«Linsen brauchen viel Nerven», konstatiert Simon Hauert. Er bezieht sich nicht aufs Kochen, denn seine grün-melierten Anicia müssen nicht wie andere Körnerleguminosen vorher eingelegt werden. Nach zwei guten Jahren verzeichnete der Berner 2021 eine sehr kleine Ernte und auch heuer sieht sein Feld in Niederösch BE nicht besonders gut aus. Trotzdem spürt man Hauerts Freude an der Kultur, wenn er beschreibt, wie unter besseren Bedingungen ein weicher grüner Teppich aus zarten Pflänzchen wächst.

[IMG 2]

Bewusst für Reinsaat entschieden

Körnerleguminosen auf dem AckerSteckbrief zu Linsen: Eckpunkte zu Ansprüchen und AnbauDonnerstag, 21. Juli 2022 Zu den Linsen kam Simon Hauert eher zufällig: «Ich war auf der Suche nach einer neuen Kultur für meine Fruchtfolge und wollte etwas, das nicht jeder hat», erklärt er. Ein Kollege habe ihn auf Linsen hingewiesen, worauf sich der Berner ans Recherchieren machte – denn zu dieser eher unbekannten Kultur musste er sich die nötigen Informationen zusammensuchen. Die ersten beiden Jahre säte er einige Dutzend Aren, die Ernte wurde über den hofeigenen «Saisomat» und andere Hof- sowie kleine Läden in der Region vermarktet. «Ich bin wahrscheinlich der einzige Nicht-Biobauer, der Linsen anbaut», meint Hauert. Damit kommt seine Ernte zwar nicht in reine Bioläden, der Landwirt hat aber mehr Spielraum beim Anbau. So habe er sich bewusst entschieden, eine Reinsaat zu machen. «Bei Bio ist man mehr auf eine Misch- bzw. Stützkultur angewiesen, um das Unkraut zu unterdrücken.»

Mühe mit Klettenlabkraut

Dieses Jahr hat Simon Hauert Mitte März drei Hektaren Linsen in eine abgefrorene Gründüngung gesät. «Damit die Gründüngung trotz der schwachen Fröste eingeht, habe ich sie frostgewalzt», schildert er. Das Unkraut hielt er mit einem Vorauflaufherbizid in Schach, was für reines Erntegut wichtig ist. «Auf diese Weise muss ich nicht mit einem Striegel durch, wenn die Pflanzen noch sehr schwach sind, spare Treibstoff und Überfahrten», so seine Begründung. Schnecken seien ein Thema gewesen, wohl wegen der Überreste der Gründüngung. Zwar liefen die Linsen gut auf, allerdings erwies sich der Ölrettich aus der Gründüngung als sehr zäh und wuchs durch. «Ich weiss noch nicht, ob das bei der Ernte ein Problem wird», meint Hauert. Schwierigkeiten bereitete ihm bisher vor allem Klettenlabkraut, da dessen Samen kaum von reifen Linsen zu unterscheiden und daher schwer auszusortieren sind. Sein diesjähriger Versuch mit Kichererbsen als Stützkultur auf einer kleinen Fläche verlief bisher wenig erfolgreich: Wahrscheinlich werden die Kichererbsen nicht rechtzeitig ausreifen und es bräuchte eine höhere Saatdichte für eine bessere Stützfunktion.

[IMG 3]

[IMG 6]

Die Ernte ist heikel

Der Starkregen Anfang Juli hat die Linsen niedergedrückt. Im unteren Teil sind die Pflanzen braun und trocken, die Körner reif. Anders sieht es weiter oben aus, wo Hülsen und Blätter noch lebendig grün schimmern. «Der Erntezeitpunkt ist sehr schwierig festzulegen», bemerkt Simon Hauert.  Mit Krankheiten oder Schädlingen habe er bei den Linsen bisher kaum zu kämpfen gehabt, die Ernte aber sei eine Herausforderung: Sind die Hülsen zu trocken, gibt es viel Bruch und damit Verluste. Heuer hat der Regen bereits einige Linsen aus ihren Hülsen geschlagen, die nun ebenfalls verloren sind.

