«Es ist wichtig, dass wir eine klare Botschaft haben», sagt Felix Neuenschwander. Der Emmentaler Landwirt koordiniert eine von mehreren Mahnwachen, die kommenden Freitag (23. Februar 2024)  im ganzen Kanton Bern durchgeführt werden.

Whatsapp-Gruppe in Kürze gefüllt

Über 65'000 UnterschriftenPetition an Handel und Politik übergeben – «Die Basis erwartet Resultate»Montag, 12. Februar 2024 Innert weniger Stunden war die Whatsapp-Gruppe, die Neuenschwander mit weiteren Landwirten aus dem Agrarkanton angelegt hatte, voll. Die Ansicht von «Bauern Bern» ist breit abgestützt: «Mit der aktuellen Situa­tion ist es nicht möglich, unsere Landwirtschaftsbetriebe langfristig wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Wir fordern jetzt von Verwaltung, Politik und Markt­akteuren, sich mit mehr Planungssicherheit und Vernunft für das langfristige Fortbestehen des Bauerntums in der Schweiz einzusetzen und zu handeln.»

Wie Felix Neuenschwander auf Anfrage erklärt, möchten die Berner mit ihrem Aufmarsch die Forderungen der von 65 000 Schweizern unterzeichnete Petition, die der Schweizer Bauernverband jüngst dem Bundesrat sowie Migros, Coop, Aldi und Lidl übergab, unterstützen.

Angelehnt an Forderungen des SBVs

Der Weckruf der «Bauern Bern» sei zwar aus der Basis heraus organisiert worden, lehne sich in seinen Forderungen aber klar an jenen des SBV an. Wie Neuenschwander sagt, gehe es um folgende Punkte: um Stabilität und Planungssicherheit, um eine Verringerung des administrativen Aufwands, um eine gerechte und angemessene Entschädigung der Produkte und der Arbeit sowie um die  Wertschätzung.

Es sei wichtig, die Anliegen, die jetzt formuliert seien, zu unterstreichen, ist Felix Neuenschwander sicher. «Wir müssen auf uns aufmerksam machen und darüber reden.» Der Kampf gegen die Administration sei indes einer, den viele gewerbliche Betriebe führten – damit stünden die Bauern nicht alleine da. Analog Deutschland könnten auch in der Schweiz Allianzen für solche Anliegen gefunden werden.

Sauber organisiert

«Aktuell läuft die Agrardatenerhebung», sagt Felix Neuenschwander. Er kenne kaum ein Beispiel eines Betriebs, der diese Flut noch ohne Unterstützung des Erhebungsstellenleiters bewältigen könne. «Wir sind ausgebildete Fachleute», mahnt Neuenschwander.

Aber auch im Bereich der Planungssicherheit sei man an einem Punkt angekommen, wo es nicht mehr weitergehe. «Da hängen grosse Investitionen dran», weiss er. Die Faust im Sack zu machen, ist für den Emmentaler keine Option. «Wir wollen mit unserer Mahnwache sauber organisiert eine Botschaft rüberbringen», sagt der Landwirt.

Ein ausführlicher Katalog an Forderungen

Folgende Forderungen werden an Verwaltung, Politik und Marktakteure gerichtet (Zitat Flyer): 

Stabilität und Planungssicherheit: Wir müssen uns darauf verlassen können, dass heute ausgesprochene Forderungen auch noch morgen gelten, dies gilt für Politik und Gesellschaft.
Die Stabilität ist zwingend notwendig, damit wir Investitionen tätigen und unsere Landwirtschaftsbetriebe langfristig weiterentwickeln können. Die einseitige Extensivierungsstrategie aus der Verwaltung muss aufhören. Nur mit innovativen und zukunftsgerichteten Betrieben können wir den Selbstversorgungsgrad der Schweiz auch in Zukunft gewährleisten.
Die Verwaltung muss sich bei der Ausarbeitung von agrarpolitischen Revisionen und neuen Massnahmen ihrer Verantwortung für Kontinuität, soziale- wirtschaftliche- Verträglichkeit und den administrativen Aufwand gegenüber den Landwirtschaftsbetrieben bewusst sein und diese Verantwortung in die Ausarbeitung miteinbeziehen.

