Betrachtet man die Differenz zwischen den Produzenten mit den niedrigsten und den höchsten Kosten, hat sich der Abstand seit 2006 verringert. Damals haben Regionen mit besonders niedrigen Kosten begonnen, intensiver zu produzieren. Ihre Kosten für Futter, Grundstückskäufe, Investitionen in landwirtschaftliche Infrastruktur und Arbeitskräfte stiegen.

Einige Beispiele: Seit 2002 haben sich in Irland die Bodenpreise, die Milchviehbetriebe zahlen, verdoppelt. In Victoria (Australien) und Neuseeland haben sie sich verdreifacht und in São Paulo (Brasilien) versechsfacht.

Höhere Bodenpreise und höhere Milchpreise haben den Wert des betrieblichen Produktionsvermögens (z.B. Kühe und Melk-Infrastruktur) gesteigert. Das nutzten die Bauern zu mehr Futterkäufen, höherer Besatzdichte und einer höheren Produktion pro Kuh. Das heisst, dass in diesen südlichen Ländern die Produktionsweise intensiver wird und die Bauern einige Praktiken der intensiven (Stall-) Milchviehbetriebe aus dem Norden übernehmen. Die Systeme vermischen sich zunehmend.

Ausnahme Irland

Seit 2006/07 haben die Preisschwankungen der Produktionskosten für alle Milchbauern zugenommen. Besonders stark davon betroffen sind die Intensivbetriebe. Weidebetriebe, die mehr zugekauftes Futter verwenden, fallen genauso darunter wie Milchviehhalter, die von den stärker schwankenden Dünger- und Energiekosten betroffen sind.

Im gleichen Zeitraum hat der Futterpreis grössere Schwankungen zu höheren Preisen gezeigt. Bei den extensiven Weidesystemen werden die Preisschwankungen mehr vom Wetter als von den Betriebsmittelpreisen angeheizt.

Irland war die Ausnahme, da die Kosten für die Milchproduktion nach 2008 wegen der Wirtschaftskrise nach unten gingen. Die meisten US-Milcherzeuger sind sowohl durch die Futterkosten als auch den Milchpreisschwankungen unter Druck.

Es ist zu erwarten, dass sich die hohe Schwankungsbreite der Milchpreise und der Produktionskosten fortsetzen wird. Betriebe, die in der Lage sind, ihren Betriebsmitteleinsatz und/oder ihre Kosten bei niedrigen Milchpreisen zu senken, sind dann im Vorteil, sagen Analysten der Rabobank.

Einfluss der Währungen

Seit vielen Jahren haben Neuseeland und Australien einen Milchüberschuss und daher gezielte Exportstrategien entwickelt. Im Gegensatz dazu war die Milchproduktion in der EU und den USA so geregelt, dass sie den Anforderungen des Binnenmarktes gerecht werden.

Noch vor zehn Jahren waren die Produktionskosten um mindestens 50 Prozent höher als in den südlichen Ländern. In der EU waren die Kosten der Milchquote eine zusätzliche Belastung.


Zwischen 2002 und 2012 gewannen die australischen und neuseeländischen Währungen um 90 und 75 Prozent gegenüber dem US-Dollar an Wert. Das senkte die Unterschiede in den Produktionskosten und machte die US-Exporte relativ wettbewerbsfähiger. Der starke Euro wirkte ähnlich, für europäische Exporteure erhöhten sich die Produktionskosten.

Futter gegen Zinsen

Die Futterkosten machen rund 60 bis 65 Prozent der gesamten Produktionskosten für intensive Fütterungssysteme der Freilandhaltung (sog. Feedlots, wie in den USA geführt) aus. In weidebasierten oder Mischsystemen, wie in Australien und Neuseeland, macht das Futter nur 20 bis 40 Prozent der Gesamtkosten aus. Zinszahlungen haben einen besonders grossen Anteil an den Gesamtkosten in den Regionen, in denen Zukäufe von Weideflächen zu einer höheren Verschuldung geführt haben.

Milchbetriebe sind weltweit immer noch überwiegend Familienunternehmen. So kann die nötige Arbeit oft unbezahlt oder durch Bezahlung in bar innerhalb der Familie erledigt werden. Allgemein gilt: Je grösser der Betrieb, desto höher die Kosten für zugekaufte Arbeit.


Die Analysten der Rabobank haben errechnet, dass die Abschreibungen wesentlich von der Qualität und dem Umfang der landwirtschaftlichen Infrastruktur und den Investitionen abhängt. Laufställe, moderne Melkanlagen und häufiger Ersatz von Landmaschinen sind die häufigsten Ursachen für hohe Abschreibungskosten. In einigen Ländern sind hohe Kosten für Produktionsquoten ein wichtiger Kostentreiber.

Intensiver heisst höhere Kosten

Im Jahr 2002 erhöhten sich in Neuseeland die Milchpreise während zweier Saisons um 42 Prozent. Gleichzeitig stieg der Arbeitsaufwand je Bauernhof um 33 Prozent pro Kilogramm Milchtrockenmasse (kgMS). Im Jahr 2007/08 stieg der Arbeitsaufwand um 72 Prozent, und in der Vorperiode stiegen die Zinskosten um 29 Prozent. Neuseelands Milchbauern haben ihre Betriebe intensiviert und die Produktion enorm gesteigert, und zwar hauptsächlich durch zusätzlichen Futtereinsatz.

