BauernZeitung: Welche Urner Landwirtschaft erlebten Sie beim Start als Vorsteher des Amts für Landwirtschaft?


Markus Baumann:Viele Urner Landwirtschaftsbetriebe waren damals schon sehr klein strukturiert. Es gab kaum einen Betrieb, der nicht einem Nebenerwerb nachgehen musste.


Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Der Druck von der Planwirtschaft zur freien Marktwirtschaft wurde durch den Bund stark forciert. Die Milchkontingentierung wurde aufgehoben, die produktbezogenen Direktzahlungen verschwanden immer mehr. Die Bundesvorschriften werden jedes Jahr zahlreicher.


Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Situation der Urner Bauern?

Im Durchschnitt aller Urner Landwirtschaftsbetriebe ist das landwirtschaftliche Einkommen weiterhin sehr tief. Die Bauernfamilien im Berggebiet sind auf die Direktzahlungen angewiesen. Einzelne Betriebe konnten sich jedoch flächenmässig vergrössern oder mit Direktvermarktung und Agrotourismus ein zusätzliches Stand
bein schaffen.

Was sind die Meilensteine Ihrer Amtsjahre seit 2006?

Der Landerwerb zugunsten des Tourismusresorts in Andermatt war eine grosse Erfahrung. Das Projekt war stark in Frage gestellt, da der Landerwerb ins Stocken geriet. Der damalige Regierungsrat Isidor Baumann und ich konnten dank einem klaren Konzept den Land-erwerb in knapp zwei Jahren umsetzen. In unzähligen persönlichen Gesprächen mit den Landwirten und weiteren privaten Eigentümern suchten wir die bestmöglichen Lösungen. Ich glaube, das ist uns mehrheitlich gelungen.

Mit dem Projekt «Lanuwo» (Landwirtschaft Uri wohin?) versuchten wir, die Urner Landwirtschaft auf ihre Stärken und Schwächen zu analysieren und daraus die Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Entwicklung zu schaffen. Wir haben gemeinsam mit verschiedensten Interessenvertretern und Branchen die Grundlagen für viele Massnahmen erarbeitet. Es zeigte sich, dass wir nur in kleinen Schritten vorwärtskommen können und wenn die betroffenen Landwirte aktiv mitmachen.


Was meinen Sie zur Agrarpolitik 2014–17?

Das war für mich eine grosse Herausforderung. Das Berggebiet sollte zu den Gewinnern gehören und das – glaube ich – haben wir erreicht. Der Kanton Uri wird in diesem Jahr drei Millionen mehr Direktzahlungen vom Bund erhalten. Klar gibt es auch einzelne Verlierer im Kanton Uri, aber über das Gesamte gesehen haben wir mit unserem Einsatz einiges erreicht.


Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der Politik und den bäuerlichen Organisationen?

Die Vorsteher der Landwirtschaftsämter der Zentralschweiz kommen regelmässig zusammen, und wir haben in den letzten Jahren versucht, die Probleme möglichst gemeinsam anzupacken. Das Gleiche gilt auch für die kantonalen Organisationen und Verbände, den Zentralschweizer Bauernbund, die SAB, SAV usw. Gemeinsam versuchten wir, die grossen Veränderungen in der Landwirtschaft und ihrem Umfeld zugunsten der Landwirtschaft zu beeinflussen. Leider konnte ich dies vom Schweizerischen Bauernverband nicht sagen. Ich hatte immer das Gefühl, dass er sich mehr für die Anliegen des Mittellandes einsetzte.


Wie beurteilen Sie das Image der Landwirtschaft?

Ich glaube, die Landwirtschaft hat nach wie vor den Goodwill der Bevölkerung, aber es ist erschreckend, wie wenig sie von der eigentlichen Arbeit einer Bauernfamilie weiss. Mich wundert es daher nicht, dass die Stadtbevölkerung sich immer mehr die heile, idyllische Welt wie zu Gotthelfs Zeiten vorstellt, aber gleichzeitig nicht merkt, dass dies seinen Preis hat. Viele glauben sogar, die Direktzahlungen werden direkt auf das Sparkonto überwiesen.


Was raten Sie den Urner Bauern für die Zukunft?

Viele Bauernfamilien haben leider die Kosten zu wenig im Griff. Es gibt viel Sparpotenzial, vor allem bei grossen Investitionen. Auch beim Rindvieh bin ich überzeugt, dass vermehrt auf ein Tier für das Berggebiet und speziell für die Alpen gezüchtet werden sollte, statt auf Hochleistungstiere. Ich persönlich hoffe, dass unsere Bauernfamilien weiterhin ihren Berufsstolz beibehalten.


Interview Josef Scherer