AboTimo Hussmann und Sandra Honegger vor ihrem Mobilstall. Noch ist das Hühnermobil leer, doch die Hennen ziehen bald ein. Danach gibt es frische Freilandeier im Hofladen zu kaufen. AuswanderinFreilandeier aus Mobilstallhaltung als neuer BetriebszweigDonnerstag, 18. November 2021 Ich hatte im letzten Artikel von unserem neuen Betriebszweig, der Legehennenhaltung im Mobilstall mit Direktvermarktung der Eier, berichtet und eine Fortsetzung versprochen. Hier kommt sie. Und eins vorweg: Aller Anfang ist schwer, heisst es doch so schön. Aber alles der Reihe nach.

Vogelgrippe breitet sich aus

Knapp eine Woche nachdem wir die Junghennen eingestallt hatten, wurden in den südlichen Landkreisen von Niedersachsen auf grossen Geflügelbetrieben erste Fälle von Vogelgrippe festgestellt. Aus Angst vor einer Verbreitung und weiteren Ansteckungen durch Wildvögel wurde daraufhin in vielen Landkreisen eine Aufstallungspflicht für Geflügel ausgerufen. Die gesamte Küstenregion von Ostfriesland bis hoch nach Schleswig-Holstein sind hochfrequentierte Rastgebiete für Zugvögel. Butjadingen ist mit seiner Lage direkt an der Nordsee und mit ausgewiesenen Vogelschutzreservaten mittendrin. Die Aufstallungspflicht bereitete uns erst einmal wenig Sorgen, da sich die Junghennen die ersten Wochen bis zur vollen Legeleistung an die neue Umgebung gewöhnen und sich in der oberen Etage des Hühnermobils zurechtfinden sollen.

Hennen bei Laune halten

Seit Anfang Dezember haben die Hennen auch zur unteren Etage, dem Kaltscharrraum, Zugang. Wir haben bis jetzt noch kein einziges Tier verloren und den Eindruck, dass die Hennen trotz der Stallhaltung zufrieden sind. Trotzdem muss man die Tiere immer beschäftigen und bei Laune halten, damit sie sich nicht gegenseitig bepicken. Immer wieder gibt es Rüebli, Kürbis oder Körner zum Picken und auch ab und zu einen dürren Zweig als Strukturelement oder als Versteck. Wir haben sicherlich das Glück, dass die Hennen ja noch keine Ahnung haben, was sie draussen verpassen.

Eierdiebe schlagen zu

Unsere Junghennen wuchsen und begannen Eier zu legen. Was waren wir frischgebackenen Hühnerhalter stolz. Doch, wann war wohl der geeignete Zeitpunkt, um den Eierladen vorne im Dorf zu eröffnen? Ein Donnerstag Ende November sollte es sein. Bis zum Mittag waren wir mit den letzten Handgriffen bei der Einrichtung der Verkaufshütte beschäftigt. Um zwölf Uhr kehrten wir zum Mittagessen auf den Hof zurück, während 60 frische Eier für unsere ersten Kunden bereitstanden. Nach dem Mittag hielt ich es vor Neugier nicht mehr aus und machte mich auf den Weg zur Hütte ins Dorf. Von Weitem sah ich, dass bereits 30 Eier weg waren, doch in der Kasse fand ich keinen einzigen Rappen bzw. Cent. Wir hatten kaum zwei Stunden geöffnet und waren bereits zum ersten Mal beklaut worden. Eine Überwachungskamera musste her und ein harter Baseballschläger am besten gleich mit dazu, um mit den Eierdieben «ein Hühnchen rupfen» zu können.

Heute lachen wir über die 30 gestohlenen Eier, da wir nun täglich das Zehnfache vom Eierband holen und das Stehlen auch seltener vorkommt. Mein Freund Timo und ich waren uns bewusst, dass wir nicht nur ehrliche Kunden haben werden. Doch gleich am ersten Tag beklaut zu werden, damit hatten wir nicht gerechnet.

Ein Plan B muss her

Das Weihnachtsgeschäft in der Verkaufshütte im Dorf lief gut an, dann bekamen wir vor Weihnachten einen Anruf vom Veterinäramt. Bei einem anderen Hobbyhühnerhalter in Butjadingen sei die Vogelgrippe ausgebrochen. Unser Standort befindet sich in der Überwachungszone, was für uns bedeutet, dass wir die Eier bis auf weiteres nicht mehr ins Dorf zum Verkauf bringen dürfen, sondern ausschliesslich ab Hofgelände verkaufen dürfen. Der Tierschauverein hat uns freundlicherweise das Kassenhäuschen geliehen, welches wir zum Eierverkaufsladen umgerüstet haben. Leider merken wir trotz Übergangslösung den Rückgang beim Eierverkauf, da unsere Kund(innen) nun einen kleinen Umweg fahren müssen. Strom, geschweige denn eine Überwachungskamera haben wir in der Übergangshütte nicht. Bisher reicht jedoch das Schild «Videoüberwacht», um Langfinger vom Klauen abzuhalten.

Trotz allem blicken wir optimistisch in die Zukunft. Wir freuen uns sehr auf die Tage, wenn wir unsere Verkaufshütte im Dorf wieder mit Eiern und Leben füllen können und unsere Hennen endlich auf die grünen Weiden dürfen.

Zur Person

Sandra Honegger (28) hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist an die deutsche Nordseeküste ausgewandert. Dort arbeitet sie mit ihrem Freund Timo Hussmann auf dem Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland. Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht. Ausserdem arbeitet sie als Beraterin bei landwirtschaftlichen Innovationsprojekten mit.