Das Dorf Fislisbach liegt im unteren Reusstal, auf der rechten Talseite am Heitersberg. Südlich, unmittelbar ans Dorf grenzend, liegt der «Guggerhof». Hier lebt und schafft die Emmentalerin Madlen Gerber. Aufgewachsen ist sie auf dem Blapbach in Eggiwil. Es war ein einfaches Leben auf dem abgelegenen Hof, «aber ich verbrachte dort eine schöne Jugendzeit», erzählt die 36-Jährige.

Nach der Schule machte sie in Bern eine Lehre als Coiffeuse und Visagistin, heiratete 2011 den gelernten Landwirt und Metzger Niklaus Gerber, lebte und arbeitete in Langnau im Emmental, wo auch ihre Kinder Sarina (10), Jolina (8) und Janis (5) auf die Welt kamen.

Plötzlich kam es anders

2017 stellte ein unerwarteter Todesfall im erweiterten Familienkreis das Leben der jungen Familie Gerber auf den Kopf. Innert drei Wochen sahen sich Madlen und Niklaus vor die Wahl gestellt, das Emmental zu verlassen und den Guggerhof im fernen Aargau zu pachten. Völlig unbekannt war ihnen die Gegend nicht, denn die Schwester von Niklaus war mit der Heirat auf einen Hof in Oberflachs im Aargau gezogen. «Zuerst war ich skeptisch, aber als ich den Guggerhof sah – mit so viel Platz rings um das grosszügige Bauernhaus – da wusste ich, hier haben meine Kinder mehr Raum als in einer Wohnung», erinnert sich die Bäuerin. Gerbers kündigten ihre Stellen und zügelten im Sommer 2017 nach Fislisbach.

Rasch am neuen Ort eingelebt

«Jesses Madlen, deine Kinder reden Aargauer Dialekt.»

Kommentar von Verwandten, ein paar Wochen nach dem Umzug.

2021 fällt die Bilanz der jungen Mutter über den Ortswechsel positiv aus. «Heute fühle ich mich in Fislisbach zu Hause», sagt Madlen Gerber überzeugt. Schnell lebte sich die junge Familie im Aargau ein, denn Sarina startete nach dem Zügeln mit der Primarschule und Jolina mit dem Kindergarten. Schon nach ein paar Wochen kommentierten die Verwandten bei einem Besuch: «Jesses Madlen, deine Kinder reden Aargauer Dialekt.»

Madlen Gerber ist unterdessen Mitglied im Samariter- und Frauenverein sowie im Badminton-Club Reusstal. Ihre Kinder sind die einzigen Bauernkinder in der Schule. Sie werden gerne von ihren Mitschülern besucht, und ihre Mutter macht Hofführungen für Schulklassen.Wie um diese Aussage zu bestätigen, läutet das Handy. «Das war unsere Kindergärtnerin, sie wünscht mit den Kindergartenkindern den Guggerhof zu besuchen», erklärt die Bäuerin.

Der Guggerhof ist Teil einer Betriebsgemeinschaft mit total 115 Hektaren Land, 60 Kühen mit Nachzucht und 3000 Legehennen. Angebaut werden Getreide, Mais, Zuckerrüben, Raps, Buschbohnen und Kefen zum Selberpflücken, auch ein Rebberg gehört dazu. Sämtliche Eier werden selber vermarktet, an Private und Grossverbraucher.

Von der Coiffeuse zur Eierfrau

Im Frühling 2018 übernahm Madlen Gerber die Eierlieferungen an einen Teil der Privatkunden. «Jeden zweiten Mittwoch steuere ich 80 der rund 300 Kunden an und liefere Eier und Süssmost aus», erklärt sie. Morgens um acht Uhr startet sie die Tour, mittags ist alles verteilt. Die übrigen Eierkäufer werden von Aushilfen und der Familie Beyeler in Oberflachs AG, dem zweiten Hof der Betriebsgemeinschaft, beliefert. «Die Eiertour gefiel mir von Anfang an, denn ich schätze den Kontakt mit den Kundinnen», erzählt sie. Bei einigen Eierkäufern stellt sie die Eier in den Briefkasten, aber oft führt die kontaktfreudige Geschäftsfrau hier und dort ein Gespräch.

Brunimat spendet Milch

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Madlen Gerber erholt sich, jetzt da die Kinder grösser sind, beim Joggen, mit Fitness und beim Badminton spielen. Das tut ihr gut, und sie sagt dazu: «Bei mir muss immer etwas laufen.» Ski fährt die ganze Familie, und jedes Jahr gehen sie eine Woche zusammen in die Ferien.

Die nimmermüde Bäuerin erfüllte sich kürzlich mit dem «Guggerhof-Lädeli» einen lange gehegten Wunsch. Im liebevoll eingerichteten Lädeli steht seit Mitte Mai ein «Brunimat»,der kühle Frischmilch in Flaschen oder Milchkesseli füllt. Daneben werden Eier, Süssmost, Wein, Traubensaft, Chnobli-Anke, selber gemachte Teigwaren, Konfi, Sirup, Bärlauch-Pesto, Meringues und Brätzeli verkauft. Ein weiteres Projekt ist im Anmarsch: Auf dem Guggerhof soll dereinst ein neuer Hühnerstall entstehen, als Ersatz für den bisherigen.