Bald beginnt sie wieder, die Pflückzeit, und Barbara Wirth freut sich schon darauf. «Ich ernte am liebsten Kirschen und Zwetschgen. Aber die Erntezeit ist auch die intensivste Zeit auf dem Hof», stellt die Bäuerin klar.

Jetzt, im Frühling, ist es noch etwas ruhiger. Der Betrieb der Familie liegt an bester Aussichtslage in den Jura-Hügeln im nordwestlichen Zipfel des Kantons Aargau. 200 Meter entfernt vom Hof Hirsacker verläuft am Violenbach die Grenze zum Kanton Baselland. In der Ferne sind deutlich die beiden Hochhäuser der Pharmafirma Roche in Basel erkennbar.

Barbara Wirth kennt sich mit Pharmazie aus, denn sie erlernte den Beruf Pharma-Assistentin. Sie stammt aus dem Nachbardorf Magden AG und hatte nichts mit Landwirtschaft zu tun, bis sie ihren Mann Bruno kennenlernte. 2003 kam sie als 30-Jährige auf den Hirsacker und wurde bald Mutter von Sohn Dino, zwei Jahre später von Tochter Mara.

Direktverkauf hat Tradition

Auf dem Hirsacker werden schon lange Produkte direkt verkauft. Der Schwiegervater Leo Wirth lud ab 1970 Kartoffeln, Obst und Schnaps auf seinen Heuwagen und fuhr mit Wagen und Traktor vor die Tore der Roche in Schweizerhalle, wo er seine Produkte den Arbeiterinnen und Arbeitern anbot. Ab 1980 fuhren die Schwiegereltern auf den Wochenmarkt in Rheinfelden. Zwölf Jahre später richteten sie einen Hofladen ein. Zusätzlich zum Direktverkauf ab Hof startete Schwiegermutter Erika einen Lieferservice in die Dörfer Magden und Olsberg.

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Als ihr Mann Bruno Barbara Wirth beim Einzug fragte, ob sie künftig den Direktverkauf übernehmen wolle, sagte sie ja und bediente seither im Hofladen die Kundinnen. Sie absolvierte die Bäuerinnen-Ausbildung an der Liebegg und schloss 2018 als Bäuerin mit eidgenössischem Fachausweis ab. Der Titel ihrer Abschlussarbeit lautete: «Zukünftige Vermarktung nach 25 Jahren Direktverkauf».

Arbeitslast reduzieren

Sie setzte Änderungen um, um ihre Arbeitslast zu reduzieren. Seit Januar dieses Jahres ist der Hofladen nur noch am Samstag von acht Uhr morgens bis nachmittags um 15 Uhr offen. «Die Leute halten sich nicht mehr an feste Zeiten», hat sie festgestellt. Vorgängig investierte die Bauernfamilie in einen Verkaufs-Automaten. Er steht einen Kilometer weiter weg an der Durchgangsstrasse von Olsberg nach Magden und der Umsatz stimmt. Er kann flexibel mit verschiedenen Packungsgrössen bestückt werden, etwa mit Eiern, Obst, Trockenwürsten, Konfitüre und mehr. «Sogar morgens um zwei Uhr werden Würste und Wein vom Automaten bezogen», staunt die Bäuerin.

«Als ich auf den Hirsacker kam, waren auf dem 55-Hektaren-Hof Milchkühe, es hatte einen Rebberg, Obstanlagen und Ackerbau», erinnert sich Barbara Wirt. Nach zwei Jahren kamen Wasserbüffel als Betriebszweig dazu. Das Fleisch der gemästeten Büffel wurde direkt verkauft. 2006 wurde die Milchwirtschaft aufgegeben, 2017 auf Bio umgestellt.

Schritt für Schritt umstellen

Bereits in früheren Jahren machte sich die Bauernfamilie Gedanken über eine Umstellung, zuerst mussten aber die Obstanlagen auf eine biologische Bewirtschaftung vorbereitet werden. So pflanzten sie bei den Äpfeln grösstenteils schorftolerante Sorten, ergänzten bei den Kirschen die Folienüberdachung durch eine Volleinnetzung und ersetzten bei den Reben erste Sorten durch pilzwiderstandsfähige.

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Die Wasserbüffel wichen einer Black-Angus-Herde. Das Fleisch der Rinder wird weiterhin direkt verkauft. Die Reben sind nun verpachtet. Oberhalb des Hofes entsteht seit letztem Herbst eine eingenetzte, überdeckte Anlage mit Zwetschgen-, Aprikosen- und Pfirsichbäumen.

Erntezeit gleich strenge Zeit

Während der Erntezeit im Sommer werden die Kirschen und Zwetschgen für die Grossverteiler auf dem Hof sortiert, verkaufsfertig in Schalen verpackt und etikettiert, «und das an sieben Tagen die Woche», sagt Barbara Wirth. Die Tage beginnen jeweils sehr früh: Barbara Wirth bereitet das Mittagessen vor, bevor die fleissigen Erntehelfer mit dem Pflücken beginnen. Zum Ausgleich geht sie abends zum Hofbrunnen, steckt ihre Füsse ins kalte Wasser, geniesst auf der Bank daneben den Sonnenuntergang und liest in einem Buch.

Eine Abwechslung zum Betriebsalltag bringt Barbara Wirth auch der wöchentliche Tag, an dem sie in der Apotheke des Spitals in Rheinfelden arbeitet. Einmal die Woche geht sie zudem ins Yoga nach Olsberg.

Nach der Kirschenernte verreisen Barbara und Bruno oft ein paar Tage mit ihrem Tandem. «Eine Woche Skiferien steht auch jeden Winter auf dem Familienprogramm», erzählt die Bäuerin. Gerne entspannt sie sich im Herbst auf der Insel Sylt mit Tanzen, Wandern und Fotografieren. Auszeit bedeutet für sie auch, die Landfrauen vom Bezirk Rheinfelden als Präsidentin zu führen. «In der Gemeinschaft der Landfrauen fühle ich mich wohl.»

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5 Fragen

Was können Sie besonders gut?
Prioritäten setzen in der Obsternte-Saison, denn dann steht die Ernte von Kirschen, Zwetschgen, Aprikosen, Äpfeln und Birnen an erster Stelle.

Was möchten Sie besser können?
Mit Traktor und Anhänger noch besser manövrieren.

Worüber können Sie lachen?
Über mich selbst.

Welches Landwirtschaftsthema beschäftigt Sie am meisten?
Die Kirschessigfliege ist das grosse Problem für uns Obstbauern.

Wohin würden Sie gerne einmal reisen?
Nach Spanien. Und zwar mit unserem Tandem mit meinem Mann Bruno am Lenker.