Auf dem Weingut Wylandblick von Roland und Esther Müller in Benken ZH gab es am 28. August eine kleine Feier. Anlass dafür war die Goldmedaille, die der Trülliker Regent 2008 AOC am diesjährigen Grand Prix du Vin gewonnen hat. Eine an sich überaus erfreuliche Sache, doch der Hintergrund ist vielschichtig: "Die Rebsorte Regent hat enttäuscht, sie ist weniger robust als erhofft. Ihr nun aber erfolgreicher Wein ist für uns ein Grund, sie heute zu würdigen", sagte der Winzer Roland Müller (RoMü), der auch als Journalist tätig ist, unter anderem regelmässig für die BauernZeitung.

"Dies ist kein gewöhnlicher Anlass", betonte Andreas Wirth, Zürcher Alt-Rebbaukommissär, in seiner Laudatio. "Bei einem altehrwürdigen Wettbewerb wie dem Grand Prix du Vin mit Gold ausgezeichnet zu werden, ist alleine schon etwas Besonderes. Dass zudem einer neuen, pilzresistenten Sorte wie der Regent diese Ehre zuteil kommt, ist mehr als speziell." Ebenfalls besonders an der Auszeichnung ist sein Jahrgang 2008, so Wirth. Viele der übrigen prämierten Weine seien dagegen vom aussergewöhnlichen Weinjahr 2018.

Hype, dann Flop

Wirth gab daraufhin einen kleinen Einblick in die Weinbaugeschichte: Die Rotweinsorte Regent wurde vor 50 Jahren in Deutschland gezüchtet und ist eine Kreuzung aus (Silvaner × Müller-Thurgau) × Chambourcin. Das Ziel war eine pilzresistente Rebsorte, kurz «Piwi» genannt, als Alternative zu den alten europäischen Sorten. So richtig begann die Regent-Zeit erst in den Neunzigerjahren, als der ökologische Rebbau aufkam. Damals setzte man gezielt auf Sorten, die ohne Pflanzenschutz auskommen. 2013 waren in Deutschland über 2026 Hektaren mit Regent bebaut, was rund zwei Prozent der deutschen Anbaufläche entspricht. Auch in der Schweiz ist die Sorte vertreten, allerdings bescheidener. Im Kanton Zürich, in Sachen Regent hierzulande ein Vorreiter, waren in den Nullerjahren bis zu 11 ha damit bestockt, 2018 nur noch etwa 8,5 ha. Ab 2010 allerdings wurden im Kanton keine neuen Regent mehr gepflanzt. In der Zwischenzeit kam immer mehr die Erkenntnis auf, dass diese neue Sorte bei Weitem nicht so robust gegenüber verschiedenen Rebschädlingen war, wie einst angenommen. Vielerorts wurde sie daher in den letzten Jahren gerodet. Dennoch sieht Andreas Wirth Grund zur Würdigung: "Regent ist ein wichtiger Vorläufer einer neuen Generation von robusten Rebsorten."

Vermeintlich pilzresistent

Auch Roland Müller hat mit Regent seine Erfahrungen gemacht: Als er vor über 20 Jahren die Gelegenheit ergriff, in Trüllikon ZH Rebland zu pachten, welches sich aufgrund der Lage für einen pflanzenschutzfreien Weinbau eignet, entschied er sich für Regent. "Doch schon bald traten Falscher und Echter Mehltau auf." Es hiess damals, starker Befall könne Immunität schaffen, was sich jedoch als falsch erwiesen hat. Seit 2006 setzt Müller ein volles Pflanzenschutzprogramm ein, ähnlich wie bei alten europäischen Sorten. Mit der Kirschessigfliege ist 2014 ein weiterer Schädling dazu gekommen, auf den Regent anfällig ist. Dagegen habe sich das Gesteinsmehl Kaolin besonders wirksam erwiesen.

Ohne Alterstöne

Müllers bauen auf 120 Aren Reben an, nebst Regent auch Sorten wie etwa Blauburgunder, Räuschling und Riesling Sylvaner. 2011 haben sie erstmals einen Cuvée mit Regent und Blauburgunder gekeltert. Reinen Regent dagegen haben sie zuletzt 2008 in grösserer Anzahl abgefüllt. Kleinere Mengen werden seither für einige Liebhaber verkauft. Zu Müllers Regent-Weinpalette gehören auch ein Rosé und ein roter Schaumwein.

Das Weingut Wylandblick konnte mit Regent bereits eine Reihe von Auszeichnungen erzielen: Der Repino Barrique, ein Cuvée mit Blauburgunder, gewann am Grand Prix du Vin Suisse 2013 und 2014 je einmal Silber. 2015 gab es beim selben Weinwettbewerb Gold für den Repino. Zudem erzielten reinsortige Weine bereits mehrmaligen Erfolg beim deutschen Regentpreis. Für den diesjährigen Grand Prix du Vin nun meldete Roland Müller den Trülliker Regent 2008 AOC an und sagte sich "Ich probiers doch mal!" Prompt gab es dafür 90 Punkte und ­somit Gold. Dieser Wein, der 10 Jahre älter ist als die meisten anderen Prämierten, zeige keine typischen Alterstöne.

Regentweine würden sich weder geschmacklich noch farblich verändern, was sich auch in Cuvées zeige, ergänzte Müller. Auch typisch: Der Geruch sei leicht zu erkennen, während diese Weine im Geschmack weit auseinandergingen. Was die Zukunft bringt, hänge auch vom Geschmack der Konsumenten ab. Müller will sich weiterhin dem Anbau von Regent widmen und beispielsweise die Menge des roten Schaumweins aus Regenttrauben verdoppeln. Neuen Rebsorten gegenüber ist er jedoch skeptisch: "Wie viele werden wohl die Erwartungen erfüllen?"