Im gediegenen Bernerhof setzte Bundesrat Guy Parmelin am 4. September seine Unterschrift unter den Aktionsplan Kontrollen. Er komplettierte damit die 17 Signaturen und besiegelte das gemeinsame Bekenntnis zur Vereinfachung. «Wichtig ist, jetzt anzufangen», so Parmelin. Künftig soll es pro Betrieb und Jahr nur noch eine Standard- oder Grundkontrolle geben, dazu haben sich sowohl öffentlich- als auch privatrechtliche Organisationen und Behörden bekannt. Risikobasierte Kontrollen bleiben zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit des Systems «ein wichtiger Pfeiler», betonte der Bundesrat.
Die Reduktion der Kontrollpunkte hat Priorität
Das ist der allgemeine Tenor: Der Aktionsplan sei ein erster Schritt, die weiteren und vor allem auch die Umsetzung der rund 60 Massnahmen darin sind entscheidend. Für den Schweizer Bauernverband (SBV) hat gemäss Mitteilung die Reduktion der Anzahl Kontrollpunkte, die Anpassung des Sanktionsschemas sowie die Einräumung von Nachbesserungsfristen Priorität. Die letzten beiden Anliegen sind allerdings nicht konkret unter den Massnahmen des Aktionsplans zu finden.
Sowieso ist es aus Sicht des SBV allein auf Stufe Kontrolle nicht getan: «Vereinfachung braucht es auch bei den generellen Anforderungen und Aufzeichnungspflichten.» Die Zeit bis zum Inkrafttreten der AP 30+ sei zu nutzen, um die weitere Vereinfachung als eines der Ziele dieser Reform in Angriff zu nehmen. Das Bundesamt für Landwirtschaft bezeichnet das nächste Verordnungspaket und die AP 30+ als zweite bzw. dritte Etappe zur administrativen Entlastung der Landwirtschaftsbetriebe.
«Entscheidend ist, dass die Betriebe effektiv entlastet werden»
IP-Suisse begrüsst zwar ebenfalls den Aktionsplan, es seien aber noch wesentliche Punkte zu klären. Namentlich die Dauer der Kontrollen (ist eine ganztägige zumutbar), Fragen zu Schnittstellen und Datennutzung, zum Datenschutz und der Art der Kontrollen (angemeldet oder unangemeldet). Der Landwirt oder die Landwirtin müsse die Kombination von Kontrollen jederzeit ablehnen können.
Wie der SBV spricht IP-Suisse in ihrer Medienmitteilung das strenge Sanktionsregime an; Schon ein einziger Verstoss könne schliesslich heute zum Ausschluss vom Label und gleichzeitig zu Direktzahlungskürzungen führen. «Entscheidend ist, dass die Betriebe effektiv entlastet werden, ohne dass zusätzliche Risiken entstehen, schreibt die Labelorganisation. Bestehende Kontrollsysteme, die sich bewährt haben – insbesondere im Bereich Tierwohl – sollen nach Meinung von IP-Suisse weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten, um Missstände zu verhindern und die hohe Qualität der Schweizer Landwirtschaft zu sichern.
Die Kontrolleure sollen in weiteren Bereichen befähigt werden
Anders als bei IP-Suisse stellt sich für die Knospe die EU-Äquivalenz als zusätzliches Hindernis bei der Vereinfachung in den Weg. «Eine Bio-Kontrolle pro Jahr ist Vorschrift», erklärt Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli. Man wolle aber prüfen, ob solche jährlichen Kontrollen nur durch Prüfung von Daten statt mit einem Betriebsbesuch abgedeckt werden könnten, zumal bei risikoarmen oder langjährig unveränderten Höfen. «In manchen Kantonen übernehmen Bio-Kontrolleure bereits heute auch andere Bereiche, etwa den Gewässerschutz», ergänzt Brändli. Es könne den Job des Kontrolleurs attraktiver machen, wenn das Personal in dieser Weise mit einer harmonisierten Aus- und Weiterbildung schweizweit befähigt werden könnte.
Hilfreich fände Brändli zudem eine stärkere Sensibilisierung für das Zwischenmenschliche. «Manchmal ist es schwierig, das habe ich auf meinem Betrieb auch schon erlebt.» Aufmerksame und verständige Kontrolleure würden zur besseren Akzeptanz des Kontrollwesens beitragen, denkt er. «Die Mehrheit der Betriebe ist sich allerdings bewusst, dass die Kontrollen die Glaubwürdigkeit und somit das Überleben der Knospe sichern.»
In dieser Art argumentiert auch der SBV-Präsident. «Wir wollen Kontrollen, aber der Aufwand muss für alle Beteiligten zu stemmen sein», stellte Ritter im Bernerhof klar.
