«Wir wollen selbst produzieren und nicht nur Wiederverkäufer sein, das ist uns sehr wichtig.» Dies sagt Samuel Theiler (39) über die Betriebsphilosophie des 35 Hektaren grossen Bio-Wäber-hofs im Ankerdorf Ins. Diese Philosophie setzen Theiler und sein Geschäftspartner Hans-Ulrich Fankhauser (57) konsequent um, indem viele Produkte hergestellt, mit wenigen Ausnahmen, wie das Mahlen des Mehls, alles selbst verarbeitet, und zudem komplett alles selbst vermarktet wird (siehe Betriebsspiegel). Was nach viel Aufwand tönt, ist es auch. So verbringen die beiden Betriebsleiter sehr viel Zeit mit Planen und Organisieren. Beide führen den Wäberhof als gemeinschaftliche und gleichberechtigte Partner einer Personengesellschaft (PG).

 

So funktioniert eine PG

In der Landwirtschaft sind Betriebsformen wie eine Betriebsgemeinschaft (BG), eine Betriebszweiggemeinschaft (BZG) oder auch eine Generationengemeinschaft (GG) bekannt. Der Bio-Wäberhof hingegen wird seit 2016 als Personengesellschaft (PG) durch Samuel Theiler und Hans-Ulrich Fankhauser geführt. Eine PG ist vergleichbar mit einer Generationengemeinschaft. Mindestens zwei Personen sind zur Gründung notwendig, die einen Betrieb gemeinsam führen. Eine PG ist eine Rechtsgemeinschaft im juristischen Sinne, die über kein festes Grundkapital verfügt. Zudem haften die Gesellschafter persönlich für Gesellschaftsschulden.

 

Stetes Wachstum

Der Bio-Wäberhof war nicht immer so gross. Vielmehr hat er eine bewegte Vergangenheit und ist mit den Betriebsleitern gewachsen. Aber der Reihe nach. Gemeinsam mit seiner damaligen Frau übernahm Samuel Theiler 2005 den Betrieb mit 17 Hektaren von seinen Schwiegereltern. Sie stellten auf biologische Produktion um. Geplant war ursprünglich die Produktion von Natura-Beef sowie etwas Getreide und Gemüse. Im selben Jahr konnten sie einen Marktstand in Freiburg übernehmen. 2012 übernahm Samuel Theiler den Betriebsanteil seiner Frau, führte ihn alleine weiter und baute ihn weiter aus. 2015 konnten Marktstände in Neuenburg und La Chaux-de-Fonds übernommen werden. Doch die Arbeit wurde irgendwann für ihn allein zu viel. Mit Hans-Ulrich Fankhauser, ehemaliger Betriebsleiter des landwirtschaftlichen Betriebes des Schlössli Ins, entstand der Plan, gemeinsam eine PG einzugehen. Um zu sehen, ob die beiden wirklich harmonieren, arbeitete Fankhauser zunächst ein Jahr als Angestellter auf dem Hof, bevor 2016 die PG Bio-Wäberhof gegründet wurde.

Tofuproduktion kommt hinzu

Im darauffolgenden Jahr übernahm die PG diejenige kleine Firma, welche aus ihrem Soja bis dahin den Tofu hergestellt hatte. Wurden nach der Übernahme pro Woche 20 bis 25 Kilo Tofu produziert, sind es jetzt, nur zwei Jahre später, bereits rund 60 Kilogramm. «Dieses Produkt ist gefragt und passt in die drei Städte, in denen wir jeweils an zwei Tagen pro Woche am Markt vor Ort sind», erklärt Samuel Theiler. Von den wöchentlich total sechs Markttagen stehen die beiden Betriebsleiter jeweils während zwei Tagen selbst hinter dem Stand. Zunächst war das nicht seine Lieblingsarbeit, auch der Sprache wegen, verrät Theiler schmunzelnd beim frisch gemahlenen und gebrühten Kaffee, den er am langen Tisch in der Stube serviert. Heute ist das etwas anders. Theiler erklärt: «Die langen Markttage brauchen viel Energie, aber geben auch viel.» So würden sie viele positive Rückmeldungen bekommen und enorme Wertschätzung erfahren. Hans-Ulrich Fankhauser ergänzt: «Die Leute wollen den Bauern hinter dem Stand sehen, das ist ihnen wichtig.»

 

Herstellung und Zubereitung

Pro Woche stellt der Wäberhof rund 60 Kilo Tofu in 13 verschieden Aromen aus dem eigenen Soja her. So etwa mit Pilzen, Gemüse, Ingwer, Paprika und anderen Zutaten.

Ähnlich wie Käseproduktion

Die Tofuproduktion ähnelt der Käseherstellung. Soja wird während 12 Stunden in Wasser eingelegt. Eine Zentrifugalmühle trennt danach den Schrot von der Sojamilch. Die Milch wird langsam auf 89°C erhitzt. ­Danach wird Nigari-Salz (aus Meerwasser gewonnenes Gerinnungsmittel) beigefügt. Die so entstandene Tofumasse wird abgeschöpft, allenfalls die zusätzlichen Aromazutaten beigemischt und während vier Minuten gepresst. Danach wird der Tofu vakuumiert. Um weg vom Kunststoff zu kommen, arbeitet der Wäberhof an einer Lösung für das Haltbarmachen des Tofu in Einmachgläser. Tofu Nature ist im Geschmack sehr neutral, daher wird vom Wäberhof Tofu mit verschiedenen Aromen hergestellt.

Zubereitung des Tofu

Tofu kann auf verschiedene Weise zubereitet werden, sei dies gebraten, gebacken oder auch frittiert.

