Mit Betriebsrundgängen und Fachreferaten feierte die Familie Wartmann letztes Wochenende mit der Bevölkerung die Inbetriebnahme ihrer erweiterten Biogasanlage. Wartmanns gehören zu den Biogas-Pionieren in der Schweiz, vor  20 Jahren haben sie ihre erste Anlage in Betrieb genommen. Nach einem Jahr Bauzeit konnte auf dem Holzhof die erneuerte Biogasanlage, die nun vollelektronisch und mit der neusten Technologie ausgerüstet ist, Anfang August in Betrieb genommen werden.

 

Biogasanlage Holzhof in Zahlen

18’000 Tonnen Hofdünger und 2000 Tonnen CO-Substrate werden in der neuen Biogasanlage vergärt. Aus den rund 3 Mio Kubik Biogas, entsteht Strom für 1500 Haushaltungen und 7,5 Mio kWh Wärme, die auf dem Holzhof eingesetzt werden kann.

Der Holzhof reduziert damit die Treibhausgasemissionen jährlich um über 1000 Tonnen CO2, was einem Ausstoss von 350 Autos entspricht.

 

Mehr geht immer

Für gute Rahmenbedingungen für die Schweizer Biogasbetriebe setzt sich Ökostrom Schweiz ein. Das genossenschaftlich organisierte Unternehmen hatte die Tage der offenen Tür bei Familie Wartmann mitorganisiert. Stefan Mutzner, Vorsitzender Geschäftsleitung bei Ökostrom Schweiz, sieht viel Potenzial in landwirtschaftlichen Biogasanlagen. Heute werden nämlich nur knapp 5 Prozent der Hofdünger energetisch und stofflich ­genutzt. Möglich wäre laut ­Mutzner eine Steigerung auf 40 Prozent des anfallenden Hofdüngers. "Dadurch könnte die CO2-Reduktionsleistung von heute 80'000 auf  700'000 Tonnen erhöht werden", sagte Mutzner. Parallel dazu würden dann fast zehn Mal mehr Strom und Wärme aus landwirtschaftlichen Biogasanlagen produziert.

 

Multitalent Biogasanlage

Für Mutzner sind Biogasanlagen ein Multitalent. Sie produzieren Strom, Gas und Energie, sie sorgen für geschlossene Kreisläufe auf den Landwirtschaftsbetrieben und verbessern die Stickstoffeffizienz. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie im Gegensatz zu Wind- und Solaranlagen wetterunabhängig sind. Biogasanlagen lassen sich flexibel steuern und können den Strom speichern. So können die Anlagen das Netz bei Spitzenzeiten mit nachhaltig produziertem Strom und Wärme entlasten.

Die Gemeinde Amlikon-Bissegg macht das bereits. Die Abwicklung des Betriebs läuft über Flecto Power. Die Firma regelt die Stromvermarktung zwischen Produzent und Netzbetreiber. Sie berechnet auch, wann Strom aus der Biogasanlage gebraucht wird, steuert die Anlage und rechnet für die Betreiber ab.

"Energiewende ist ein Muss"

Die beiden Thurgauer Bauern und Politiker Markus Hausammann und Josef Gemperle  gingen der Frage nach, welchen Beitrag die Landwirtschaft leisten kann, um etwas zum Klimaschutz beizutragen. CVP-Kantonsrat Gemperle und SVP-Nationalrat Hausammann zeigten in ihren Referaten auf, dass die Landwirtschaft bereits einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet.

Für Gemperle, der auf seinem Betrieb vier Solarstrom-, eine Solarthermie- und eine Biogasanlage betreibt,  ist klar: "Wir ­müssen alle gemeinsam den Klimawandel stoppen. Wenn wir nichts tun, kommt uns das teurer zu stehen und bringt am Ende nichts." In der Schweiz werden 33 Prozent der Treibhausgase durch den Verkehr verursacht. 24 Prozent entfallen auf das Heizen von Gebäuden, 21 Prozent auf die Industrie. Erst an vierter Stelle folgt mit 14 Prozent die Landwirtschaft.

"Die Landwirtschaft stösst zwar Emissionen aus, ist aber gleichzeitig auch ein Speicherort", führte Gemperle den Zuhörern vor Augen. Beispiele sind der Wald und humusreiche Böden als CO2-Speicher. Biogasanlagen tragen ebenfalls zu einer positiven CO2-Bilanz bei. "Die Landwirtschaft hat ihre Emissionen viel stärker  gesenkt als andere Sektoren", so Gemperle. Man könne aber noch mehr leisten, ist er überzeugt. "Es würde noch ein paar Biogas- und Solaranlagen mehr vertragen."

Keine Quersubventionierung

Markus Hausammann erwähnte, dass der Klimawandel auch positive Effekte hat, zum Beispiel, dass wärmeliebende Kulturen in der Schweiz angebaut werden können. "Längerfristig überwiegen allerdings die negativen Effekte", ist er sich bewusst. Forderungen wie jene, dass die Landwirtschaft den Kuhbestand um die Hälfte reduzieren muss, sind für den Präsidenten des Verbands Thurgauer Landwirtschaft der falsche Ansatz.

Wie sein Berufskollege Josef Gemperle ist auch Hausammann der Meinung, dass auf den Bauernbetrieben noch mehr in Sachen nachhaltige Energieproduktion gemacht werden könnte. Es dürfe aber nicht sein, dass der Bauer  Investitionen in Biogas- oder Fotovoltaikanlagen mit Hilfe anderer Betriebszweigen quersubventionieren muss. "Die Investitionen müssen sich für die Bauernbetriebe auch wirtschaftlich lohnen", betonte Hausammann. Keine Lösung sieht er in der Einführung von CO2-Zertifikaten.