Kurz gesagt: Viele wollen die Abhängigkeit vom Staat reduzieren. Die neuen Vorschriften, welche immer wieder von Bundesbern erlassen werden, 
scheuen sie wie der Teufel

das Weihwasser. Zu Recht, denn diese bringen neben dem finanziellen Aufwand auch zusätzlichen Ärger 
auf den Betrieb.  


Obwohl die Bauern Unternehmer sein wollen, rufen sie schnell den Staat um Hilfe, wenn man nicht mehr weiter weiss. Das neueste Beispiel ist die Bekämpfung des Unkrauts Erdmandelgras, das zu einem nationalen Problem geworden sei. Jetzt müsse gefälligst der Bund einschreiten und die Sache in die Hand nehmen, tönt es aus der Branche. Ich habe selber auch Landwirt gelernt und möchte hier niemandem zu nahe treten. Aber für viele Konsumenten ist es unverständlich, warum die Landwirtschaft bei jeder «Kleinigkeit» in Bern anklopft.

Klar, Erdmandelgras möchte keiner auf seinen Äckern haben. Aber hier sollte erst einmal jeder einzelne Bauer Verantwortung tragen, um das Ausbreiten des lästigen Unkrautes möglichst zu verhindern. Es ist davon auszugehen – würde die ganze Branche am gleichen Strick ziehen, käme man dem Ziel schon ein Stück näher. Oder braucht es auch hier Anreizsysteme, damit jeder auf seinem Feld das Erdmandelgras freiwillig bekämpft?


Da die Verschleppung des Erdmandelgrases vor allem durch Erdmaterial und durch Maschinen und Geräte von Feld zu Feld erfolgt, sollte man alles unternehmen, um dies zu unterbinden. Denn schliesslich verursacht das Unkraut auf den eigenen Böden einen immensen Schaden. Der Trend, dass immer mehr Arbeitsschritte von Lohnunternehmern durchgeführt werden, trägt sicher zur weiteren Verbreitung bei.

Oft fehlt die Zeit, um die Maschinen und Geräte gründlich zu reinigen, manchmal auch 
das Bewusstsein bei den Produzenten, solche verschmutzte Maschinen, wie zum Beispiel die Zuckerrübenvollernter, überhaupt auf die Felder zu lassen.


Nicht nur beim Erdmandelgras ist man froh, wenn nicht die Bauern selber, sondern 
der Bund die Bekämpfung in die Hand nimmt. Auch bei der Tierseuche BVD (Bovine Virus-Diarrhoe), welche bei Wiederkäuern zu Aborten und Kümmerern führt, ist man schon jahrelang bemüht, die Seuche in den Griff zu bekommen. Auch hier bat man den Staat um Hilfe. Sei es bei der Koordination, der Umsetzung, der Kontrolle, und nicht zuletzt auch bei der Finanzierung der BVD-Sanierung.


Einige Bauern nehmen auch das Thema BVD zu wenig ernst. Sie gehen mit Tieren 
aus gesperrten BVD-Betrieben auf die Alp oder gehen mit ihnen sogar an Ausstellungen. Sie nehmen das Risiko in Kauf, gesunde Tiere anzustecken und fügen so der ganzen Branche einen immensen Schaden zu.


Wenn sich hier alle an die Vorschriften halten würden, wäre BVD schon längst ausgerottet. Aber nein, das Thema scheint einigen Übeltätern völlig am A … vorbeizugehen. Warum auch, Bundesbern wird es schon richten.


Im Gegenzug wird dann gepoltert, wenn der Bund auf Druck der Konsumentinnen und Konsumenten den Antibiotika- oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln senken will. Da ist man schnell der Ansicht, der Staat brauche sich hier nicht einzumischen, denn der Landwirt wisse 
am besten, was gut für seinen Acker und seine Tiere sei. 
Gewisse Hilfen vom Staat sind aber völlig berechtigt und dürfen angefordert werden.


So müssen auch in Zukunft die grossen gemeinwirtschaftlichen Leistungen, welche die Landwirtschaft tagtäglich erbringt, richtig abgegolten werden. Denn eine Schweiz ohne Bauernhöfe, weidende Kühe oder blühende Felder – undenkbar! Trotz hoher Arbeitsbelastung und Unterstützung kommen viele 
Bauern trotzdem auf keinen grünen Zweig. Auch hier muss sich der Bund dafür einsetzen, dass die Bauern gerechte Produktepreise erhalten, von denen sie auch Leben können.

Zurzeit redet man aber lieber über Freihandel und Marktöffnung, und das sind Begriffe, welche die Bauern zu recht scheuen. Was es braucht in diesem Land, sind Landwirte, die ihren Beruf mit Liebe, Stolz und Freude ausüben können. Dabei müssen sie nicht nur hie und da aufschnaufen können, sondern sie müssen gewisse Probleme – die sie zum Teil selber verursacht haben – auch ohne den lieben Staat zu lösen versuchen.

Peter Fankhauser