Als ich 1939 als 7-Jähriger die 1. Schulklasse besuchte, war in der 2. Klasse ein herziges, lustiges «Meiteli», das mir schon damals gefiel. Es war dann während der ganzen Schulzeit mein «Schulschätzi».
Vom Lehrer ermahnt
Als ich in der 8. Klasse und Rösi, so hiess das «Meitschi», in der 9. Klasse war, musste ich an einem Samstagmittag zum Lehrer. «Weisst du, warum du zu mir kommst?», wollte er wissen. «Keine Ahnung», sagte ich. «Rösi und du macht mir Sorgen. Habt ihr einander gern?», fragte er. «Wir mögen uns einfach», sagte ich. «Macht nichts Dummes. Tut euren Eltern nichts Schlimmes an», ermahnte er mich. Nach weiteren Ratschlägen und Bemerkungen liess er mich ziehen.
«Als gute Tänzerin war Rösi überall umschwärmt.»
Obwohl Rösi ein Jahr vor Walter aus der Schule kam, vergass sie ihn nicht.
1947 kam Rösi aus der Schule. Im gleichen Jahr starb ihr Vater nach einer langen Leidenszeit. Im Sommer musste Rösi der Mutter weiterhin auf dem Betrieb helfen. Im Winter durfte sie während vier Jahren als Aushilfe auf verschiedenen Betrieben mithelfen. Dazwischen konnte Rösi in den umliegenden Gasthöfen aushilfsweise servieren.
Beliebt und begehrt
Als gute Tänzerin war Rösi überall umschwärmt, beliebt und begehrt. Den «Schulbueb» vergass Rösi aber nicht! Als ich aus der Schule kam, musste ich auf dem elterlichen Betrieb mithelfen. Hin und wieder konnte ich meinem Götti im bernischen Mittelland aushelfen – im Sommer bei der Ernte, im Winter beim Holzen. Damals noch alles Handarbeit. Ich war auch als Kirschenpflücker im Seeland tätig.
1951 war ich als Aushilfe während vier Wochen in Märstetten im Thurgau an der Arbeit. Als 19-Jähriger molk ich zehn bis zwölf Kühe von Hand. 1952 absolvierte ich in Luzern die Gebirgs-Rekrutenschule als Infanterist. Wie hatte ich doch Freude, hin und wieder ein Päckli von meiner Liebsten zu erhalten. Rösi besuchte im Frühjahr 1952 die Bernische Haushaltungsschule in Worb.
Der erste Heimweg
Es kam der Maisonntag 1953. Tanz auf der Moosegg. Von diesem Anlass durfte ich mein «Schätzeli» zum ersten Mal heimbegleiten. Zu Fuss legten wir den rund vier Kilometer langen Weg zurück. Es war eine wunderschöne Maiennacht. Zu Hause auf dem Bänkli diskutierten wir noch über dies und das. Schauten auch in unsere Zukunft. Wie freute ich mich, als Rösi sagte, «I chume de gärn zueder», wenns einmal so weit sei. Von da an durfte ich Rösi regelmässig in seinem «Chuchischtübli» besuchen. Es war eine schöne Zeit!
Am 24. Oktober 1954 läuteten für uns die Hochzeitsglocken. In der neuen Kirche von Landiswil wurden wir getraut. Rösi blieb weiterhin zu Hause, weil es immer noch nötig war. 1953 und 1954 war ich bei der Nachbarsfamilie von Rösi als «Allrounder» angestellt. Ein damals grösserer Betrieb, 17 bis 18 Kühe mit Jungvieh, ein Muni und drei Pferde. Zu dieser Zeit musste noch alles von Hand gemacht, das Gras mit der Sense gemäht und von Hand aufgeladen werden. In dieser Zeit trafen wir uns manchmal zu einem kurzen «Schwatz». Hin und wieder lag sogar ein Müntschi drin.
«Doch aller Anfang ist schwer.»
1956 konnten die beiden Walter Mosers elterlichen Betrieb übernehmen. Doch Hagelschäden und erkrankte Kühe sorgten für einen schwierigen Start.
