Seit 2001 stehen die weissgestrichenen Holzpfosten an ausgewählten Äckern, Wiesen oder Wegen und bringen Passantinnen und Passanten mit ihren Kurztexten die Landwirtschaft etwas näher. Die grossen schwarzen Schlagwörter an den Lockpfosten fallen jeweils sofort ins Auge: Sie sind kreativ, lustig und speziell und haben viel Interpretationsspielraum. Darunter ist in einem kurzen Text knapp erklärt, was am jeweiligen Kulturlandstandort zu sehen ist.

Für jeden Hof etwas Passendes

Fast 40 Themen greifen die Lockpfosten auf: Sie erklären beispielsweise die Imkerei, Ackerbau, Grünlandnutzung, Obst- und Gemüsebau, Weinbau oder auch Tierhaltung und -zucht. Jeder teilnehmende Betrieb wählt für sich vier bis acht passende Themen aus – zu jedem Thema geben dann drei bis sechs Lockpfosten Auskunft, die von Mai bis Oktober in der Nähe von Fuss-, Wander- oder Fahrradwegen der Äcker, Wiesen oder des jeweiligen Betriebes stehen. Der Lockpfosten ist ein nationales Projekt der «Schweizer Bauern. Von hier, von Herzen.» und mit der Online-Hofsuche finden Interessierte auch ganz einfach alle Lockpfostenbetriebe in der Nähe oder Ferne.

Lockpfosten schreibt Rekordzahlen

Gestartet hat das Lockpfosten-Projekt mit 852 Pfosten bestellt von sieben Bauernverbänden. Seither ist die Anzahl stetig gestiegen: 10 Jahre später waren es bereits 1200 Lockpfosten auf 85 Betrieben und letztes Jahr waren es 1425 Pfosten auf Kulturland von 77 Betrieben in 13 Kantonen. Dieses Jahr schreibt das Projekt erneut einen Rekord: Schweizweit werden in den nächsten Wochen 1854 Lockpfosten aufgestellt respektive eingeschlagen – über 400 Pfosten mehr als noch letztes Jahr. Es sind weitere 27 Betriebe dazu gekommen, die neu mitmachen und die Lockpfosten sind diesen Sommer neu in 19 Kantonen zu finden.

Corona und Abstimmungen führen zum Boom

Hansueli Iseli ist dabei für die Logistik zuständig und koordiniert das Stellen der vielen Lockpfosten. Er glaubt allerdings nicht, dass der grosse Zuwachs dieses Jahr mit dem Jubiläum zu tun hat. Zwei andere Gründe seien seiner Meinung nach dafür verantwortlich: «Zum einen haben die Betriebsleiter gemerkt, dass sich letztes Jahr coronavirus-bedingt mehr Leute im Freien bewegt haben und auch vermehrt entlang von Feldern und in der Nähe von Betrieben entlang spazierten». Der Lockpfosten biete den Betriebsleiterinnen und -leiter hier die Möglichkeit, Passanten – sprich mögliche Konsumentinnen und Konsumenten – über ihre Produkte, Feldarbeit und Tierhaltung zu informieren. Andererseits würden sicher auch die bevorstehenden Abstimmungen zu den Agrarinitiativen eine Rolle spielen: «Bäuerinnen und Bauern suchen Möglichkeiten die breite Bevölkerung über das, was sie tagtäglich tun, aufzuklären und da ist der Lockpfosten eine kreative und pfannenfertige Lösung, dies umzusetzen».

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Mit speziellen Worten vermitteln die Pfosten interessante Fakten und Einblicke in die facettenreiche Landwirtschaft. 

Neo-Lockpföstler

Im Lockpfosten-Jubiläumsjahr gibt es viele Betriebe, die zum ersten Mal mitmachen und ihre Kulturlandschaften neu mit Lockpfosten ausstatten. «Neo-Lockpföstler» ist auch die IG Giswiler Landwirtschaft. Diese setzt sich dafür ein, das Verständnis für die Landwirtschaft rund um die Obwaldner Gemeinde Giswil zu verbessern, zu fördern und auch um aktiv zu informieren.

Thomas Burch, Landwirt und IG-Vorstandsmitglied, hatte auf seinem eigenen Betrieb bereits vor ein paar Jahren einmal Lockpfosten. «Die diesjährig bestellten 60 Lockpfosten aufgeteilt in 20 Themengruppen und Standorte sollen nun quasi für die ganze Giswiler Landwirtschaft Berührungspunkte schaffen», erklärt Thomas Burch.

Die Themenvielfalt sei gross: So werden in Giswil von Frühling bis Spätherbst unter anderem Einblicke zu Ökologie, Pflanzenschutz, Ziegen- und Schafhaltung, Bienen, aber auch Moorlandschaften gewährt. Sechs Giswiler Bauernbetriebe stellen dieses Jahr ihr bewirtschaftetes Kulturland zur Verfügung – nächstes Jahr sollen andere folgen. «Über die nächsten Jahre wird so Abwechslung geschaffen», sagt Thomas Burch weiter. In ein paar Jahren sind die Giswiler also bereits Lockpfosten-Profis.

Mit Farbe und Hammer unterwegs

Bevor die Lockpfosten an ihren jeweiligen Standorten ihren Dienst tun, werden sie auf die Saison vorbereitet: Ab Mitte Februar werden die Lockpfosten bei den vorjährigen Betrieben, wo sie überwintert wurden, abgeholt und bekommen einen neuen schneeweissen Anstrich. Hansueli Iseli hat ein kleines Team von sieben Pfostensteller um die Pfosten in der ganzen Schweiz aufzustellen.

Je ein Pfostensteller kümmert sich zusammen mit den Betriebsleiterinnen und -leitern um das Aufstellen am neuen Standort. «Wir sind ein so eingespieltes Team, dass wir die 400 Lockpfosten mehr dieses Jahr gar nicht gross merken», sagt Hansueli Iseli. Zwei bis drei Betriebe pro Tag schaffen die Lockpfostensteller zusammen mithilfe der Betriebsleiterinnen und -leiter – es sind also doch rund 30 Arbeitstage, die das Aufstellen der Lockpfosten in Anspruch nimmt.

Das Aufstellen vor Ort sei immer sehr spannend, meint Hansueli Iseli: «Man sieht immer neue Betriebe und Betriebsformen und obwohl so unterschiedlich gearbeitet wird, merkt man, dass unter den Bäuerinnen und Bauern ein gewisser Zusammenhalt herrscht. Alle sind im selben Boot und wünschten sich grundsätzlich etwas mehr Wertschätzung von den Konsumenten».