Heute heissen in der Holsteinzucht, die modernen Stierenväter Mogul, Doorman, Flame, Balisto, Silver, Jousper oder Rubicon. All diese Stiere mit ihren Söhnen und Töchtern bilden die nächste Generation der Holsteinrasse. Nicht nur heute, auch früher setzte man alles daran der Holsteinzucht neue Impulse zu geben um die Rasse vorwärtsbringen zu können. Früher war das Ziel, vor allem die Milchleistung zu steigern, heute wird mehr Gewicht auf die Fitnesswerte gelegt.

Wis Burke Ideal

Um die Rasse vorwärtszubringen, schwört man früher auf Inzucht und paarte oft die Schwester mit dem Bruder an. Aus einer solchen Anpaarung ist auch der legendäre Holsteinstier Wis Burke Ideal im Jahr 1947 entstanden. Hätte es ihn nicht gegeben, wäre die Holsteinrasse heute um einige Legenden ärmer. So gehören Paclamar Astronaut und Rora Elevation zum Fundament der modernen Zucht. Beide Stiere nahmen auf ganz unterschiedliche Weise Einfluss auf die Zuchtrichtung. Und trotzdem haben diese beiden Legenden etwas wichtiges gemeinsam: Wis Burke Ideal. Dieser überlegene Holsteinstier aus Wisconsin (USA) ist sowohl der Grossvater als auch der Urgrossvater von Elevation und der Urgrossvater von Astronaut. Deshalb gehört Wis Burke Ideal bis heute zu den ­Patriarchen der Holsteinrasse.

Da kam Ivanhoe

Ein Stier, der die Zuchtqualitäten von Wis Burke Ideal noch toppen konnte, hiess Osborndale Ivanhoe. Denn: Round Oak Rag Apple Elevation, Carlin-M Ivanhoe Bell, To-Mar Blackstar, Puget Sound Sheik - vier Stiere, die mit ihren Töchtern und Söhnen die Holsteinrasse immens geprägt haben. Es gibt auf der Erde wohl kaum Holsteins, in deren Andern kein Blut dieser Stiere fliesst. Das Besondere ist, dass dieses Quartett einen gemeinsamen Nenner hat: Osborndale Ivanhoe. Er kommt in der Abstammung bei jedem dieser vier Stiere vor. Ohne Ivanhoe würde die moderne Holsteinkuh heute anders aussehen. Besonders dominant war Ivanhoe in den sechziger Jahren. Man fragte sich: «Was kommt nach ihm?» Und da kam Pawnee Farm Arlinda Chief ins Gespräch. Sowohl Chiefs Vater Admiral als auch Chiefs Mutter Beauty stammte aus der Pawnee Farm. Ausserdem hatten beide Elterntiere denselben Grossvater, nämlich Tabur Sovereign Man-O-War. Hätte es Arlinda Chief nicht gegeben, gäbe es heute auch keinen Mogul, Silver oder Montross.

Von jedem Paar ein Gen

Vor der Einführung der künstlichen Besamung sind viele Hochzüchter so vorgegangen, dass sie die aussergewöhnlichste Kuh gesucht haben, die sie finden konnten, um mit ihr dann intensive Linienzucht zu betreiben. Gene findet man immer in Paaren an Chromosomen, wobei jedes der beiden Gene jeweils von einem Elternteil stammt. Das Tier vererbt dann ein Gen von jedem Paar an jeden Nachkommen, aber welches Gen vererbt wird, hängt vor allem vom Zufall ab. Sind die Elternteile nahe miteinander verwandt, erhöht das die Chancen beträchtlich, dass sich an einem bestimmten Gen-Ort identische Gene befinden, womit gewährleistet ist, dass sich das Tier jedes Mal auf dieselbe Weise vererbt. Die unerwünschte Begleiterscheinung bei einer derartigen «Verstärkung» der Gene ist der Verlust der genetischen Variation.

Nur das Beste

Paart man Tiere mit einer grossen genetischen Variation miteinander an und hat das Glück, dass man nur das Beste aus beiden Tieren bekommt, kann daraus ein Nachkomme resultieren, der seinen Abstammungs-Index bei Weitem übertrifft. Es sind normalerweise Tiere, die den Zuchtfortschritt vorantreiben. Eine Kuh, bei welcher dies zutraf, war Glenvue Netti Jemima, die Spitzenkuh aus Ontario (CA). Netti ist unter anderem die Mutter von ABS Nancy Sovereign, welche die Ururgrossmutter von Pawnee Farm Arlinda Chief war. Netti hatte auch mit Rosafe Citation einen Sohn, welche den Rotfaktor in sich trug und so der Red Holsteinzucht die Stiere Branderlea Citation Topper oder Citation R Maple brachte.

Übrigens spielte sich Netties Karriere hauptsächlich auf dem bekannten Rosafe-Betrieb des Argentiniers Hector Astengo ab: Sie stand dort von 1945 bis 1958. Ihre Bestleistung lautete damals schon 10 915 kg Milch in 323 Tagen und bei dreimaligem Melken pro Tag.

Comestar Laurie Sheik

Eine weitere Kuh, die der Holsteinrasse mächtig Aufschwung gab, war Comestar Laurie Sheik. Die Geschichte des Laurie-Stammes fing 1985 mit dem Kauf von Elysa Anthony Lea, einer schönen und sehr produktiven Tochter von Willowholme Mark Anthony an. Lea war eine gute Spülkuh und lieferte verschiedene Nachkommen. Unter ihnen waren Comestar Lass Valiant, die Mutter von Maloya Aerostar Leo und eben Comestar Laurie Sheik. Vor allem diese 1986 geborene Sheik-Tochter sollte in dem Zuchtstall von Marc Comtois enormen Einfluss gewinnen. Laurie machte eine Bestleistung von 12 046 kg mit 4,4 % Fett und 3,3 % Eiweiss und wurde regelmässig gespült. Am bekanntesten ist wahrscheinlich ihre Anpaarung mit Blackstar, aus der die Stiere Comestar Leader und Comestar Lanky (Zuchtstier in Spanien) sowie einige Töchter hervorgingen. Te Black Laure De Bois Seigneur machte in Belgien Furore und Lausan Black und Laura Black waren bei Comestar Holsteins erfolgreich. Laura Black wurde zum Beispiel die Mutter des Extranco Thor-Sohnes Comestar Top Gun und die Mutter vom Stier Comestar Lee, welcher auch in der Schweiz mit seinen guten Töchtern auftrumpfen konnte.

Helix und Dellia

Reisen wir in die Gegenwart: Schaut man die TPI-Rangliste in Amerika an, führt diese momentan der Silver-Sohn AOT Helix mit 2869 TPI an. Seine extreme Milchleistung von +2395 kg kommt Vater Silver wie auch von seinem Muttersvater Supersire. Verfolgt man seine Mutterlinie, trifft man auf eine weitere Ikone der Holsteinzucht: Snow-N Denises Chief Mark Dellia. Dellia ist unter anderem die Mutter der berühmten Stiere wie Durham, Dante oder Dundee. Es zeigt sich einmal mehr: Erfolgreiche Stammkühe geben der Holsteinzucht immer wieder neue Impulse. Früher war es Netti Jemima, Comestar Laurie Sheik oder Swon-N Denises Dellia. Und wer wird wohl die nächste sein?