Gut fünfhundert Schritte vom Hof nur braucht sie zu gehen, und die Thaynger Bäuerin Unni Stamm-Andersen steht im nördlichen Nachbarland. Deutschland ist für alle nah in der Schaffhauser Grenzgemeinde. Doch für die Bewohner des Hofs im Hugligrund ist der Begriff Nachbarland wörtlich zu nehmen.


Der Betrieb liegt idyllisch am Rand einer Senke, die einst ein Weiher prägte. Bereits zu früheren Zeiten hat die Lage Menschen gelockt, hier zu siedeln. Reste von Pfahlbauten belegen dies. Pflügt Unni Stamms Mann Rainer nahe dem Betrieb das Feld, so ruhen unter den Ackerfurchen Pfähle aus der Jungsteinzeit. Auch die Bäuerin schätzt die Lage des Hofs am Rand des grossen Dorfs Thayngen. Seit 1988 wohnt sie dort, und das sehr gern. Mit der Grenzlage geht die Bauernfamilie locker um. «Natürlich ist uns die unmittelbare Nähe Deutschlands bewusst», meint Unni Stamm, «aber das tangiert unseren Alltag nicht.»

Aus Australien ist er nicht, aber er war schon mal da

Geboren wurde die Fünfzigjährige in Schaffhausen. Doch ihre Kindheit vor der Einschulung hat sie im Heimatland ihres Vaters, in Norwegen, verbracht. Auch heute noch besucht sie ihre Angehörigen dort, so oft es geht. Doch ab der Schulzeit wohnte die kleine Unni Andersen wieder in der Munotstadt. Sie besuchte dort die Schule und liess sich dann am Kantonsspital Schaffhausen zur Fachfrau für medizinisch-technische Radiologie ausbilden. Denn alles, was mit Technik zu tun hat, faszinierte sie schon damals.

«Als Mädchen sagte ich zudem immer, ich würde nach Australien auswandern und einen Farmer heiraten», lacht Unni Stamm. «Geheiratet habe ich schliesslich einen Farmer, der einmal in Australien gewesen ist.» Mit ihrer Vorliebe für Technik kam und kommt sie auf dem Hof voll auf ihre Kosten. Denn die 38 Hektaren Acker- und Wiesland machen einen gewissen Fuhrpark nötig. Zudem ist dem Hof auch ein Kommunalbetrieb angegliedert. Bereits Rainer Stamms Vater hatte dieses zweite berufliche Standbein vor etwa dreissig Jahren mit Weitsicht aufgezogen. Stamms mähen für Gemeinden, den Kanton, aber auch für Private Borte, schneiden Hecken und Waldränder zurück.

Die Bäuerin hilft mit, wenn Not am Mann ist. Ihre Hauptaufgaben liegen jedoch im Landwirtschaftsbetrieb. «Ich manage den Haushalt und bin fürs Administrative sowie die Buchhaltung zuständig», schildert sie. «Da mein Mann im Thaynger Gemeinderat die Finanzen betreut und deshalb viel abwesend ist, besorge ich zudem den ‹theoretischen› Teil der Betriebsführung, etwa die Saatgutbestellungen. Sohn Martin ist mittlerweile der Betriebsführer fürs Praktische.»


Hofnachfolge ist bereits geritzt


Der 27-jährige Martin ist es auch, der den Hof übernehmen wird. Er lebt auf dem elterlichen Betrieb. Sein jüngerer Bruder Christoph (25) wohnt auswärts und besucht zurzeit die Polizeischule. Der Jüngste, Michael (22), wohnt auch zu Hause. Er arbeitet in einer Werkstatt und wird in Kürze eine Anlehre als Elektrobauteilmonteur beenden. Unni Stamm freut sich sehr darüber, dass ihr Jüngster diese Herausforderung trotz einer leichten Behinderung angepackt hat. Auf dem Hof ist auch die Schwiegermutter der Bäuerin, Elsbeth Stamm, daheim.


Hoch zu Wagen statt zu Ross


Und noch einige vierbeinigen Persönlichkeiten bevölkern den Betrieb, etwa der Junghund Balu, der seit dem Spätsommer jeweils lauthals Besucher ankündigt. Der achtmonatige Schweizer Sennenhund ist bereits ein stämmiger Kerl, der Respekt einflösst. Einige Katzen halten zudem die Mäusemenge im Schach.

Doch die erklärten Lieblinge der Bäuerin sind ihre zwei Pferde. Freiberger Nico ist bereits 17 Jahre alt und seit 14 Jahren ein treuer und zuverlässiger Begleiter. Seit eineinhalb Jahren belebt zudem das achtjährige polnische Warmblut Lardo die Pferdewelt auf dem Hof. Die drei sind ein gutes Gespann – und das im wahrsten Sinn des Wortes: Wenn Unni Stamm mit ihren Pferde durch die Gegend zieht, reitet sie sie nicht. Ihr grosses Hobby ist der Fahrsport. Regelmässig nimmt die Pferdebegeisterte auch an Turnieren teil – soweit die viele Arbeit dies erlaubt.

Sanna Bührer Winiger


In diesem Jahr berichten wir in regelmässigen Abständen über die Bäuerin Unni Stamm.