftet. So hatte ich schon früh einen engen Bezug zu Tieren und der Natur. Tiere habe ich von klein auf als Verwandte wahrgenommen.

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Christioph Ammann (cha): Ich bin mit Katzen in einem Pfarrhaus auf dem Land aufgewachsen; also weder Städter noch Bauernkind. Schon als Kind beschäftigten mich das Essen und damit verbunden das Töten von Tieren. Das Thema löste bei mir Fragen aus.

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Weshalb muss sich die Kirche um Tiere kümmern?
cha: Die Tierthematik ist ein wichtiges Thema, gerade für die Kirche und mich als Christ. Es kommt eigentlich wenig vor, weil alle denken, die Kirche hat nichts mit Tierschutz zu tun. Aber der Glaube betrifft das ganze Leben und Tiere gehören da unbedingt dazu.

Die gesamte Schöpfung ist gerade in einer Krise. Wir sollten sie weniger als Verbrauchsressource sehen, sondern ihr mit mehr Respekt begegnen. Momentan gibt es weit mehr Tiere, die wir (be)nutzen als Wildtiere. Ich glaube, wir als Kirche haben eine Verantwortung, das Verhältnis zu den Tieren zu überdenken. Wir haben als Institution einen recht grossen Impact.

Was meinen Sie damit?
cha: Die Kirche verbraucht sehr viel Fleisch. Es wird häufig gekocht und gegessen. Da gibt es zum Beispiel den Mittagstisch, wir haben Anlässe und Apéros und hier in Witikon betreiben wir sogar ein Bistro. Da können wir nicht einfach sagen: Es ist uns Wurst, was auf den Tisch kommt. Wie wir uns ernähren, hat unmittelbare Auswirkungen, nicht nur auf die Tiere, sondern auch auf das Klima. Nachhaltigkeit ist für die Kirchen zurecht ein wichtiges Thema.

Wie kommen Sie nun gerade auf die Tiere? Es gäbe ja noch andere Tätigkeitsfelder, wie z. B. Klimawandel, Flüchtlinge oder Food Waste.
cha: Das gehört für mich alles zusammen. Den kirchlichen Slogan «die Bewahrung der Schöpfung» kenne ich, seit ich ein Bub bin. Bis heute ist dies ein wichtiges Thema. Es gibt da zum Beispiel das Label «Grüner Güggel», das ist ein Umweltmanagementsystem für Kirchen.

Bei Themen wie das Installieren von Sonnenkollektoren, Heizöleinsparungen oder das Umstellen auf Recycling-Papier geht das eigentlich sehr gut. Sobald es um Tiere geht, wird es schwierig. Der Klimawandel ist, glaube ich, in der Kirche angekommen, aber den Zusammenhang zwischen den Tiere und dem Fleischkonsum können noch nicht alle herstellen.

esk: Die intensive Tierhaltung trägt etwa durch die Emission von Treibhausgasen massiv zum Klimawandel bei. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft selbst auch von diesem Wandel betroffen. Mit unserem gegenwärtigen Konsum- und Lebensstil schaden wir also nicht nur den Tieren – die in diesem Kontext als «Nutzware» und nicht als leidensfähige Wesen wahrgenommen werden – sondern auch uns selbst.

Ich wuchs in einem Umfeld auf, in dem die Zahl der Kühe überschaubar war und die Tiere einen Namen statt Nummern hatten.

Als Alternative vegetarisch oder vegan gäbe es ja noch den Ansatz tierfreundlich und regional?
esk: Auf jeden Fall unterstützen wir den lokalen Ansatz. Ausserdem raten wir, bei der Beschaffung auf biologisch hergestellte Lebensmittel und Fairtrade-Labels zu achten, vielleicht sogar durch eine direkte Zusammenarbeit zwischen Kirchen und Bauern vor Ort. Davon könnten beide Parteien und auch das Klima profitieren.

Gehören zum Tierwohl auch Hörner dazu? Sie unterstützten die Hornkuh-Initiative, sind aber gegen die Anbindehaltung.
cha: Das Konzept von der Würde des Tiers ist nicht so einfach zu verstehen. Mit dem Enthornen verletzen wir die Integrität der Tiere. Die Initiative war eine gute Gelegenheit, das aufzuzeigen. Ich möchte betonen, wir unterstützten die Sache als Verein und nicht als Kirche.

esk: Das Horn ist ein Organ, das für Kühe in vielerlei Hinsicht wichtig ist, so zum Beispiel für die Kommunikation oder die Regulierung der Körpertemperatur. Es darf nicht sein, dass der Mensch Tiere zurechtschneidet oder -bastelt, damit sie in die industrielle Viehhaltung hineinpassen und dabei ihre Würde massiv missachtet.

Sind in einer tierfreundlichen Kirche unter den Kirchgänger(innen) auch Tiere anzutreffen?
cha: Das könnte ein Aspekt von Tierfreundlichkeit sein. Es gibt in der Kirche offener St. Jakob in Zürich ab und zu Gottesdienste, bei denen man sein Tier mitbringen darf. Es ist wichtig, dass es Tiere sind, für die ein solcher Anlass keinen Stress bedeutet. Auf den Friedhöfen in Zürich existiert aber leider ein Hundeverbot.

A propos Friedhof: Wir stellen fest, dass es Leute gibt, die stark um den Verlust ihres geliebten Tiers trauern. Sie möchten mit ihrer Trauer ernst genommen werden. Solchen Menschen möchten wir seelsorgerisch beistehen. Auf dem Friedhof Nordheim in Zürich soll es in Zukunft die Möglichkeit geben, dass Tier und Mensch gemeinsam beerdigt werden können.

Ist das ein eher städtisches Phänomen?
cha: Vielleicht werden solche Mensch-Tier-Gräber in gewissen Regionen der Schweiz als Mumpitz angeschaut. Ich denke jedoch, dass auch auf dem Land das Verhältnis zu den Haustieren eng ist und um sie getrauert wird. Das Bedürfnis, in seiner Trauer ernst genommen zu werden, gibt es sicher nicht nur in der Stadt.

Haben Sie ein Lieblingstier?
esk: Ich mag eigentlich alles, was Fell, Federn oder Flossen hat (lacht). So ganz spontan würde ich sagen, katzenartige Tiere.

cha: Ich mag ebenfalls Katzen. Sie haben ihren eigenen Kopf.