Es soll wieder wie früher werden: "Hennen legen Eier, Hähne liefern Fleisch", wirbt die Detailhändlerin Coop.

Die Geflügelwirtschaft hat sich seit Jahrzehnten darauf fokusiert, Hühner zu züchten, die viele Eier legen – die Legehennen – und solche, die viel Fleisch ansetzen – die Mastpoulets.

Die Hühner sind zu hocheffizienten Spezialisten gezüchtet worden. Ein Gegenpol bildet die Zucht des Zweinutzungshuhnes, etwas salopp auch Kombihuhn genannt. Es ist eher ein Generalist, ein Huhn, das sich sowohl für die Eier- als auch für die Fleischproduktion eignet.

Kompromiss-Huhn mit guter Leistung

Ist das Zweinutzungshuhn die Lösung für die Zukunft? "Es wäre am sinnvollsten und ethisch korrektesten", meint Hansuli Huber vom Schweizer Tierschutz STS. Nachdem nämlich die Küken der normalen Legehennen geschlüpft sind, werden sie nach Geschlecht sortiert. Die Hennen werden gross gezogen, während die Hähne mit CO2-Gas getötet werden. Die Hälfte der Tiere wird also bei der Geburt "entsorgt".

"Coop setzt ein Zeichen gegen die Massentötung von Küken", sagte Basil Mörikofer von Coop in einer 10vor10-Sendung im Schweizer Fernsehen. Mit dem von der Firma Lohmann gezüchteten Dual Huhn möchte die Grossverteilerin ein Zweinutzungshuhn in der Schweiz einführen, bei welchen keine Küken mehr getötet werden müssen. "Die Informationen über das Huhn tönen vielversprechend", sagt Coop-Sprecher Ramon Gander.

Die Leistung des Dual Huhnes ist zwar schlechter als diejenige der Spezialisten, aber grösser als bei Landrassen. Während die spezialisierten Legehennen im Jahr etwa 300 Eier liefern und Masthühner ihr Schlachtgewicht in etwa 30 Tagen erreichen, sollen es beim Dual Huhn noch ca. 250 Eier sein und die Mastdauer ca. 60 Tage betragen. Eine Leistung, die sich sehen lassen kann.

Guter Poulet-Absatz

Mit einem Pilotprojekt untersucht Coop, welche Leistung das Kombihuhn in der Praxis erbringen wird. Im Januar 2014 hat die Detailhändlerin den Praxisversuch mit 5'000 Eintagsküken begonnen. Inzwischen sind die Hähne geschlachtet und verkauft. Die Poulets seien sehr beliebt gewesen und es habe viele positive Rückmeldungen von Konsumenten gegeben, ist von Coop zu erfahren.

Zum Futterverbrauch der Tiere hat die Grossverteilerin bis jetzt allerdings noch keine Angaben gemacht. Es ist jedoch klar, dass die Poulets mehr Futter benötigen, da sie doppelt so alt werden wie die "Spezialisten". Die längere Mastdauer hat auch mehr Arbeit und Stallflächen zur Folge, so dass die Produktionskosten der Mäster steigen werden. Da Hennen erst im Alter von etwa vier Monaten beginnen, Eier zu legen, lässt sich über die Legeleistung der Dual Hühner im Versuch noch nichts sagen.

Verteuern Produktion


Für Oswald Burch, Geschäftsführer von Gallo Suisse, der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten, ist klar, dass mit dem Kombihuhn die Produktion teurer wird. Seiner Meinung nach ist diese Züchtung etwas für Nischenbetriebe, aber nicht für den Grossteil der Eierproduzenten.

Für den Erfolg des Kombihuhnes wird ausschlaggebend sein, ob die Konsumenten bereit sind, einen Mehrpreis zu zahlen. Coop hat für seinen Pilotversuch Biobetriebe gewählt und damit ein Segment, in welchem die Konsumenten eher bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Im Praxisversuch vergütet Coop den Mästern den Minderertrag zur üblichen Produktion. Ob und wie viele Konsumenten dies später auch tun werden, ist offen.


Eine andere Idee, den Mehraufwand abzugelten, sieht die Nutztierschutz-Organisation KAGfreiland in der Ausrichtung zusätzlicher staatlicher Tierwohlbeiträge. So wie es finanzielle Beiträge für besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS) oder den regelmässigen Auslauf ins Freie (RAUS) gibt, so könnte es auch Tierwohlbeiträge für Kombihühner geben.

Alternativen schwer zu finden

Eine Alternative zum Zweinutzungshuhn könnte eine verlässliche Geschlechtsdiagnose des Kükens im Ei sein. Hier laufen im Ausland wissenschaftliche Untersuchungen. Gemäss Anita Idel vom Projektmanagement Tiergesundheit und Agrodiversität in Berlin birgt eine solche embryonale Geschlechtsbestimmung aber die Gefahr, dass das Tier nicht mehr als Ganzes betrachtet wird, sondern nur noch entsprechend der gewünschten Leistung gezüchtet wird.Das könnte vermehrt zu "Qualzuchten" führen.


Eine von KAGfreiland praktizierte Methode ist die Mast der männlichen Legehennenküken und die Vermarktung unter dem Begriff "Junghahnfleisch". Diese Hähne setzen allerdings bedeutend weniger Fleisch an als Mastpoulets oder das Kombihuhn und das Fleisch liess sich bisher nur als Nischenprodukt vermarkten.

Gemäss Veronika Maurer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zeigten allerdings Modellberechnungen im EU-Projekt "Low Input Breeds", dass die Methode Junghahnfleisch betreffend Futteraufwand effizienter ist als die Methode Kombihuhn.

Michael Goetz, lid