Ausgerechnet. Das ist das einzige, was sich im ersten Moment sagen lässt, wenn Lukas Jost sein jüngstes Erlebnis erzählt. Auf dem Hof des Landwirts in Wohlen bei Bern wurde eine Wiesenmilch-Tafeln verunstaltet. Jost betreibt muttergebundene Kälberaufzucht (MuKa). In diesem System bleiben die Kälber bei ihren Müttern, die aber wiederum weiterhin als Milchkühe im Einsatz stehen. Das Tierwohl wird auf Josts Betrieb bewusst ganz gross geschrieben. Und nun muss ausgerechnet er sich mit einer solchen Sachbeschädigung befassen.
Landwirt deponiert eine Reaktion neben der Tafel
«Vielen Dank für deine kreative Betätigung an unserem Plakat. Ein Picasso bist du jedoch nicht», antwortet Lukas Jost auf einem Schreiben, das er direkt neben der verschmierten Tafel anbringt. Sich bei der IP-Suisse melden und einfach eine neue Tafel verlangen, mag er nicht. «Ich lasse sie hängen und schreibe meine Korrekturen dazu», sagt Jost auf Anfrage der BauernZeitung. Es sei für ihn in Ordnung, eine andere Meinung zu haben, aber dieses Vorgehen entspreche keiner für ihn sinnvollen Kommunikationsform – insbesondere dann nicht, wenn man keine Ahnung habe.
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Artgerechtes Leben für Kuh und Kalb
«Ich habe das Gefühl, den Kälbern und Milchkühen durch MuKa ein artgerechteres Leben zu geben», sagt er. Lukas Jost hat keine konkrete Idee, wer für die beleidigende Schmiererei verantwortlich sein könnte. Alles auf seinem Hof passierte transparent. An einem öffentlichen Wanderweg gelegen, sei man sich Zuschauer und auch kritische Beobachter gewohnt. «Alles ok», so Jost. Dass solche Kritiker irgendwann aber auch den Stall betreten könnten, macht ihm aber kein gutes Gefühl. Wenn sie dort hinschauen würden, wo tatsächlich Übertritte beim Tierwohl passierten, sei das für ihn ja noch nachvollziehbar. Aber auf einem Hof, wo man sich regelrecht dem Tierwohl verschreibe – nicht. «Ja, ich esse Fleisch. Und ja, auch von unseren Rindern werden manche geschlachtet.» Das müssten seiner Ansicht nach auch nicht alle für gut empfinden. Er hofft auf eine Antwort, vermutet aber, dass es nie zu einem Gespräch kommen wird. Dafür fehle den Leuten dann meist doch der Mumm.
Was sagt IP-Suisse zum Vorfall?
Die IP-Suisse bedauert auf Anfrage der BauernZeitung die Verunstaltung einer Wiesenmilch-Tafel sehr. Der Wille, der IP-Suisse-Bauern, die Gesellschaft transparent zu informieren werde hier sehr strapaziert. «Die geschriebenen Aussagen qualifizieren den Autor aber ausgezeichnet», sagt Geschäftsführer Christophe Eggenschwiler. «Wir wissen aber, dass diese Verunstaltung ein isolierter Fall ist und sicher nicht die Meinung der Mehrheit entspricht», ergänzt er. Falls weitere solche Aktionen beobachtet würden, biete die Geschäftsstelle den betroffenen Produzenten Unterstützung an, ergänzt er.
Gerade die Labelproduktion garantiere hohe Standards betreffend Tierwohl und Umwelt – die Kritik entbehre jeglicher Grundlage. «Wir ermuntern Personen, mit Fragen direkt an die Produzenten oder auch an die Geschäftsstelle der IP-Suisse zu gelangen – im Dialog können viele Missverständnisse vermieden werden.» so Eggenschwiler.