Eine Lücke könne geschlossen werden, argumentieren die Intitianten für die Entwicklung eines Naturparks im Tösstal. Denn ausser im Schaffhausischen gebe es in der Nordostschweiz bisher noch keinen. Der Gemeindeverband Pro Zürcher Berggebiet startet diesen Sommer eine Machbarkeitsabklärung, wie sie am Dienstag den Medien mitteilten.


Ein regionaler Naturpark hat keine schützenswerte Kernzone wie der Nationalpark. Es sind generell keine Vorschriften daran gebunden. Umzonungen würden nicht vorgenommen.

Bedingungen für das Label «Regionaler Naturpark» sind die Mindestgrösse von 100 km2, das Gebiet muss ganze Gemeinden umfassen und die Gemeinden müssen eine intakte Natur aufweisen. Letzteres wird anhand eines Punktesystems geprüft.

Allfällige Befürchtungen, dass in einem Naturpark konventionelle Landwirtschaft nicht mehr betrieben werden könnte, bewahrheiten sich also nicht.

«Wenn wir einen Hofladen-Weg lancieren, werden die Gäste natürlich nur zu denjenigen Bauernhöfen geführt, die auch mitmachen möchten», beruhigt Stefan Forster auch weitere Ängste. Forster entwickelt mit im strategischen Kernteam. Der Leiter des Forschungsbereichs Landschaft und Tourismus der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften hat bereits zahlreiche Tourismus-Projekte und Pärke mit konzeptioniert.


Grenzen noch nicht abgesteckt


Wo dieser regionale Nationalpark anfangen und wo er enden soll, ist noch nicht definiert. Klar ist, dass er über die Kantonsgrenzen hinaus ragen soll. Anreinergemeindem in den Kantonen St. allen und Thurgau sollen miteinbezogen werden.

Die Gemeinden Schlatt, Hof­stetten, Bichelsee/Balterswil, Wildberg, Turbenthal, Wila, Fisch­ingen, Sternenberg, Bauma, Bäretswil, Fischental, Hinwil, Wald und Eschenbach/Goldingen, also die Gemeinden, die unter Pro Zürcher Berggebiet zu­sammenarbeiten, werden mit grosser Wahrscheinlichkeit Teil des Naturparks werden. Ob weitere dazustossen, ist in Abklärung.


Mit den bestehenden 19 Naturpärken habe die Schweiz bisher eher wenige im Vergleich zu Deutschland und Österreich, zeigt Stefan Forster auf. Doch trotzdem soll das Konzept das Einzigartige der Region berücksichtigen, damit sich der Naturpark Zürcher Oberland von der Konkurrenz abheben könne.


Was genau die Einzigartigkeit ausmacht, sei genau wie die Absteckung der Grenzen Objekt der Machbarkeitsabklärung. Auf die Frage nach ersten Ideen, antworten die Initianten mit:
- Nähe zu Millionenstadt
- Nagelfluh-Landschaften
- Reiche Industriegeschichte. Letzteres hatte im vergangenen Sommer in der Serie des Schweizer Fernsehens «anno 1914» bereits grosse Medienpräsenz.

Und mit der Marke «Natürli» sowie vielen Freizeit- und Gastro-Angeboten in der Region sei bereits eine starke Infrastruktur vorhanden. Das bisherige Schaffen von Pro Zürcher Berggebiet (PZB) kann als Vorleistung betrachtet werden, genauso wie die Arbeit von Zürioberland Tourismus. Das Landschaftsqualitätsprojekt Zürcher Oberland, das von PZB begleitet wurde, wird auch als Vorleistung genannt.

Baulich würden einige Informationszentren aufgestellt werden müssen. Ansonsten müsse sich nicht viel verändern, wie Ernst Kocher, Präsident von Pro Zürcher Berggebiet, aussagt.

Neckertal gescheitert, Schaffhausen geglückt


Nicht lange her ist eine ähnliche Idee im sanktgallischen Neckertal entstanden. Dort wollten drei Gemeinden zusammenspannen und einen Naturpark lancieren. Das Projekt ist an der Urne gescheitert. Im Kanton Schaffhausen hingegen befindet sich der Naturpark gerade im Endspurt seiner vierjährigen Entwicklungsphase, und wirbt unter den Stichworten «Randen, Reben, Rhein» um Touristen. Dabei zeigt er auch auf, dass nicht nur kulinarische oder Erlebnisangebote vom Naturpark-Label profitieren

können. Sie entwickelten das «Schaffhauser Haus», das ausschliesslich mit Rohstoffen und durch Handwerker der Region gebaut wird. Ein ambitioniertes Vorhaben, dessen Erfolgsquote noch abzuwarten ist.


Die Initianten stützen sich breit ab


Das strategische Kernteam besteht aus der Leitung von Pro Zürcher Berggebiet und dem Fachbereich Landschaft und Tourismus der ZHAW. Dazu wurde eine Begleitgruppe gegründet mit Vertretern aus verschiedenen Wirtschaftsbranchen, Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, Tourismus, Natur- und Kulturverbände, kantonale Verwaltung und Gemeindebehörden. Es soll also von allen Seiten getragen werden, auch wenn nicht alle direkt davon profitieren.

Die Gemeinden werden voraussichtlich einen Beitrag zum Budget leisten. Ernst Kocher, PZB-Präsident, ist aber pragmatisch: «Profitieren können nur diejenigen, die aktiv mitmachen, ein Produkt anbieten und dies mit den Naturpärken bewerben. Wer nichts tut, gewinnt nichts».

Zahlen und Fakten zum Projekt

Das Jahresbudget wird, so schliesst Stefan Forster aus bestehenden Naturparks, rund eine Million Franken betragen. Der Bund steuert jährlich 20 Millionen an das gesamte «Schweizer Naturpärke»-Projekt bei.

19 solche sind in der Schweiz zu finden und werden fleissig beworben auf Postautos, Plakatwänden und in der Fernsehwerbung. «Das Netzwerk mit den Schweizer Naturpärken öffnet unsere finanziellen Möglichkeiten um Längen und bietet uns eine gut positionierte Plattform», weibelt Martin Dubach, der Geschäftsführer von PZB.

Bis Ende 2016 will PZB die Machbarkeitsprüfung abgeschlossen haben und die Ergebnisse präsentieren. Für diese Phase sind 70'000 Franken bewilligt, die zum Teil von den drei involvierten Kantonen (SG, TG und ZH) stammen und zum Teil von Pro Zürcher Berggebiet selber.

Nadine Baumgartner