Das fragliche Merkblatt trägt den Titel "Nachhaltige Verpflegung" und gibt praktische Tipps zu grösseren Apéros. Besonders umstritten ist bereits Punkt eins der Liste: Mindestens zwei Drittel des Buffets sollten vegetarisch sein. Ausserdem seien fleischlose Speisen an erster Stelle zu platzieren.

Bio und Labels

Sowohl beim Essen als auch den Getränken rät das Merkblatt zu Bio-Produkten und anderen Label-Produkten. Gemüse und Früchte sollten zudem regional und saisonal sein, Bananen Max-Havelaar-zertifiziert.

Für allfällige Resten wird empfohlen, den Gästen Behältnisse aus nachhaltigem Material zum Einpacken und Mitnehmen zur Verfügung zu stellen. Resten könne man zudem für spätere Pausen zur Seite legen (etwa Gipfeli oder Früchte).

Fleischfachverband ist verstimmt

Wie die "20 Minuten" schreibt, ist man beim Fleischfachverband gar nicht glücklich. Die Empfehlungen seien unverständlich und inakzeptabel, weil sich das Bundesamt einseitig für eine vegetarische bzw. biologische Ernährung positioniere. 

Swissveg ist erfreut

Die Interessensvertretung der vegetarisch und vegan lebender Menschen in der Schweiz begrüsst das Merkblatt. schliesslich sei die Ernährung der grösste Faktor, wenn es um die Umweltbelastung gehe. 

Interpellation ist eingereicht

SVP-Nationalrat Franz Ruppen (VS) hat eine Interpellation unter dem Titel "Merkblatt des Bafu "Nachhaltige Verpflegung": Haben wir keine anderen Probleme?" eingereicht. Darin fragt er unter anderem nach Kosten und Zeitaufwand für das Merkblatt und ob das Bundesamt nicht der Meinung sei, die Fleischbranche werde damit einseitig benachteiligt.

Aufgrund dieser laufenden Interpellation könne das Bafu momentan keine Aussagen in dieser Sache machen, schreibt die "20 Minuten" weiter.

Stimmt der Titel?

Das umstrittene Merkblatt will für eine "nachhaltige Verpflegung" sorgen. Nachhaltigkeit besteht per Definition aus drei Dimensionen; der ökologischen, der sozialen oder gesellschaftlichen und der wirtschaftlichen Dimension. Werden die Empfehlungen dieser Nachhaltigkeit gerecht?

  • Umwelt: Dass Fleisch in der Ernährung eine schlechtere Umweltbilanz hat als vegetarische Kost wurde in Studien mehrfach gezeigt. Biologischer Anbau ist ebenfalls schonender für die Umwelt als andere Produktionsweisen. Dasselbe gilt für zertifizierten Fisch und Regionales und Saisonales. Food Waste zu vermeiden macht aus ökologischer Sicht Sinn.
  • Soziales: Es werden Fair-Trade-Produkte (z.B. Max Havelaar) empfohlen, sowie Regionales (etwa Schweizer Fisch und Fleisch). Damit werden also die inländische Produzenten unterstützt und auf faire Bedingungen im Ausland geachtet. 
  • Wirtschaft: Hier liegt der Knackpunkt. Zwar sichert regionale Produktion Arbeitsplätze, aber die Bevorzugung vegetarischer Speisen benachteiligt Fleischproduzenten. 

Damit hat das Merkblatt mit dem weit verbreiteten Problem zu kämpfen, dass die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit nur schwerlich miteinander zu vereinbaren sind. Ohne hier auf verschiedene Modelle der Nachhaltigkeit und die unterschiedlichen Gewichtungen der einzelnen Bereiche einzugehen, ist das Dilemma augenfällig.

Die Aufgabe des Bafus

Das Bundesamt für Umwelt hat laut seiner Website unter anderem die Aufgabe, für die "langfristige Erhaltung und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen" zu sorgen. Mit dem heutigen Wissen um eine umweltschonende Ernährungsweise wird das Bafu mit seinem Merkblatt also seiner Aufgabe einigermassen gerecht. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass in der wirtschaftlichen Dimension die Fleischbranche einen Nachteil hat. Hier wird der Ökologie mehr Gewicht gegeben.

 

Das Merkblatt finden Sie hier.