Da die zarten Pflanzen anders als z. B. Getreide mehr liegen als stehen, muss der Mähdrescher tief ansetzen. Ein Bekannter von Simon Hauert übernimmt die Ernte mit einer alten Maschine. «Wichtig ist, dass das Saatbett ganz eben und flach ist», meint der Landwirt. Sonst steige die Gefahr für Verunreinigungen. Eine Charge Linsen habe er schon wegen Sand darin entsorgen müssen.

[IMG 4]

[IMG 5]

Gereinigt und getrocknet wird auswärts

«In der Literatur liest man von Erträgen zwischen 300-2000 kg/ha. Die Spannbreite ist also sehr gross», erzählt Simon Hauert. «Bei mir sind es in guten Jahren 1200-1300 kg/ha». 2021 reichte es noch für etwa 100 kg/ha. Das Erntegut lässt der IP-Landwirt von einer Mühle mit Farbsortierer reinigen und bei der UFA trocknen. Das Abpacken übernehmen Hauerts selbst und haben dafür eine Maschine angeschafft. Trotzdem sei der Aufwand nicht zu unterschätzen, insbesondere, da sie die Vermarktung selbst organisieren: «Wir können nicht alles im eigenen Hofladen absetzen, daher sind wir auf Wiederverkäufer angewiesen.» Immerhin haben die IP-Linsen aus Niederösch bereits eine gewisse Bekanntheit erlangt und Läden in der Region oder Berufskollegen nahmen direkt Kontakt auf.

«Linsen sind enorm heikel und vertragen wenig», fasst Simon Hauert zusammen. Insbesondere seien sie konkurrenzschwach gegenüber Unkraut. Nach der Ernte sät er eine Gründüngung, die den Boden zusammen mit dem von der Leguminose fixierten Stickstoff auf die nächste Kultur vorbereitet. So passen die Linsen gut in Hauerts 8-jährige Fruchtfolge mit Kartoffeln, Weizen, Mais, Eiweisserbsen und Zuckerrüben. Die Rüben kommen im Rahmen eines Flächenabtauschs mit einem Nachbaren auf die Parzellen des Berners. «Nur so konnten wir uns mit 8-10 Hektaren auf Kartoffeln als wichtigste Kultur spezialisieren», erklärt Simon Hauert.  

[IMG 7]

[IMG 8]

Betriebsspiegel
LN: 26 ha
Kulturen: Kartoffeln, Futterweizen, Eiweisserbsen, Mais, Linsen
Tierbestand: Mastremonten (75 Plätze), Schweinemast (600 Plätze, in Betriebszweiggemeinschaft)
Vermarktung: Direkt via «Saisomat» (Automat mit saisonalem Sortiment aus der Region), Linsen als Körner oder Teigwaren auch in regionalen (Hof)läden
Weitere Betriebszweige: Kartoffellager

Bio-Linsen im Detailhandel meist importiert

Trotz voraussichtlich zweier schlechter Jahre wird Simon Hauert bei den Linsen bleiben. Er hat sich einen guten Absatz aufgebaut. Viel sei aber noch ein Ausprobieren, da es generell wenig Erfahrung mit der Kultur in der Schweiz gebe. Der Landwirt würde sich für die Zukunft einige technische Verbesserungen wünschen, sowohl bei der Ernte als auch der Reinigung. «Ausserdem würde ich mir bessere Absatzchancen im Schweizer Detailhandel wünschen, auch ohne Bio-Zertifizierung», meint der Berner. «Viele Bio-Linsen in den Regalen hierzulande stammen aus Kanada, der Türkei oder Österreich. Da frage ich mich, was ökologischer ist».

Die Linsen aus dem Vorjahr sind nächstens ausverkauft. «Dann gibt es nichts mehr, bis zur nächsten Ernte», stellt Simon Hauert fest. Das ist das Konzept seines Saisonmats. Wie viel Linsen heuer ins Angebot kommen, muss sich noch zeigen.

 

Die Ernte 2022 war besser als erwartet. Wer Interesse hat, die Linsen von Simon Hauert ins Sortiment aufzunehmen, darf sich gerne bei ihm melden: https://www.hauerts.ch/kontakt/