Die Nachholbildung sei für sie der perfekte Bildungsweg, erklärt Rebekka Strub. Nach einer dreijährigen Ausbildungszeit wird die 32-Jährige aus dem solothurnischen Trimbach im Sommer die landwirtschaftliche Ausbildung abschliessen. Mit eidgenössischemFähigkeitszeugnis (EFZ). Während diesen drei Jahren drückt sie einmal pro Woche die Schulbank in der Nachholbildungsklasse des Berufsbildungszentrums Natur und Ernährung (BBZN) in Schüpfheim LU.

Die übrige Zeit arbeitet sie zu Hause auf dem elterlichen Betrieb mit. Eigentlich sei die Nachholbildung eine normale landwirtschaftliche Lehre, meintdie gelernte Landschaftsgärtnerin. Sie finde einfach berufsbegleitend statt. «Wir erarbeiten den genau gleichen Stoff und durchlaufen das gleiche Prüfungsprozedere wie in der Grund- und Zweitausbildung.»

Für Leute, die bereits in der Landwirtschaft tätig sind 

Rebekka Strub hat sich erst spät für die Landwirtschaft entschieden. «Erst spät keimte bei mir der Wunsch, in der Landwirtschaft tätig zu sein», erzählt sie. Warum nicht Landwirtin lernen? Die Zweitausbildung sei für sie aber nicht in Frage gekommen. Sie hätte zwei Lehrjahre auf einem Lehrbetrieb absolvieren müssen. «Das Leben und Arbeiten in einer Familie wäre mir schwer gefallen», erklärt sie. Zu sehr hätte sie mit 30 Jahren ihre eigenen Vorstellungen. Zwei Jahre auf einem Lehrbetrieb zu arbeiten wäre auch aus finanzieller Sicht nicht dringelegen. 

Dazu kommt, dass ihre Arbeitskraft auf dem Betrieb zu Hause gebraucht wird. Das sei bei ihren Klassenkameraden nicht anders. «Viele aus unserer Klasse haben bereits einen Betrieb übernommen oder stehen kurz davor. Einige gehen zusätzlich noch einem Nebenerwerb nach, andere haben bereits eine Familie», erklärt sie. «Die Nachholbildung ist für Leute zugeschnitten, die wie ich bereits in der Landwirtschaft involviert sind.» 

Verbundvertrag mit anerkanntem Lehrbetrieb

Die Klasse von Rebekka Strub gehört zum ersten Jahrgang der formalisierten Nachholbildung im Kanton Luzern. In anderen Kantonen gibt es diese Ausbildung etwas länger, 2010 wurde sie gesamtschweizerisch neu geregelt. «Es ist die Ausbildung für Spätberufene», wie Willy Portmann, Leiter Nachholbildung am BBZN in Schüpfheim, erklärt. «Sie richtet sich an Leute, die aus familiären oder Altersgründen keine Lehre mehr machen können, aber eine vollständige Ausbildung mit EFZ abschliessen möchten.»

Während der dreijährigen Ausbildungszeit müssendie Lernenden zu mindestens 50 Prozent in der Landwirtschaft tätig sein. Und sie müssen einen Verbundvertrag mit einem anerkannten Lehrbetrieb abschliessen. Dieser «Leitbetrieb» hat die Aufgabe, die Lernenden zu begleiten und auf den Prüfungsstoff vorzubereiten. 

Rebekka Strub empfindet den Verbund mit dem anerkannten Lehrbetrieb als eine enorme Bereicherung. «Für die eigene Horizonterweiterung ist es wichtig, dass man neben dem eigenen noch andere Betriebe sieht. Auch oder gerade deswegen, weil man kein Praxislehrjahr auf einem Lehrbetrieb absolviert.» 

Betrieb und Ausbildung unter einen Hut bringen

Die Nachholbildung sei neben der Grundbildung und der Zweitausbildung der dritte Bildungsweg zum Landwirt EFZ – und sei in keiner Weise mit dem Nebenerwerbs- oder Direktzahlungskurs vergleichbar, sagtWilly Portmann. Da stimmt auch Rebekka Strub zu. Es sei eine komplette Ausbildung. «Es ist eine verkürzte Grundbildung. Diese Ausbildung nimmst du nur auf dich, wenn du einen Betrieb in Aussicht hast oder bereits führst», sagt sie. Denn es sei anspruchsvoll, Ausbildung und Betrieb und zum Teil auch noch Familie und Nebenerwerb unter einen Hut zu bringen. 

Aber sie sei lohnenswert. «Ich versuche, das Optimum für meine Ausbildung, aber auch für den Betrieb herauszuholen.» Die Basis sei in der Berufsschule ganz eine andere. «Wir sind im Schnitt 30 Jahre alt. Ein jeder hat eigene Erfahrungen in der Landwirtschaft gesammelt und sich eine eigene Meinung gebildet. Und bei allen geht es um die Zukunft ihres Betriebs und um dessen Ausrichtung. Den Austausch untereinander empfinde ich als sehr wertvoll.» 

Aline Küenzi

Mehr Infos zum Thema finden Sie in der Ausgabe Nr. 5 der «grünen»