Es ist eine beschlossene Sache: Die Autobahn A1 wird auf einer Länge von knapp 22 Kilometern von Luterbach bis Härkingen auf sechs Spuren ausgebaut: 124 Eigen­tümer sollen 377 Parzellen abtreten, dafür erhalten sie gleichwertiges Land von Bund und Kanton im gleichen Gebiet. Nun ist im Gäu eine Landumlegung vorgesehen. Dafür muss zuerst aber eine Flurgenossenschaft gegründet werden. Am 12. September lädt das Amt für Landwirt­schaft des Kantons Solo­thurn zur Gründungsversammlung ein.

Liegt direkt an der Autobahn

Zwischen Luterbach und Härkingen Erfolgreiche Beschwerde gegen Autobahn-Ausbau betrifft nur Formsache Donnerstag, 27. Juli 2023 Die Landumlegung biete die Chance, geplante Infrastrukturvorhaben mit der Landwirtschaft in fünf Gäuer Gemeinden besser abzustimmen, so das Amt für Landwirtschaft des Kantons Solothurn. Einer der Landwirte, der beim Projekt Land abtreten muss, ist Peter Studer aus Niederbuchsiten. Seine Parzelle von vier Hektaren liegt direkt entlang der Autobahn. «Kommen die sechs Spuren, verliere ich hier 15 Aren bestes Ackerland», sagt der Landwirt besorgt.

Studer fordert zu Recht Realersatz, mindestens in gleicher Höhe, denn seinen Betrieb von 20 Hektaren möchte er nicht weiter schmälern, sondern er möchte die Betriebsgrös­se halten, halten für seinen Sohn, der Landwirt lernen will.

«Was nützt mir das Geld, wenn kein Land mehr zum Bauern da ist.»

Peter Studer verliert durch den Autobahnausbau 15 Aren Ackerland.

Bund und Kanton besitzen viel Land im Gäu, Land, das als Realersatz in Frage kommen könnte. Nur, dieses Land haben andere Bauern gepachtet, Bund und Kanton müssten es ihnen kündigen. Man darf also gespannt sein, ob es am 12. September zu der Gründung einer Flurgenossenschaft kommen wird oder nicht.

Wurde offen kommuniziert

Abo Verbauung Und wieder trifft es das Ackerland im Gäu Samstag, 29. April 2023 Fakt ist, die Autobahn kommt so oder so. Aber eins steht fest: Nach dem Ausbau der Autobahn sollten die verbleibenden Landwirtschaftsbetriebe nicht über weniger Fläche verfügen, sondern sie müssten durch die Beschaffung von Land gestärkt werden. 

Aber nicht nur für den Ausbau der A1 braucht es fruchtbaren Boden, auch für das Hochwasserschutzprojekt der Dünnern, welches über den Kanton Solothurn läuft, braucht es Land. Auch bei diesem Projekt verliert Peter Studer 55 Aren Ackerfläche. «Der Kanton wie auch das Bundesamt für Strassen (Astra) haben mit uns Grundeigentümern offen kommuniziert», so der Landwirt. Im April organisierten die Behörden eine Infoveranstaltung. Da wurde den Bauern und den Landbesitzern versprochen, dass für sie durch die Landumlegung keine Kosten entstehen würden.

Weit weg von den Betrieben

«Wenn schon der Bund und der Kanton für diese «kleine Güterzusammenlegung» die Kosten tragen wollen, wäre es schön, wenn man nicht zu einer Flurgenossenschaft Nein sagen würde», hofft  Peter Studer. Mit dieser Landumlegung sollen einzelne Ackerflächen zwischen den Bewirtschaftern abgetauscht werden. «Es macht keinen Sinn, wenn wir Bauern weit weg von unseren Betrieben irgendwo Realersatz erhalten», ist Studer überzeugt. Deshalb sei eine solche Landumlegung, berechtigterweise auf Kosten der Auslöser dieser Projekte, eine ideale Lösung für die Betroffenen.

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Auch der Solothurner Bauernverband pocht bei diesem Projekt auf einen minimalen Kulturlandverbrauch und flankierende Massnahmen zugunsten der geschädigten Landbesitzer. Darum macht sich der Verband auch seit Jahren für eine Landumlegung in einem begrenzten Perimeter stark. Deren Geschäftsführer Edgar Kupper meint deshalb: «Die legitimen Forderungen nach Realersatz für die beim Autobahnausbau verloren gehende Fläche kann nur mit einer Güterregulierung erreicht werden.»

Wird die Flurgenossenschaft gegründet, bietet die Landumlegung der Grundeigentümerschaft die Möglichkeit für Realersatz. «Letztlich kommt die Landumlegung wegen des sanierten Flurwegnetzes im Einzugsgebiet allen zugute – den Landwirtinnen und Landwirten, den Gemeinden wie auch der Bevölkerung», ist Peter Studer überzeugt.

Hoffen auf die Solidarität

Auch Christoph Haefely, Präsident des Bezirksvereins Gäu, hofft auf die Solidarität unter den Landwirten. «Ich verstehe beide Lager, die Landwirte, die auf Real­ersatz pochen, und die Landwirte, welche ihr gepachtetes Land des Kantons für Realersatz verlieren.»

«Mir ist es wichtig, dass die Landumlegung keine unnötigen Misstöne untereinander hervorbringt.»

Christoph Hae­fely hofft auf einen erfolgreichen Ausgang der Gründungsversammlung.

Er ist der Überzeugung, dass die Gründung einer Flur­genossenschaft der richtige Weg sei, um den betroffenen Land­besitzern gerecht zu werden. Denn wenn Bund und Kanton bei der Finanzierung und mittels Real­ersatz schon Hand bieten, sollte man dies auch nutzen», sagt er. Denn es könne gut sein, dass bei einem Nein zur Flur­genossenschaft kein für die Landwirt(innen) wichtiger Real­ersatz mehr geboten würde. Die für das Projekt benötigte Fläche könnte sogar zu einem fixierten Preis den Besitzern abgeworben oder enteignet werden.

Bieten kaum mehr Hand

Die Gründung der Flurgenossenschaft ist aber nur beschlossen, wenn mindestens ein Drittel der beteiligten Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer, denen mehr als die Hälfte des einbezogenen Bodens gehört, zustimmen wird, sonst ist das Projekt gestorben. Für Peter Studer ist die Sache aber noch nicht gewonnen: Er kann sich gut vorstellen, dass nicht alle bei der Gründungsversammlung der Flurgenossenschaft mit Ja abstimmen werden. «Verständlicherweise geben die Landwirte das Land, welches vom Kanton und Bund für den Realersatz vorgesehen ist, nicht gerne her», ist er überzeugt. Hingegen wussten diese Landwirte, dass dieses gepachtete Land jederzeit für Real­ersatz infrage kommen könnte.

«Wenn die Flurgenossenschaft nicht zustande kommt, weiss ich nicht, wie es weitergeht», hält er fest. Studer hofft deshalb auf die Solidarität unter den Landbesitzern, insbesondere zugunsten der von dem Autobahn- und Dünnernprojekt betroffenen Landwirte. Fest steht nur, dass das Astra und der Kanton bei Ablehnung der gut vorbereiteten und durchdachten Landumlegung dann kaum mehr Hand bieten werden, um die negativen Auswirkungen der Projekte Auto­bahn und Dünnern auf die Landwirtschaft möglichst gut auszugleichen.