Folglich hat sich der Anteil der Futterkosten an den Gesamtausgaben in den letzten 20 Jahren auf 24 Prozent mehr als verdoppelt.
Seit 2002 haben Neuseelands Milchviehbetriebe ihre durchschnittliche Verschuldung auf fast 20 NZD (20 neuseeländische Dollar, ca. 12,35 CHF) pro kgMS mehr als verdoppelt. Im Durchschnitt sind die Zinskosten jetzt 82 Prozent pro kgMS höher im Vergleich zu vor zehn Jahren, mit einer Spitze von 145 Prozent im Jahr 2009. Diese Schulden- und Zinskosten pro kgMS sind riskant.

Umweltfragen reduzieren Produktion

In immer mehr Ländern stehen die Milchbauern vor (höheren) Umweltkosten. In Neuseeland beruht die Mehrheit der Umweltkosten auf der Installation von neuen und verbesserten Abwassersystemen, was zu Mehrkosten von durchschnittlich NZD 250.000 (ca. 192'000 CHF) pro Betrieb führte.

Langfristig werden das Bauen zusätzlicher Infrastruktureinrichtungen und Veränderungen im Weidemanagement, um die Grenzwerte für Nährstoffausträge einhalten zu können, bedeutsamer werden. Viele Bauern werden in Uferbepflanzung oder den Bau von Schutzräumen für ihre Herde und/oder ihr Weidemanagement investieren müssen. Dazu zählen auch die Verringerung der Besatzdichte und/oder der Ausschluss von Mineralstofffutter und Stickstoffdünger. Mit weniger intensiven landwirtschaftlichen Nutzungssystemen lassen sich Umweltgrenzwerte leichter einhalten und die Produktionskosten senken, die Milchproduktion geht aber auch zurück.

Eine vorläufige Schätzung von DairyNZ zeigt, dass der Bau der erforderlichen zusätzlichen Infrastruktur zur Reduktion der Nährstoffverluste zwischen 1.500 und 3.000 NZD (1'150 und 2'300 CHF) pro Kuh kosten würde. Während die Betriebskosten zwischen etwa 5 und 16 Prozent fallen würden, würde sich die Produktion um etwa 5 bis 28 Prozent verringern.

Die meisten australischen Milchviehbetriebe haben ein gemischtes Produktionssystem, wo Weide mit Getreide ergänzt wird. Die Produktionskosten für die Milcherzeuger gehören so zu den niedrigsten der Welt. Allerdings sind Australiens Milchbauern mit einem Mangel an Arbeitskräften und steigenden Energiekosten konfrontiert.

Ausstieg aus der Milchquote

Auf lange Sicht, so die Analysten der Rabobank, kann die australische und neuseeländische Milcherzeugung sich wohl kaum darauf verlassen, allein über die Produktionskosten wettbewerbsfähiger zu sein. Ein starker Wechselkurs, gegenüber dem US-Dollar, spielt eine grosse Rolle.

Ein schwacher US-Dollar hat die Wettbewerbsfähigkeit für US-Exporte stark erhöht. Von sinkenden Futterkosten auf anderen Kontinenten werden Milcherzeuger mit intensiver Futternutzung am meisten profitieren.

Interessant wird es für die Wettbewerbsfähigkeit der Milchversorgung, denn wenn im Jahr 2015 die Milchquoten wegfallen, werden die EU-Länder die Produktion wahrscheinlich ausweiten. Milchbauern, die ihre Kapazitäten besser nutzen und ihre Erträge zu niedrigen Kosten steigern können, können da leicht mitmachen. Andere können ihre Herdengrössen erhöhen, beispielsweise von 40 auf 80 Kühe. Die Kosten werden durch den Kauf von Kühen, neuen Gebäude und Maschinen steigen, was für die Arbeitsbelastung nicht gelten muss – grössere und modernere Systeme können den Arbeitsaufwand pro Kuhplatz so weit senken, dass Aufstockungen ohne Mehrarbeit bewerkstelligt werden können.


Eine höhere Milchproduktion ist schwieriger, wenn betriebliches Wachstum und die ökonomischen Vorteile der Massenproduktion erforderlich sind. Dies hat sich in Regionen gezeigt, in denen die Grundstückspreise hoch sind oder Grundstücke nicht zum Kauf angeboten werden. In einem Land mit niedrigen Produktionskosten wie z.B. Irland ist das Wachstum zu grösseren Betrieben durch die vielen Besitzer von relativ kleinen Parzellen eingeschränkt: Pacht ist oft die einzige Option.

Vorteil niedriger Kosten

In vielen Ländern tragen die Betriebe, die in den letzten Jahren erweitert haben, jetzt eine deutlich höhere durchschnittliche Schuldenlast. Für Betriebe mit hohen Schulden wird ein steigender Zinssatz problematisch werden. Sie werden neue Geldquellen erschliessen oder sparen oder ihren Lebensstandard senken müssen. Die Rabobank-Analysten erklären, dass sie eine hohe Schwankungsbreite für die Milchpreise und auch die Produktionskosten erwarten. Betriebe, die in Überschusszeiten ihren Betriebsmitteleinsatz stark reduzieren können, sind dann stark im Vorteil.

Verarbeitung und Vermarktung wichtiger

Nur ein relativ geringer Teil der weltweit erzeugten Milchmenge wird international gehandelt. Die Rabobank-Analysten erwarten, dass dieser Markt fest in der Hand einer grösseren Anzahl von Exporteuren ist, für die der Weltmarkt nicht so wichtig ist: das Potenzial für Preisschwankungen bleibt hoch.

Allgemein gilt für die Zukunft: Eines der wichtigsten Erfolgskriterien für wettbewerbsfähige Exportunternehmen und Branchen wird die Effizienz in Verarbeitung und Vermarktung werden. Starker Marktzugang und etablierte Zuliefer-Beziehungen sind ein Muss, das gilt auch für die Milchbranche.

Wilfried Wesselink, lid