Dass die Redner an General- oder Delegiertenversammlungen von Bauernverbänden die Wichtigkeit einer produzierenden Landwirtschaft hervorheben, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Bemerkenswert an der GV des VTL am Donnerstagabend war die Deutlichkeit der Voten und die Einigkeit der Redner, dass man mit der Weichenstellung aus Bern für die zukünftige Landwirtschaftspolitik nicht zufrieden ist. VTL-Präsident Markus Hausammann sagte es so: «Im Labor wird erprobt, was gut sein könnte - oftmals fernab von der Praxis. Es wird über unsere Köpfe entschieden, wie wir arbeiten müssen.» Mit dieser Bevormundung könne es nicht weitergehen, bekräftigte Hausammann.

Kein Ballenberg im Thurgau

Der Thurgauer Volkswirtschaftsdirektor Walter Schönholzer hob den Stellenwert der Thurgauer Landwirtschaft hervor. Der VTL gehört mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) und dem Thurgauer Gewerbeverband zu den grössten Wirtschaftsverbänden im Kanton. Die Land- und Ernährungswirtschaft generiert nicht nur grosse Wertschöpfung, sondern ist auch ein wichtiger Arbeitgeber. Die Thurgauer Regierung will, dass dies auch in Zukunft so bleibt. 

Daher fordert sie einen Marschhalt in der Agrarpolitik. «Die AP 22+ soll im Rahmen der heutigen Ausrichtung weiterentwickelt werden. Unsere Landwirte brauchen Planungssicherheit bei einem gleichbleibenden Zahlungsrahmen.» Damit sendet der Kanton Thurgau wie viele andere Kantone das Zeichen nach Bern, dass man mit der jetzigen Vorlage nicht einverstanden ist. «Wir wollen im Kanton Thurgau eine produzierende Landwirtschaft, keine Käseglocke à la Ballenberg», stellte Schönholzer klar.

Nicht nur Sache der Politik

Der Volkswirtsdirektor streifte in seiner Rede auch den Klimawandel. «Von allen Seiten wird gefordert, die Politik müsse den Klimawandel stoppen. Das ist aber nicht alleine Sache der Politik, jeder einzelne muss einen Beitrag leisten und lernen, zu verzichten», sagte Schönholzer. Obschon von Nachhaltigkeit gesprochen wird, würden Nahrungsmittel günstiger im Ausland statt direkt beim Bauern gekauft und in die Ferien fliege man mit dem Flugzeug. Ein weiterer Widerspruch in seinen Augen ist, dass Ressourcenschonung verlangt wird, der Widerstand gegen Windparks und Geothermie jedoch sehr gross ist.

Den Dialog als Chance sehen

Martin Rufer, Mitglied der Geschäftsleitung beim SBV, thematisierte in seinem Grusswort nebst der Agrarpolitik «die Initiativen-Flut», mit der sich die Land- und Ernährungswirtschaft in den letzten Jahren konfrontiert sah und auch in Zukunft sehen wird. «Nahrungsmittel und Trinkwasser sind emotionale Themen, alle wollen mitreden und mitbestimmen.» Der SBV sieht dies aber auch als Chance. Rufer: «Das gibt uns die Gelegenheit für den Dialog mit der Bevölkerung. Wir müssen den Leuten erklären, was wir machen und weshalb wir es so machen.» Dieses Ziel verfolgt der SBV mit der Vorkampagne zu den Pflanzenschutz-Initiativen, die voraussichtlich im Mai 2020 vors Volk kommen. Rufers Appell an die anwesenden Bauern lautete, sich zu engagieren und mitzuhelfen, dass diese Initiativen an der Urne abgelehnt werden.

Neues Vorstandmitglied

Peter Haldemann aus Raperswilen wurde in den Vorstand gewählt. Der Biobauer folgt auf Silvan Ziegler, der nach sieben Jahren zurücktrat. Jürg Fatzer, Geschäftsführer des VTL, informierte, dass man mit Anna Kreis und Edith Stäheli die Vakanzen, die auf der Geschäftsstelle entstanden sind, wieder besetzen konnte.