Im Laden oder der Käserei wird gekauft, was schmeckt – und idealerweise sollte auch das produziert werden. «Normalerweise spielen die Vorlieben von Konsument(innen) eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Optimierung des sensorischen Profils eines Lebensmittels», schreiben Forschende vom neuen Kompetenzzentrum für Rohmilchprodukte in einer aktuellen Konsumentenstudie. Bei Produkten mit geschützter Ursprungsbezeichnung wie dem untersuchten Vacherin Fribourgeois AOP sei das etwas anders: Die Anforderungen an die Sensorik würden stärker durch die Verwendung bestimmter Rohstoffe, traditioneller Herstellungsverfahren oder die Produktherkunft – gesamthaft dem Terroir – definiert. Beim Vacherin gibt es Spielraum bei der Milch (roh oder thermisiert) und der Reifezeit.

Roh und lang gereift ist keine gute Kombination

In der Konsumentenstudie wurde 245 Teilnehmenden Vacherin-Fribourgeois-Käse in vier Varianten vorgesetzt: jeweils jung (7 Wochen gereift) und reif (12 Wochen gereift) aus thermisierter Milch und jung (6 Wochen gereift) und reif (15 Wochen gereift) aus Rohmilch.

«Bei fast der Hälfte der Teilnehmer stand bei der Beliebtheit einer der beiden Rohmilchkäse an erster Stelle», halten die Autoren fest. Da bisher nur rund fünf Prozent des Vacherin aus roher Milch hergestellt wird, sei offenbar das Marktpotential dieses Rohmilchkäses noch nicht ausgeschöpft. Allerdings war die reifere Version davon signifikant weniger beliebt.

Zu fest und zu salzig

Bei Rohmilchkäse reagierten die Teilnehmenden sensibler auf Abweichungen von ihrer Erwartung an das Produkt als bei Vacherin aus thermisierter Milch, so ein weiteres Resultat der Studie. Insbesondere der 15 Wochen alte Vacherin aus roher Milch wurde als zu fest, zu wenig cremig, zu salzig und zu intensiv im Aroma beurteilt. Ausserdem war er vielen zu bitter. Es sollte daher in Betracht gezogen werden, den aus Rohmilch hergestellten Vacherin nicht allzu lange auszureifen, schlussfolgern die Autoren.

Das Ergebnis ist abhängig von den Befragten

Die Konsumentenstudie fand zu einem grossen Teil an den Tagen der offenen Türen in Grangeneuve statt. Da dabei die Einweihung des neuen Kuhstalls im Zentrum des Interesses stand, ist es für die Forschenden nicht verwunderlich, dass die meisten Teilnehmer männlich, mittelalterlich, französisch-sprachig und wohnhaft auf dem Land waren. Ausserdem essen sie nach eigenen Angaben regelmässig Käse und haben beruflich mit Lebensmitteln zu tun. Angesichts des grossen Einflusses persönlicher Erfahrungen und Erwartungen im Zusammenhang mit Käse, dem kulturellen Hintergrund der Teilnehmenden und deren Herkunftsregion, wäre die Ergebnisse der Studie andernorts mit anderen Beteiligten «mit grosser Wahrscheinlichkeit anders ausgefallen», geben die Forschenden zu bedenken.

 

Ursprünglich aus roher Milch
Obwohl heute 95 Prozent des Vacherin Fribourgeois AOP aus thermisierter Milch hergestellt werden, war diese Käsesorte in ihren Ursprüngen ein Produkt aus roher Milch. Wie in der Studie erklärt wird, stammt der Name Vacherin von «Vaccarinus» ab, einer Bezeichnung aus dem Lateinischen für einen kleinen Kuhhirten. Dieser junge Hirte habe in früheren Zeiten dem «Vaccarius» geholfen, der für die Betreuung der Kühe (Vacca) zuständig war. Der «Vacherin» ist demnach ein kleiner Käse, den die Hirten für ihren persönlichen Gebrauch aus Rohmilch hergestellt haben.