Endlich beisammen
Es kam der 30. April 1956, ein Freudentag für mich! Mit Ross und Wagen konnte ich meine liebe Frau und den inzwischen geborenen Ueli in der Lindenweid abholen und zu mir in den «Neuacher» nehmen, wo wir mit Liebe und Freude aufgenommen wurden. Endlich waren wir nun beisammen. Am 1. Mail 1956 konnten wir den Betrieb von meinen Eltern in Pacht nehmen. Doch aller Anfang ist schwer!
Am 29. Mai nach einem schwülen Tag zog gegen Abend ein heftiges Unwetter über unsere Gegend. Während einer halben Stunde goss es wie aus Kübeln, vermischt mit Hagel, auf uns nieder. Die schön aufgelaufenen Kartoffeln, das Getreide und das Heugras wurden in den Boden gestampft. Die Aufräumarbeiten dauerten tage-, ja wochenlang.
Kühe mit Tuberkulose
Im Frühjahr 1957 schlug das Schicksal ein zweites Mal zu. Die vom Vater übernommenen zehn Kühe hatten sich mit Tuberkulose angesteckt und mussten geschlachtet werden. Ein harter Schlag für uns.
In dieser Zeit war ich froh und dankbar, eine so liebe, wunderbare und tüchtige Frau an meiner Seite zu haben. Gott sei Dank kamen auch bessere Zeiten auf uns zu. Im Laufe der Jahre wurden uns nach Ueli noch vier weitere Kinder geschenkt. Zwei Buben und zwei Meitschi. Später kamen zwölf Grosskinder dazu, an denen wir grosse Freude hatten.
Der erste Ladewagen
1971 konnten wir endlich einen Ladewagen anschaffen. Im gleichen Jahr kam die Wasserversorgung, dadurch konnte die Küche erneuert und eine Dusche mit WC realisiert werden. «Wie het Rösi denn doch Früd gha.» Dank den guten folgenden Jahren konnten wir schon 1979 ein zweites Kuhläger mit Schwemmentmistung anbauen. Die Jahre fliehen, man merkt es kaum. Im Frühjahr 1990 verkauften wir den Betrieb an unseren Sohn Walter und seine Rosmarie. Rösi und ich zogen in die schön zurechtgemachte obere Wohnung, wo wir das Wohnrecht hatten.
Wir halfen aber immer, wo es nötig war, auf dem Betrieb mit. Zusammen genossen wir nun den Ruhestand. Ich war bis 1997 Zuchtbuchführer und Rösi pflegte weiterhin ihren geliebten Garten. Wir hatten dadurch immer irgendwie Beschäftigung und durften auch hin und wieder zu den Grosskindern schauen.
«Wie lächelten ihre Augen damals noch.»
2014 konnten die beiden diamantene Hochzeit feiern. Ein Jahr später starb Rösi Moser.
Schmerzhafter Abschied
Mit der Zeit machten sich leider gesundheitliche Probleme bemerkbar. Rösi machte das Gehen immer mehr Mühe. Der Rollstuhl wurde nach und nach ihr ständiger Begleiter. Im Oktober 2011 fand Rösi Aufnahme ins Altersheim Sumiswald, wo sie liebevoll betreut und gepflegt wurde. Der Abschied von zu Hause war hart, sehr hart!
Am 23. Oktober 2014 feierten wir noch diamantene Hochzeit. Während 60 Jahren durften Rösi und ich Freude und Leid miteinander teilen. Wie lächelten ihre Augen damals noch. In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 2015 schloss Rösi ihre strahlenden Augen für immer. Das tat weh, sehr weh!
Dankbarer Rückblick
Wenn ich heute als 91-Jähriger zurückblicke, bin ich sehr dankbar für all das Schöne, das ich geniessen durfte. Schlimm ist allerdings die Erinnerung an die Mobilmachung am 2. September 1939. Der Vater war monatelang weg. Alles lastete auf der Mutter. Dann kam die Anbauschlacht, der Plan Wahlen. Heute freue ich mich über meine sieben Urgrosskinder, alle gesund und munter – und an den täglichen kleinen und grossen Wundern.
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