Jeder Bündner Bauer, der in den letzten knapp 40 Jahren seine Ausbildung am Plantahof absolviert hat, kennt Carl Brandenburger. Im Jahr 1978 hat dieser seine erste Stelle am landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum in Landquart angetreten – und er ist dieser Ausbildungsstätte bis zu seiner Pensionierung Ende dieses Jahres treu geblieben.


Abstecher nach Zürich


Eine Karriere am Plantahof war dem scheidenden Vizedirektor des Plantahofs aber keineswegs in die Wiege gelegt, obwohl er seine frühe Kindheit im bündnerischen Maienfeld verbrachte. Sein Vater führte dort einen Pachtbetrieb.

«Einen Traktor hatten wir damals noch keinen», erinnert sich Brandenburger. Pferde erledigten sämtliche Zugarbeiten. Das änderte sich, als Brandenburgers Vater den Juchhof in Zürich als Verwalter übernahm. Damals war Brandenburger fünf Jahre alt. «Etwa 100 Hektaren Land, 100 Kühe und 1000 Schweine», so umschreibt Brandenburger die
Dimensionen dieses Gutsbetriebs der Stadt Zürich.

Chef des Gutsbetriebs

Nach dem KV zog es Brandenburger aber definitiv in die Landwirtschaft. Die Ausbildung zum Landwirt am Plantahof und danach die Weiterbildung zum Agraringenieur an der heutigen Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenchaften (Hafl) waren die nächsten Schritte vor seinem Stellenantritt am Plantahof. Dort war er dann in den verschiedensten Funktionen tätig. Zuerst vor allem als Tierzuchtlehrer. Heute ist Brandenburger als Vizedirektor des Plantahofs in erster Linie Chef des Gutsbetriebs – und das ist eine Untertreibung. Denn der Gutsbetrieb umfasst vier respektabel grosse Betriebe (siehe Kasten).


Vom Lehrer zum Manager


Mit seiner Funktion als Leiter Gutsbetriebe hat sich Brandenburgers Aufgabe am Plantahof gewandelt. Der Lehrer wurde immer mehr zum Manager über vier Betriebe sowie zum Personalchef über rund 30 Angestellte. Aber er sei stets, wenn auch in einem etwas kleinerem Pensum, auch als Lehrer aktiv gewesen, betont Brandenburger. Und wann immer er unterrichtet habe, sei er froh um die Ställe und Tiere am Plantahof gewesen. Denn das habe regelmässig die Möglichkeit für praktische Blöcke gegeben.


Vermehrt unter Beobachtung


«Der Beruf ist anspruchsvoller geworden», konstatiert Carl Brandenburger. Landwirte würden vermehrt unter Beobachtung stehen. In Bereichen wie Landschaftspflege, Umweltschutz, Tierwohl und artgerechter Tierhaltung seien neue Standards gesetzt worden. Mit der agrarpolitischen Entwicklung in den letzten zehn Jahren würden kleine Betriebe sowie Spezialbetriebe und Milchbauern schlechter dastehen.

Trotzdem würde Carl Brandenburger jungen Leuten – auch solchen ohne einen eigenen Hof in der Familie im Hintergrund – zu einer landwirtschaftlichen Ausbildung raten. «Wer muss schon ab seinem 16. Lebensjahr in seinem Lehrbetrieb fremdes Brot essen? Das ist eine Lebensschule erster Güte», sagt er. Ausserdem sei die Ausbildung so vielseitig, dass junge Landwirte EFZ gefragte Fachleute seien. Und auch wer sich zum Agrotechniker HF oder zum Agraringenieur weiterbilde, finde problemlos eine Stelle.


Zuchterfolge


Carl Brandenburger liebt den Umgang mit Tieren. Als Muniflüsterer hat er es zu einer hohen Bekanntheit gebracht. 15 Jahre war er Vorstandsmitglied von Braunvieh Schweiz. Die letzten vier bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2015 wirkte er als Vizepräsident. Mit diesem Engagement, aber auch mit den Zuchterfolgen in den beiden Herden des Plantahof trägt Carl Brandenburger bei Braunviehzüchtern in der Schweiz und in Europa einen bekannten Namen.

In den letzten 15 Jahren sei es gelungen, die Leistungsfähigkeit der Brown-Swiss-Tiere markant zu erhöhen, bilanziert Brandenburger, der bei der Formulierung der Zuchtziele dabei war. So habe etwa die Milchmenge pro Laktation von 4500 auf 9000 Kilo gesteigert werden können. In der Leistungsherde beim Plantahof komme man mit einem begrenzten Einsatz an Kraftfutter auf 10'000 Kilogramm pro Laktation. Aber auch bei einem weitgehenden Verzicht auf Kraftfutter komme man problemlos auf eine respektable Leistung auf 7000 Kilo.


Lieber Graswürfel als Soja


Brandenburger setzt im Stall des Plantahofs nur beschränkt auf Soja als Eiweisslieferant. Da zieht er die Graswürfel aus der genossenschaftlichen Grastrocknerei in Malans vor. Er ist auch dezidiert der Meinung, die Kühe dürfen nicht so sehr auf die Milchleistung getrimmt werden, dass deren Stierenkälber nicht mehr als Schlachttiere taugen.

Und trotz der gegenwärtigen Krise gibt Brandenburger der Milchproduktion weiterhin gute Chancen. In der Milchverwertung würden die Nährstoffe wesentlich effizienter verwertet als in der Fleischproduktion, sagt er. Allenfalls gehe die Entwicklung vermehrt wieder etwas in die Richtung Zweinutzungskuh, was eine Chance für das Original-Braunvieh bedeute.

Üblicher Melkrhythmus

Mit Palma Zeus hat der Plantahof dieses Jahr den Europameister-Titel der Brown-Swiss-Kühe gewonnen. Würde Brandenburger, hätte er einen eigenen Hof, an den grossen Schauen dabei sein? «Viel Geld in den Kauf von Ausstellungstieren würde ich nicht investieren», meint er. «Aber wenn ein geeignetes Tier im Stall stünde, dann würde ich hingehen. Selbst gezüchtete Tiere sollte der Stolz jedes Schaubesuchers sein!»

Das Thema Euter sei bei den Tieren aller Rassen ein Problem. Der Ehrenkodex sei leider nicht eingehalten worden. Brandenburger ist deshalb froh um die schärferen Regeln. Und er hofft, dass sie eingehalten werden. Und auch das betont er: «An den Europameisterschaften wurden die Tiere in einem normalen Melkrhythmus gemolken».

Christian Weber