"Häh, was soll das?" Offenbar hat der Blick des Wanderers gerade die drei raffiniert postierten, eleganten weissen Pfosten am Rand des Weizenfeldes getroffen. Von weitem liest er in grossen Lettern "Kaugummi", "Kernkraft" und "Liegewiese". Und die passen auf den ersten Blick tatsächlich nicht wirklich zum Hintergrund. Im Kleingeschriebenen unter den Lockwörtern findet er aber die kurzen Erklärungen dazu. In diesem Fall geht es um Teigreife, Mehlkörper und Lagerweizen.

Von Anfang an polarisierend

Seit über zehn Jahren stehen die weissen Lockpfosten schon fast kunstvoll platziert an Feldrändern, vor Kuhweiden, im Wald oder an anderen Orten, wo Bauernfamilien am Werk sind. Von Anfang an dabei war der Texter Matthias Diener. "Ursprünglich schwebte den Auftraggebern ein Öffentlichkeitsarbeits-Projekt mit den üblichen Feldrandtafeln vor", sagt der Agronom. Er konnte der Idee aber wenig abgewinnen, die Schweizer Landschaft mit immer gleichen textlastigen Tafeln zu überstellen. Etwas Subtileres sollte es sein.

So entstand die Idee mit den rätselhaften Wörtern an den blitzblanken weissen Pfosten, die wie Fremdkörper in der Landschaft stehen und gerade deshalb die Leute anlocken sollten.
Das Projekt polarisierte von Anfang an. Den einen waren die Lockpfosten zu intellektuell, andere hingegen waren begeistert. Mittlerweile hat Matthias Diener Lockpfosten zu 33 Themen entwickelt.

Das Projekt ist ein fixer Bestandteil der Basiskampagne "Gut, gibt‘s die Schweizer Bauern" des Schweizer Bauernverbandes. Neue Produkte wie die Hofpfosten und die Spezialpfosten sind dazugekommen. Letztere werden von den Bauern mitbezahlt und bleiben jeweils auf den Betrieben, die Lockpfosten hingegen wechseln jedes Jahr den Standort. Und das ist mit einem beachtlichen logistischen Aufwand verbunden.

Das Stellen muss geübt sein

Die Lockpfosten müssen sich sauber, frisch gestrichen und gut platziert präsentieren. Das hört sich einfacher an, als es ist. Zu Beginn wurde das Stellen der Pfosten noch den Bauern überlassen, für welche die Teilnahme am Projekt kostenlos ist.

Das war am Anfang vielleicht ein Grund, weshalb viele die notwendige Sorgfalt vermissen liessen. Diener schaut ernüchtert auf diese Zeit zurück: "Die Pfosten standen – wenn überhaupt – oft zwischen Kraut und Rüben, schief, verschmutzt und verwittert in der Landschaft." In einem Fall sei der Pfosten mitten im Zuckerrübenfeld gestanden andere hätten von Moos bedeckt in einer Hecke vor sich hin gemodert.

Für Diener war deshalb klar: "Wir mussten die Stellerei selbst übernehmen!"Heute ist ein Steller-Team am Werk, das im Frühling gemeinsam mit den Bauern die Pfosten am richtigen Ort einschlägt, diese im Winter wieder abholt und an die neuen Standorte transportiert.


Matthias Diener schlug in diesem Frühling seine letzten Lockpfosten ein. Der 68-Jährige geht nun in Pension und blickt zufrieden auf seine Zeit als Projektverantwortlicher für die Lockpfosten zurück. Diese hätten sich bei den Bauernfamilien als willkommene Hilfsmittel für die eigene Öffentlichkeitsarbeit etabliert. In Zukunft will sich der begeisterte Radfahrer nur noch von den Pfosten anlocken lassen: "Ich bin gespannt, wie sie sich weiterentwickeln."

David Eppenberger, lid

Mehr Informationen unter www.lockpfosten.ch