Verringerung des administrativen Aufwandes: Der bürokratische Aufwand nimmt weiterhin jährlich zu und ist für unsere Bauernfamilien mittlerweile nicht mehr tragbar. Die Komplexität der Agrarpolitik hat ihre Grenzen erreicht. Überregulierung und das von der Agrarpolitik gelebte Mikromanagement erfordern von uns einen unverhältnismässigen Zeitaufwand und das auf Kosten der Produktion, Innovation und Lebensqualität. Von zusätzlichen Regulierungen und administrativen Mehraufwänden ist ab sofort abzusehen! Zuerst muss das jahrelange Versprechen des Bürokratieabbaus umgesetzt werden. Keinesfalls dürfen neue Bürokratiemonster auferlegt werden. Die Landwirtinnen und Landwirte sind sehr gut ausgebildet, setzen wir wieder mehr auf Eigenverantwortung anstatt auf zusätzliche Regulierungen.

Gerechte und angemessene Entschädigung unserer Produkte und unserer Arbeit: Die
Produktionskosten sind in letzter Zeit enorm gestiegen, die Steigerung der Produzentenpreise hat bei weitem nicht im selben Mass zugenommen. Die Produzentenpreise müssen in diesem Jahr im Durchschnitt um mindestens 5 bis 10% steigen. Familienbetriebe brauchen die nötigen finanziellen Mittel, um die Betriebe zu modernisieren und weiterentwickeln zu können. Nur so ist ein langfristiges Bestehen der Familienbetriebe und damit eine resiliente Landwirtschaft möglich. Die öffentlichen Mittel für die Landwirtschaft müssen in Anbetracht der steigenden Anforderungen mindestens beibehalten werden. Die Verantwortung muss auch von den Marktakteuren gewahrt werden und die immer höheren Qualitätsanforderungen müssen abgegolten werden. Gegenüber den Konsumenten tragen die Detailhändler eine grosse Verantwortung. Konsumentenpreise haben einen starken Einfluss auf das Konsumverhalten und auf die entsprechende Produktionsform.

Wertschätzung für unsere Arbeit und unsere Produkte: Die Produktionsansprüche sind in der Schweiz sehr hoch. Wir Bauernfamilien sind gewillt, diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden und unser Land mit hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen. Gleichzeitig fordern wir aber die entsprechende Wertschätzung und Anerkennung unserer gesamten Leistungen.Seit Jahren wird die Landwirtschaft für alle möglichen Arten von gemeinwirtschaftlichen Problemen an den Pranger gestellt. Lasst die Landwirtinnen und Landwirte nach realistischen Zielen arbeiten. Die Vergangenheit zeigt, dass die Landwirtschaft mit viel Eigenverantwortung ihre Hausaufgaben gemacht hat. Die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes um über 50 Prozent in nur zehn Jahren, ist nur ein Beispiel.

Bevölkerung nicht behindern 

Die Organisatoren machen klar, dass sie mit Ihrer Aktion die Bevölkerung nicht behindern wollen. Denn gerade die Bevölkerung habe in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass sie hinter der Landwirtschaft steht. «Die Bauernfamilien gehen mit dem Wandel der Zeit. Wir produzieren, was der Markt verlangt und wollen angemessen dafür entschädigt werden», heisst es in der Mitteilung von «Bauern Bern» weiter. Nun sei es an der Zeit, auch politisch mehr Stabilität und Kontinuität zu gewähren.

«Handeln wir jetzt, gemeinsam!», so der Aufruf, denn es gehe um die Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe als wichtigste Pfeiler einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung in der Schweiz. 

Geplante Anlässe

Die Bauernfamilien, die hinter dem «Weckruf Bauern Bern» stehen, treffen sich (auch mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen) am 23. Februar 2024, 20.00 - 21.30 Uhr an verschiedenen Standorten auf organisierten Plätzen. Die Behörden, Polizei und betroffene Stellen werden orientiert.
Ziel von «Bauern Bern» ist es, die Wichtigkeit der Anliegen aufzuzeigen, ohne den Verkehr zu blockieren oder Konsumentinnen und Konsumenten zu verärgern.

Standorte und Ansprechpersonen:
Haslebacher Urs, Landwirt aus Lohnstorf, 079 651 47 15 urs.haslebacher(at)gmail.com

- Tavel-Denkmal, Rüeggisberg: Schären Peter, Landwirt aus Gelterfingen, 079 450 46 11
- Flugplatz Langenthal, Bleienbach: Schwab Beat, Landwirt aus Niederbipp, 076 529 28 76
- Markthalle Hübelischachen, Schüpbach: Neuenschwander Felix, Landwirt aus Signau, 079 58132 84
- Parkplatz Papiliorama, Kerzers; Balmer Yanick, Landwirt aus Fräschels, 079 748 98 22
- Guntelsey, Thun; Wenger Christian, Landwirt aus Thierachern, 079 152 12 86

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