Wenn die erste Verliebtheit vorbei ist, kommt in der Beziehung der Alltag. Und dieser birgt Konfliktpotenzial. Cornel Rimle hat einen Beziehungsratgeber geschrieben (siehe Infobox), der Paare, die in der Krise stecken, begleiten und unterstützen soll. Die BauernZeitung hat mit ihm über sein Buch gesprochen.

Beziehungs-Ratgeber gewinnen

Cornel Rimle hatte das Bedürfnis, seine Erfahrungen aus seiner Arbeit mit Paaren in Krisensituationen aufzuschreiben: «Nach einem Saunabesuch, begann es einfach so aus mir herauszusprudeln.» Was als eine persönliche Weiterentwicklung seiner Arbeit begann, wurde im Laufe der Zeit zu einem Buchprojekt, das zweieinhalb Jahre dauerte. 

Zum Glück finden

Mit seinem Beziehungsratgeber will Cornel Rimle nicht um jeden Preis eine Trennung vermeiden. Ziel des Buches ist es, dass beide Partner zu ihrem Glück finden. Mit Übungen aus seinem Beratungsalltag, will er Paare in der Krise weiterbringen. Das Augenmerk legt er dabei auf den Ausstieg aus der Konfliktspirale. 

Mitmachen und gewinnen

Die BauernZeitung verlost drei Exemplare «Beziehungskrise meistern! Tennen oder bleiben?». Teilnahmeschluss ist der 15. November (Mitternacht). Hier geht's zum Teilnahmeformular.

Cornel Rimle, «Beziehungskrise meistern! Trennen oder bleiben?», Beobachter Edition, 224 Seiten, Fr. 39.- 

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Buchcover (Bild zVg/Beobachter Edition)

BauernZeitung: Cornel Rimle, sind landwirtschaftliche Paare mehr oder weniger krisenanfällig?

Cornel Rimle: Es gibt ein paar systemische Unterschiede, die Krisen begünstigen könnten: Wohnen und Arbeiten finden z. B. am gleichen Ort statt oder die Nähe zu den Schwiegereltern. Man sollte sie aber nicht überbewerten. Ich glaube, es hilft den Bäuerinnen und Bauern, wenn sie davon ausgehen, dass sie in dieser Hinsicht nicht anders sind: Menschen haben Bedürfnisse und sie sprechen zu wenig darüber.

Bevor ich eine Beziehungskrise meistern kann, muss ich erkennen, dass eine im Anmarsch ist. Was sind erste Anzeichen?

Ich würde sagen, es sind Dinge wie: sich nicht wohlfühlen, sich nicht gehört fühlen, sich nicht geliebt fühlen. Man hat ein Thema, das man zusammen besprechen sollte, aber nicht kann. Es ist also nicht eine Sache der Heftigkeit von Worten, sondern eher eine Empfindungssache.

Obwohl es kriselt, kann man es gut zusammen haben?

Auf jeden Fall. Eine Krise beginnt leise. Nach der Verliebtheit kommt ein Punkt, an dem man sich über kleine Dinge zu nerven beginnt. Hier stellt sich die Frage, was nun passiert. Wenn man ehrlich darüber spricht, ist es noch keine Krise. Vielmehr erkennt man: Wir sind unterschiedlich. Eine Krise beginnt dann, wenn man sich nicht mehr aufmerksam zuhört, um einander zu verstehen.

Meinungsverschiedenheiten sind also nicht gleich eine Krise?

Im Gegenteil. Ich unterscheide in diesem Zusammenhang gerne zwischen Konflikt und Streitgespräch. Leider ist bei uns das Wort Streit sehr negativ besetzt. Wir sollten viel öfter streiten. Leider setzen wir das häufig mit einem Konflikt gleich. Der Konflikt beginnt erst, wenn die Gespräche destruktiv werden. Wenn wir beispielsweise nicht mehr richtig zuhören, nur noch die eigene Ansicht verteidigen, abwertende Bemerkungen machen usw.

Ist eine Streitkultur nicht anstrengend?

