Weniger Milchkühe und Kühe insgesamt, dieser Trend ist bekannt. Laut dem statistischen Monatsheft von Agristat ist das Bild ein anderes, wenn man den Gesamtbestand des Rindviehs betrachtet: Dank einer Zunahme bei jüngeren, weiblichen Tieren, werden in der Schweiz 2022 knapp 9'000 Tiere oder 0,6 Prozent mehr Rindvieh verzeichnet.

Tiere bleiben länger im Bestand

Die Statistiken von Agristat beruhen auf Daten der TVD, für 2022 handelt es sich noch um Schätzungen. Man sieht für die Zunahme der Anzahl jüngerer, weiblicher Rinder zwei Erklärungen:

  • Immer mehr Weide- und Grossviehmast führt dazu, dass weniger Kälber geschlachtet werden und die Tiere länger im Bestand bleiben.
  • Aufgrund des Spermasexings nimmt der Anteil der Geburten von weiblichen Tieren weiter zu, aktuell stünden dadurch 15 Prozent mehr weibliche als männliche Kälber zur Verfügung. Ein Ende dieses Trends zeichne sich nicht ab.

Keine negativen Folgen für die Preise

Die steigenden Milchpreise konnten den Rückgang des Schweizer Milchkuhbestands bisher nicht bremsen. Wie Agristat schreibt, könnte es ähnlich wie 2018 wegen der durch Trockenheit und hohe Preise angespannten Futtersituation zu einer verstärkten Reduktion des Bestandes kommen. «Dies sollte die Schlachtviehpreise aber kaum negativ beeinflussen», heisst es weiter. Dies, weil der Inlandanteil beim Grossvieh zurzeit bei lediglich 75 Prozent liege.

Wolf macht Hobbyhaltern zu schaffen

Auf Landwirtschaftsbetrieben werden wie schon 2021 auch in diesem Jahr mehr Schafe gehalten,  gleichzeitig geht die Fleischproduktion weiter zurück. Die Schlachtviehstatistik umfasse aber auch Tiere aus Hobbyhaltungen. Daher vermutet Agristat, dass die Hobby-Schafhaltung trotz guter Marktpreise abnehme. Vielleicht gebe es da einen Zusammenhang mit der wachsenden Wolfspopulation durch die das hobbymässige Halten von Schafen möglicherweise noch stärker an Attraktivität einbüsse, als dies für Landwirtschaftsbetriebe der Fall ist.

Schweinehalter machen 27'000 Franken Verlust

Nach einem Ausbau des Schweinebestands als Reaktion auf die Corona-bedingt gute Nachfrage 2020 hat der Einkaufstourismus wieder zugenommen. Es treffen ein grösserer Bestand und eine reduzierte Nachfrage aufeinander, die Produzentenpreise sind bekanntlich tief. Eine Reduktion der Produktion um zwei bis drei Prozent würde gemäss Agristat ausreichen,  um für eine Erholung zu sorgen. Momentan reduziere sich der Produktionswert der Schweinebranche um rund 150 Millionen Franken, was schätzungsweise einem Verlust von 27'000 Franken pro Schweinehaltungsbetrieb entspreche. Mehrkosten sind hierbei nicht eingerechnet.

GVE oder Tierzahlen?
Für die Betrachtung des Gesamtbestandes der Nutztiere in der Schweiz gibt es zwei Möglichkeiten: Über die Anzahl GVE oder die Anzahl Tiere. In der Diskussion um die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) hatte die Gegnerseite dem Bundesrat einen «GVE-Schwindel» vorgeworfen, da mit dem Anteil GVE argumentiert wurde, der bereits Auslauf hat. Da das Geflügel die Tierzahlen mit 80 Prozent am Gesamtbestand dominiert, funktioniert diese Argumentation nur mit GVE, die primär (zu 72 Prozent) vom Rindvieh bestimmt werden. «Beide Darstellungen haben ihre Berechtigung und sollten angemessen verwendet werden», findet Agristat.
Für 2022 lässt sich – basierend auf Schätzungen – bisher sagen, dass die Anzahl GVE in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr um rund 6'000 GVE oder 0,5 Prozent zugenommen hat. Langfristig sei aktuell nur beim Geflügel mit einem stetigen Wachstum und entsprechenden Auswirkungen auf die Anzahl GVE zu rechnen.

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