 

Ein solch vielseitiger Betrieb, der verschiedene Getreidesorten und über 50 Gemüsesorten produziert, Fleisch ab Hof und viele weitere verarbeitete Produkte anbietet und das meiste an städtischen Märkten verkauft, der muss gut strukturiert sein. Daher sind auf dem Wäberhof die Aufgaben klar geregelt. Hans-Ulrich Fankhauser, als gelernter Landwirt und Metallbauer, ist verantwortlich für den Tofu, Tierhaltung und Fleischvermarktung, Futterbau, Mitarbeiteradministration, Beeren und Obst, für die Maschinenreparaturen sowie die Drescharbeiten. Denn diese werden auch selbst durchgeführt. Zu umständlich sei es mit Lohnunternehmen gewesen und aufgrund der kleinen Parzellen für diese auch zu unattraktiv. Meisterlandwirt Samuel Theiler ist für den gesamten Acker- und Gemüsebau sowie die Buchhaltung mit Abschluss zuständig.

Beziehung pflegen

Eines wird im Gespräch deutlich: Die beiden Betriebsleiter harmonieren trotz des Altersunterschiedes gut. Gibt es dennoch ähnliche Herausforderungen zu meistern, wie etwa bei einer Generationengemeinschaft (GG) von Vater und Sohn? Hans-Ulrich Fankhauser findet, dass sie es einfacher haben als eine GG. Denn bei ihnen spiele nicht die Vater-Sohn-Rolle eine Beziehung. Er fügt an: «Es ist wie in einer Beziehung, die gepflegt werden muss.» So nehmen sich die beiden nach Möglichkeit einmal pro Woche Zeit, miteinander in Ruhe Mittagessen zu gehen. Ausserdem gehe nie einer ins Bett, wenn etwas Ungutes noch ungeklärt sei. Auch bei den täglichen Arbeiten tauschen sie sich oft aus, informieren den anderen über getroffene Entscheide, auch wenn dies nicht immer einfach ist. Der Betrieb ist weitläufig und das Handynetz funktioniert, sagen wir es mal so: etwas eingeschränkt. Ziel ist jedoch immer, dass jeder den anderen bei Bedarf gut ersetzen kann. Samuel Theiler betont, dass in Diskussionen wichtig sei, schon von Beginn weg offen zu sein und die Meinung des Gegenübers zu respektieren. Auch beim Umgang mit so vielen Mitarbeitern und den Auszubildenden sei eine gute Kommunikation wichtig. Daher arbeiten die Betriebsleiter eng mit einem Coach zusammen.

 

Betriebsspiegel Bio-Wäberhof

Produktionsform:nach biologischen Richtlinien
Fläche:35 ha
Gemüse:6 ha mit zirka 50 Sorten 
Beeren und Obst:1 a Hofstatt, 25 a Erdbeeren, 50 a diverse Beeren
Ackerbau: 19 ha, Öl- und Kernensonnenblumen, Soja, Kartoffeln, Dinkel, Getreide, Einkorn, Nackthafer, Roggen, Weizen, Raps, Linsen
Futterbau:10 ha 
Ökofläche:12% der landwirtschaftlichen Nutzfläche
Tiere:12 Mutterkühe mit Kälbern und ein Stier
Produkte:Tofu, Mehl, Teigwaren, Öle, Tomatensauce, Brot­aufstriche, Müeslimischungen und mehr
Vermarktung:vorwiegend eigene Verarbeitung der Produkte. Komplette Selbstvermarktung über drei Märkte, einen Hofladen, andere Marktfahrer, Bäcker usw.
Mitarbeiter: Voll- und Teilzeitmitarbeiter, total 13 bis 14 Vollzeitstellen, darunter drei Lernende als Landwirt EFZ oder Gemüsegärtner EFZ

 

Klare Rahmenbedingungen

Auch wenn die Partner gleichberechtigt sind, wird der Verdienst Ende Jahr nicht einfach halbiert. Beide schreiben ihre Arbeitsstunden konsequent auf, beziehen monatlich einen Betrag als Privatverbrauch. Ende Jahr wird dann anhand der geleisteten Stunden und der Buchhaltung das Einkommen ermittelt, das jedem zusteht. Das gebe ihnen viele Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung, betonen beide. Und sie sehen es auch als grosses Privileg an, jedes zweite Wochenende frei machen zu können. Die Auszeiten geniessen beide auf unterschiedliche Weise. Hans-Ulrich Fankhauser, ursprünglich aus dem Emmental stammend, flieht des Öfteren aus dem Seeländer Nebel hinauf auf seine Alp, die er vom Vater übernommen hat und werkelt dort. Oder er verbringt Zeit mit seinen erwachsenen Kindern. Unten lüftet er den Kopf im Jodlerklub und in der Theatergruppe. Ganz anders Samuel Theiler. Er verbringt gerne Zeit mit seinen Kindern. Auch ihn zieht es ab und an in die Höhe und er fährt an die Lenk. Doch sonst spiele sich sein gesellschaftliches und politisches Leben eher auf dem Betrieb ab.

Die Zukunft

So sehr die beiden Betriebsleiter auch harmonieren und funktionieren, so wird diese Zusammenarbeit dennoch nur noch ein paar Jahre möglich sein. Sobald Hans-Ulrich Fankhauser in rund sieben Jahren das Pensionsalter erreicht hat, muss er von Gesetzes wegen aus der PG austreten. Eine geeignete Nachfolge für ihn zu finden, das ist nun das erklärte Ziel. Doch trotz dieser Aussichten haben die beiden noch andere Projekte. So möchten sie irgendwann aus dem eigenen Soja auch Sojamilch und Joghurt anbieten können. Einen potenziellen Nachfolger für Hans-Ulrich Fankhauser erwartet also ein spannender und vielseitiger Betrieb. 

Weitere Informationen: www.bio-waeberhof.ch