Auf jeden Fall. Aber müssen wir nicht in alles, das wir aufbauen, investieren? Ich denke da die Entwicklung des Betriebs. Diese bedingt Arbeit, Zeit und Geld. Wieso sollten wir nicht auch in eine langjährige, glückliche Beziehung investieren? Wenn es gelingt, ist der Gewinn hoch.

Gibt es Lebensabschnitte, in denen Krisen häufiger vorkommen?

Ein solcher Lebensabschnitt ist sicher die Zeit, wo das Projekt Kinder zu Ende geht oder wenn man über den Sinn und Unsinn des Lebens nachzudenken beginnt. In solchen Situationen werden leider oft viele negative Gedanken auf den Partner projiziert. Altersmässig ist das so um die 40 bis 50, wenn man schon längere Zeit zusammen ist.

Können Frauen wirklich besser über Gefühle sprechen?

Es ist leider gesellschaftlich anerzogen, dass Frauen einen besseren Zugang zu ihrem Gefühlsleben hätten und deshalb auch besser darüber sprechen könnten. Das heisst aber nicht, dass Frau und Mann das einfach so akzeptieren müssen. Es lohnt sich, als Mann zusammen mit seiner Partnerin an einem Austausch auf Augenhöhe zu arbeiten. Und es lohnt sich für die Frauen, wenn sie den Männern zuhören, wenn sie über ihre Gefühle reden. Manchmal muss man etwas stehen lassen, ohne es gleich zu werten.

Kann man solche Verhaltensmuster ändern?

Ja man kann. Doch diese gesellschaftlichen Strukturen sind über Jahrzehnte gewachsen. Sie halten sich hartnäckig und Veränderung braucht Zeit. Ich denke, der Vaterschaftsurlaub ist etwas, das der Gesellschaft einen neuen Impuls geben kann.

Eine mögliche Krisenbewältigung ist das Time-out. Ist das nicht der Anfang vom Ende?

Eine Krise muss man sich wie eine Kampfhandlung vorstellen. Beide Partner verletzen einander immer wieder neu. Ein Time-out ist dafür da, dass sich die ganze Situation entspannen kann. Das geschieht individuell: Manchmal reichen getrennte Schlafzimmer, manchmal muss jemand für einige Monate ausziehen. Ich rate ab, aus Kostengründen zu den Eltern zu ziehen. Sinnvoll ist, begleitend eine Paarberatung zu machen, damit klar wird, was jeder Einzelne will. Wenn man die Kosten eines Time-outs denen einer möglichen Scheidung gegenüberstellt, darf es auch etwas kosten. 

Was ist mit dem Dorfklatsch?

Der Dorfklatsch ist für mich eine Ausrede. Wenn ein Paar Spannungen hat, weiss es das Dorf sowieso. Und sind wir doch einmal ehrlich, wer am meisten klatscht, hätte vielleicht selber ein Time-out nötig. Alle anderen können es nachvollziehen und denken: Die machen wenigstens etwas. 

Wenn Sie nur einen Ratschlag geben könnten, welchen würden Sie Paaren mitgeben?

Mein zentraler Ratschlag wäre: Wenn man merkt, dass etwas schwierig ist und man darunter leidet, sollte man darüber reden. Und wenn dies nicht gelingt, sollte man Hilfe in Anspruch nehmen. 

Wann ist es wirklich Zeit zu gehen?

Der erste Schritt ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit mir ­selber. Vielleicht merke ich dabei, dass ich mich in der Beziehung immer anpasse oder mein Gegenüber mir nicht zuhört, wenn ich meine Bedürfnisse äussere. Das ist dann keine gleichberechtigte Beziehung auf Augenhöhe. Und wenn keine Bereitschaft besteht, das zu ändern – dann ist es Zeit zu gehen.

 

Zur Person

Cornel Rimle ist Mediator, Coach und Paarberater mit eigener Praxis in St. Gallen. Der gelernte Landwirt berät Bauernfamilien auch im Zusammenhang mit Generationenkonflikten, und er ist Teil der Beratungsplattform «Hilfe und Unterstützung» des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands.