Ida Gschwend-Hörler ist 55 Jahre alt und Mutter von sieben Kindern: Zwei Töchter und fünf Söhne im Alter zwischen 36 und 19 Jahren. Die beiden Jüngsten wohnen noch zu Hause. Und sie ist stolze Grossmutter von vier Enkelkindern. Sie selber ist auf einem Bauernhof mit elf Geschwistern aufgewachsen und war sich insofern eine Grossfamilie gewöhnt.


Im der Wohngemeinde als Pöstlerin unterwegs


1988 konnten Gschwends den Hof «Nördli» im innerrhodischen Haslen übernehmen. Hier befand sich auch die Milchzentrale. Einige Jahre konnten Gschwends noch Land hinzupachten. Doch ab 2007 stand dieses nicht mehr zur Verfügung, und der Hof bot keine Existenz mehr. Heute stehen im Stall noch sechs Mutterkühe. Das Ehepaar sah sich gezwungen, zusätzlich auswärts Arbeit zu suchen.


Ida Gschwend konnte bei der Post Haslen als Zustellbeamtin anfangen. Als dann die Poststelle Haslen geschlossen wurde, konnte sie zur Poststelle Appenzell wechseln und ist hier nun stundenweise im Einsatz. Sie freut es sehr, dass sie in ihrem «eigenen» Bezirk – nämlich Schlatt-Haslen – als Pöstlerin

unterwegs sein darf.


Für sie ist es aber nicht nur ein Brief- und Päckliaustragen. Sie liebt den Kontakt mit der Bevölkerung. Viel Zeit bleibe zwar nicht für einen Schwatz, aber hie und da reiche es doch für ein paar Worte.


Von Hand gearbeitete Rosen für die Tracht


Das Einzugsgebiet ihrer Pöstler-Route ist gross. Angefahren werden auch entlegenste und hoch gelegene Höfe. Wie ist das im Winter? «Bis jetzt ist es immer gut gegangen», sagt sie. «Me mues halt efach odelig tue», ergänzt die Bäuerin.


Ihre Einsätze bei der Post sind unterschiedlich häufig, mal wird sie mehr aufgeboten, mal weniger. Je nach Ferienzeit oder Krankheitsabwesenheiten. «Mir wird es aber nie langweilig», sagt Ida Gschwend lachend. Sie zeigt auf die Nähmaschine im Nebenzimmer. Und führt gleich vor, was sie sonst noch macht: Schellenriemli nähen. Konkret näht sie die bunten Fransen an die Riemen. Das macht sie schon seit vielen Jahren als Heimarbeit für einen Appenzeller Vertreiber von Schellen in den verschiedensten Grössen. Tausende solcher Riemen habe sie schon genäht, erzählt sie, währenddem sie mit geübten Händen schon wieder einen fertig gemacht hat.


Man spürt, diese Tätigkeit bereitet Ida Gschwend Freude. Nicht nur, weil die Arbeit einen willkommenen Nebenverdienst einbringt. Reich werde sie davon nicht, fügt sie an. Es geht ihr auch um das Brauchtum. Das ist ihr sehr wichtig. Sie selber lebt es, indem sie an festlichen Anlässen die Tracht trägt.


Während des Gesprächs nimmt sie aus einer Tasche eine Handarbeit hervor. Es ist ein ganz spezielles Stück, nämlich eine angefangene «Ohrmuschel» für die Tracht. Ida Gschwend ist eine von wenigen Rosenmacherinnen, die es noch gibt. Im Rahmen von «Handwerker im Museum Appenzell» durfte sie auch dieses Jahr zeigen, wie so eine Rose hergestellt wird. Das Interesse an dieser feinen Handarbeit sei jeweils sehr gross. «Nicht nur bei den Touristen, auch bei den Einheimischen», so die Innerrhoderin.

In der Cherze-Chuchi entstehen unzählige Kerzen


Dass Ida Gschwend eine kreative Ader hat, zeigt sich auch in ihrer Cherze-Chuchi. Sie hat sie vor 14 Jahren dort eingerichtet, wo die Bauern früher ihre Milch ablieferten. Nachdem dieser Raum frei geworden war, habe sie sich überlegt, wie sie ihn wieder sinnvoll nutzen könnte. In einer Zeitschrift habe sie ein Inserat entdeckt, in dem ein «Kochherd» zum Kerzenziehen angeboten wurde. Sie packte die Gelegenheit beim Schopf.


In der Cherze-Chuchi entstanden in den vergangenen 
Jahren unzählige Kerzen. Zum einen kommen in der Vorweihnachtszeit viele Kinder in Begleitung von Erwachsenen zu Ida Gschwend, um Kerzen zu ziehen. Zum anderen stellt sie auch viele für sich her. Genauer gesagt für den Verkauf. Denn an der Viehschau, am Chläusler und am Weihnachtsmarkt hat sie jeweils einen Stand. Sie gestaltet aber auch Einzelstücke, persönliche Kerzen beispielsweise für Geburtstage, Hochzeiten, Taufen oder Todesfälle.

Damit werde sie nicht reich,  sagt Ida Gschwend, aber es sei ebenfalls ein kleiner Verdienst. Genauso wie das gelegentliche Servieren in einem nahe gelegenen Restaurant. Und selbstverständlich hilft sie auch auf dem Hof mit, wenn es nötig ist.

Bald beginnt für Lisa 
und Jimmeli die Saison


Im Stall der Familie Gschwend stehen noch zwei ganz besondere Tiere. Es sind dies die beiden Esel Lisa und Jimmeli. Noch geniessen die beiden ihre Ruhe, doch schon in einigen Wochen beginnt ihre Saison. Denn sie 
begleiten jedes Jahr die Chlausegruppe auf der Tour. Einige Termine seien bereits gebucht, verrät Ida Gschwend.


Vreni Peterer